Merken

„Es ist wie eine Droge“

Die Sucht begann mit dem Sachsenlauf. Seit 1990 organisiert der Weinböhlaer Jürgen Winter Laufveranstaltungen selbst.

Teilen
Folgen
© Arvid Müller

Von Uta Büttner

Weinböhla/Niederau. Laufen – das ist sein Leben. Vor Jahrzehnten nur als Helfer bei Veranstaltungen, inzwischen schon längst als Organisator und als Aktiver. Jürgen Winter ist der Kopf des Oberauer Stundenlaufs und der einzige Läufer, der an allen Coswiger Sachsenläufen teilnahm. „Laufen ist wie eine Droge“, sagt der 69-jährige Rentner aus Weinböhla, der in diesem Jahr 70 Jahre alt wird.

Seine Sucht begann mit dem Sachsenlauf. Seit dem ersten, 1980, ist er dabei. Ein Jahr zuvor hatte er ernsthaft mit diesem Sport begonnen. Jeden Tag drei Kilometer mussten es sein. Seither schreibt der einstige Sport- und Mathematiklehrer alle gelaufenen Kilometer auf: Im vorigen Jahr hat er mit 44 000 einmal die Erde umrundet „Mir hatte der Sachsenlauf so gefallen, dass ich mit Kollegen weiter richtig trainiert habe“, erzählt er rückblickend. Und so kam er auch beim zweiten Sachsenlauf ins Ziel, als bei 30 Grad Hitze viele 11-Kilometer-Läufer umkippten. Selbst vor neun Jahren, als er vier Wochen vorher eine Knie-OP hatte, ließ er sich den Start nicht nehmen: „Ich musste mitmachen. Mein Laufleben hatte dort begonnen. Ich bin aber nur die fünf Kilometer gelaufen und auch ganz langsam.“

Ursprünglich kommt der Weinböhlaer aus einer Kunstradsportfamilie. Noch heute ist er Mitglied im Radfahrerverein Weinböhla. Aktiv jedoch schon lange nicht mehr. Wenn einmal Not am Mann ist, hilft er aber auch dort mit aus. Doch sein Herz und fast seine gesamte Zeit steckt er in das Laufen – als Ehrenamtler und Sportler.

Das erste Mal in Berührung kam er mit dieser Sportart in den 70er-Jahren. Die Lehrer an der damaligen Polytechnischen Oberschule (POS) in Weinböhla organisierten DDR-Meisterschaften bis 1983 im Laufen und Gehen. Das war der Höhepunkt des Jahres in der Gemeinde. „Wir waren damals den ganzen Tag beschäftigt. Und ich war auch für die Beschaffung der Souvenirs zuständig. Mehr als 40 Pädagogen waren bei der Ausrichtung des Großereignisses eingespannt.

Mit der Organisation des Stundenlaufs begann Jürgen Winter 1990, als der Stundenlauf in Coswig wegfiel. Bei diesem Wettkampf wird je nach Altersklasse und Geschlecht eine Viertelstunde, eine halbe oder ganze Stunde gelaufen. Wer in dieser Zeit die längste Strecke zurückgelegt hat, gewinnt. Auch keine leichte Aufgabe für die Organisatoren, denn die Runden müssen von den Athleten selbst richtig gezählt werden. „Und die verzählen sich auch – gar nicht mit Absicht“, sagt Jürgen Winter. Also müssen sich die Verantwortlichen immer wieder etwas einfallen lassen, um es den Sportlern so leicht wie möglich zu machen.

Anfangs verlief die Laufstrecke um die Lobetanzwiese, ab 1993 fanden die Läufe auf dem Sportplatz der Oberschule Weinböhla statt. Waren im ersten Jahr nur etwa 40 Teilnehmer dabei, steigerte sich die Zahl bis auf knapp 200. Neben dem Frühjahrslauf gab es ab 1991 im Herbst auch einen Bezirksranglistenlauf, den Jürgen Winter allerdings 2007 mit seiner Pension im darauffolgenden Jahr letztmalig ausrichtete.

2005 wechselte dann der Stundenlauf von der Oberschule Weinböhla zum Waldbad Oberau, wo eine Drei-Kilometer-Runde durch den Wald und eine kleinere um das Bad führt. Im vorigen Jahr waren 253 Läufer und 53 Wanderer am Start. Bei den rund 40 ehrenamtlichen Helfern ist Jürgen Winters gesamte Familie – seine Frau und zwei Kinder  – mit dabei. „Und meine beiden Enkel laufen mit“, sagt er. Rundenzählen müssen die Läufer aber nicht mehr. „Sie bekommen nach jeder Runde ein Armband“, sagt der Weinböhlaer.

Doch die Organisation der Laufveranstaltung ist nicht alles. So wertet der Rentner alle 17 Läufe des Meißner Sparkassen-Cups aus, zu dem auch der Oberauer Stundenlauf gehört. Die Punkte aller Läufer müssen für jeden Wettkampf berechnet werden. „Für eine Veranstaltung habe ich schon mal eine ganze Woche daran gearbeitet.“

Als Sportler nimmt Jürgen Winter an allen Läufen teil, wenn es seine Gesundheit zulässt. Am vorigen Sonnabend, beim Heinrich-Zille-Lauf in Radeburg, musste er allerdings wegen einer Erkältung passen. Und auch beim eigenen Stundenlauf am 11. April startet er wie immer nicht: „Da gibt es immer zu viel zu organisieren“, sagt er. Aber der Sachsenlauf am 24. Juni ist im Kalender bereits wieder dick markiert.