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Esse fällt für Seniorensiedlung

An der Dresdner Straße entsteht altersgerechter Wohnraum für rund 100 Menschen. Besser als beim US-amerikanischen Vorbild, sagt die Volkssolidarität.

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© Arvid Müller

Von Ines Scholze-Luft

Weinböhla. Der alte Gärtnerei-Schornstein hat schon an Höhe eingebüßt. Einst 21 Meter hoch, fehlen ihm nach den Abrissarbeiten der letzten Tage bereits acht. Doch an diesem Mittwochvormittag verschwindet er ganz. Noch ehe sich die Zuschauer so richtig einig sind, ob die Ziegel einzeln abgetragen werden oder in einer größeren Schicht, hat der lange Baggerarm den oberen Essenteil angestoßen. Kurzes Wackeln. Dann fällt er mit Staubwolke in die Tiefe, Teil zwei folgt kurz darauf. Übrig bleibt ein Stumpf. Kurzzeitig. Das Gelände wird in den nächsten Tagen weiter beräumt.

Die Zukunft. So könnte sie aussehen, die neue Seniorensiedlung (rechte Bildseite) auf der Dresdner Straße in Weinböhla.
Die Zukunft. So könnte sie aussehen, die neue Seniorensiedlung (rechte Bildseite) auf der Dresdner Straße in Weinböhla. © aT2 architektur-tragwerk

Denn das rund 14 000 Quadratmeter große Gebiet auf der Dresdner Straße zwischen der Ortsgrenze zu Coswig und dem Nettomarkt soll sich in den nächsten zwei Jahren total verwandeln. Hier entsteht die erste Seniorenwohnsiedlung Ostdeutschlands, sagt Frank Stritzke, Geschäftsführer der Volkssolidarität Elbtalkreis-Meißen e.V.

Deren Tochter – die Sozialprojekt Volkssolidarität Elbtalkreis Gemeinnützige Betriebsträgergesellschaft mbH (SOVO gGmbH) – wird die Ü55-Anlage betreiben. Die Volkssolidarität als größter Betreiber von Seniorenwohnanlagen in Ostdeutschland setzt nun noch eins drauf. Denn der Bedarf ist da. Nicht nur an altersgerechten Wohnungen, sondern auch an kleinen Häusern, mit Gärtchen oder Wiese, gern als Eigentum, macht Frank Stritzke klar.

Und weil es so was in Amerika schon gibt, hat er sich das in Sun City mal angeschaut. Das machen wir besser, so sein Fazit. Etwas Neues, Zukunftsorientiertes soll in Weinböhla entstehen. Mit zehn bis 18 altersgerechten Wohnbungalows, dazu drei Mehrfamilienhäuser mit 30 bis 40 Wohnungen, barrierefrei, samt Begegnungsstätte und Tiefgarage.

Das Vorhaben ist Frank Stritzke zufolge einmalig in Ostdeutschland. Als erste Seniorenwohnsiedlung mit mehr als fünf Häusern. Vier Jahre Vorbereitungszeit liegen hinter den Initiatoren. 300 Zauneidechsen und viele Schlangen mussten umgesiedelt werden. Die Tiere sollen sich auf dem neuen Grundstück wohlfühlen, wollen nicht wieder zurück, sagt Frank Stritzke mit einem Schmunzeln. Und wird dann wieder ernst: Jetzt läuft die Vorplanung, geht es unter anderem darum, die Grundrisse zu verfeinern. Zahlreiche Anfragen von Interessenten liegen schon vor. Mehr fürs Kaufen als fürs Mieten.

2020 soll Einzug sein. Geschäftsführer Stritzke ist zuversichtlich, dass hier ein Schmuckstück in der Gemeinde entsteht. Auch wegen der bisherigen guten Zusammenarbeit aller Beteiligten. Was ihn noch eine gute Nachricht verkünden lässt, Richtung Konzept für Alt und Jung. Eine Fläche sei noch reserviert, für weitere Kinderbetreuung – zwei Kitas betreibt die Volkssolidarität bereits in der Gemeinde. Ein generationsübergreifender Plan, wichtig für die Zukunft, sagt der VS-Chef.

Zuversichtlich ist auch Volker Walter von der Freiberger Firma Landschaftsgestaltung Straßen-, Tief und Wasserbau GmbH (LSTW). Sie ist Eigentümer der Fläche der alten Gärtnerei und fürs Erschließen zuständig. Sie rechnet mit einer Gesamtinvestition von zwölf Millionen Euro.

Noch wird beräumt: Die Fundamente der Gewächshäuser und anderer Gebäude – das Material wird vor Ort gebrochen und wiederverwendet. Der Beschnitt, Bäume und Sträucher. Dazu jede Menge Müll und Schrott, Bilanz der Jahre des Leerstands. Wie viele Container sich da wohl füllen lassen?, fragt Volker Walter. Zwei Wochen wird das dauern, schätzt er. Parallel laufen Erschließungs- und Tiefbauplanung. Das zuständige Ingenieurbüro Mocon muss mit jedem einzelnen Medienträger sprechen. Eins ist jetzt schon klar: Weil nicht alles Oberflächenwasser in den Kanal passt, wird auf dem Areal sogar ein Teich gebaut.

Nicht zuletzt ist fürs Sicherheitskonzept der Siedlung noch manches Detail zu klären. Die Volkssolidarität will nämlich etwas Grundsätzliches ändern. Konzepte für offene Wohnanlagen wird es nicht mehr geben, sagt Frank Stritzke. Vor allem wegen der Probleme mit Leuten, die einfach so durchmarschieren durch die Anlagen, beispielsweise Bettler. Auch bei bestehenden Einrichtungen soll sich da was ändern. Für die neue Seniorensiedlung in Weinböhla ist schon mal eine Barriere vorgesehen. Ob Zaun oder Hecke, bleibt noch zu entschieden. Die Anlage wird bestreift, nachts ganz besonders. Über den Einsatz entsprechender Technik soll vor der Installation mit den Bewohnern besprochen werden. Frank Stritzke: Auf jeden Fall wird Sicherheit großgeschrieben.