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„Es muss nicht immer Rentnerbeige sein“

Jürgen Stiller ist mit seinem blauen Haus berühmt geworden. Doch jetzt ist alles falsch.

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Von Thomas Drendel

Das blaue Haus an de Kirchstraße in Langebrück schlägt Wellen. Weit über den Ort hinaus wird darüber diskutiert, ob die blaue Farbe ins Ortsbild passt und ob das Verbot noch zeitgemäß ist. Sogar ein Ossi-Wessi-Konflikt machen einige aus. Auf der Facebook-Seite von szonline haben sich bisher 130 User auf die Frage zu Wort gemeldet: „Kleingeist oder berechtigte Kritik: Wie seht ihr das?“ Nicht jeder ist mit dem Farbtupfer in Langebrück einverstanden. Für Carsten Junghanns ist das ein eindeutiger Fall: „Die Gestaltungssatzung für Dresden-Langebrück verbietet grelle Farben wie rot, grün, blau, gelb und grelles weiß. Ultramarin ist keine gebrochene Farbe und somit grell. Für diese Fassadengestaltung ist eine Ausnahmegenehmigung notwendig. Wurde diese nicht erteilt, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, schreibt er auf Facebook. Ähnlich sieht das Sascha Klein: „Wenn die Gestaltungssatzung die Farbe erlaubt, ist alles gut. Wenn nicht, dann hat der Hausbesitzer einen Fehler gemacht. Wenn er Maler ist und im Ort tätig ist, müsste er von der Satzung wissen. Hen Ter fragt: „Mal was Anderes? Das ist ein grauenhaftes Haus grauenhaft angestrichen. Engstirnige Bebauungsordnung hin oder her – das macht die Ästhetik auf keinen Fall verträglicher.“

Schön oder hässlich: Über das blaue Haus an der Kirchstraße in Langebrück wird im Internet kontrovers diskutiert. Die Meinungen reichen von „schöner Farbtupfer“ bis zu „grässlich“. Foto: Willem Darrelmann
Schön oder hässlich: Über das blaue Haus an der Kirchstraße in Langebrück wird im Internet kontrovers diskutiert. Die Meinungen reichen von „schöner Farbtupfer“ bis zu „grässlich“. Foto: Willem Darrelmann

Es gibt aber auch die Befürworter der Farbe. So schreibt Sven Großmann aus Radeberg: „Aus für das blaue Haus? Das wäre extrem schade. Mir gefällt es außerordentlich gut, und es ist eine Bereicherung für den Ort“, heißt es in einer E-Mail an die SZ. „Schauen Sie doch mal genau hin, welche Farbigkeit in der Frauenkirche verwendet wurde. Oder die vielen Fresken in den alten Gebäuden. Oder sollten wir das Blaue Wunder in Dresden auch umstreichen? Da stört mich manches schrille grelle Auto oder manche Werbewand am Supermarkt oder Baumarkt mehr“, schreibt der SZ-Leser. Das Ordnungsamt sollte sich mit wichtigeren Dingen beschäftigen, sagt Sven Großmann. Da ist das Amt aber anderer Meinung. Die Behörde beschäftigt sich sehr wohl mit dem Fall. Denn Mitarbeiter haben sich inzwischen ein Bild in Langebrück gemacht. Sie sind der Ansicht, dass die Farbe gegen die Ortssatzung verstößt. „Ich soll mein Haus jetzt neu streichen“, sagt Hauseigentümer Jürgen Stiller. Das steht in einem Schreiben des Ordnungsamtes.

So leicht gibt der Langebrücker aber nicht klein bei. Er hat die Sache seinem Anwalt übergeben. Der ehemalige Malermeister sieht sich im Recht. „Die Ortssatzung schreibt vor, dass man keine bunten und grellen Farben für den Anstrich von Wohnhäusern verwenden darf. Dieses Blau ist keine grelle Farbe“, sagt er. In diesem Farbton Ultramarin werden nach seiner Aussage seit Jahrhunderten Häuser gestrichen. Die Beschwerden waren im Langebrücker Verwaltungsbüro vorgebracht worden. Die Ortschaft hat sie an das zuständige Amt in Dresden weitergegeben.

Im Rathaus allerdings herrscht zu diesem Thema Funkstille. „Im Fall des blauen Hauses in Langebrück befinden wir uns in einem laufenden Verfahren und können uns nicht dazu äußern“, sagt Stadtsprecher Karl Schuricht. Er verweist auf die Vorschriften. Die Gestaltungs- und die Erhaltungssatzung dienen dazu, den Charakter Langebrücks zu erhalten. Dementsprechend sind bauliche Veränderungen so umzusetzen, dass sie sich in das Orts-, Straßen- und Landschaftsbild einfügen, ohne dass die gestalterische Eigenart verloren geht. „Bauliche Veränderungen sind nach den Vorschriften für Langebrück genehmigungspflichtig“, teilt Karl Schuricht mit. Andere Kommunen im Rödertal sind da ähnlich rigoros.