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„Es ist schön, als Ausländer in Dresden zu sein“

Startenor Rolando Villazón macht in der Semperoper einen auf Rosenkavalier. Er gratuliert dem Kollegen Georg Zeppenfeld und hat Probleme mit Standhaftigkeit.

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© Klaus Giga

Von Bernd Klempnow

Dem Startenor Rolando Villazón Mauleón kann sich keiner entziehen. Wenn der Sänger seine Weisen schmettert, dann rollt er mit den Augen, zwinkert den Zuschauern im Rang zu, knallt mit den Hacken, macht – wie oft in seinen Dienerrollen – eine höfische Verbeugung. Schon sein Reinkommen am Sonntag in der Semperoper war besonders. Wohl kam er nicht, wie schon erlebt, mit Clownsnase oder kariertem Sakko auf die Bühne. Dafür trug er knallige Schuhe, tänzelte und meinte: „Ich bin hier mit meinen roten Schuhen und mache Witze, um Sie zu unterhalten.“ Das Publikum lag ihm zu Füßen.

Eigentlich war der Abend die alljährliche Gala der Stiftung der Förderung der Semperoper. Seit 26 Jahren gibt es die, und sie ist – wie solche Veranstaltungen sind – eher tröge und immer gleich: Reden werden gehalten, Künstler ausgezeichnet, die dann wiederum mehr oder weniger originell für die Ehrung danken. Doch die 26. derartige Gala war nun dank Villazón anders. Der neue Semperoper-Intendant Peter Theiler hatte ihn engagiert. Der kennt die Entertainer-Qualitäten des Sängers, Regisseurs und Schriftstellers. Der gebürtige Mexikaner moderierte in einem akzentreichen, originellen Deutsch mit viel Charme und eigenem Vergnügen an Zungenbrechern. So übte er vorm Publikum das für ihn neue Wort Standhaftigkeit – als er die Standhaft-Arie der Fiordiligi aus der Oper „Cosi fan tutte“ ankündigte.

Spezieller Gruß an die Pegidisten

Er führte durch die Gala, indem er zu den jeweiligen Auftretenden und den zu singenden Komponisten gute, charakteristische Worte fand. Natürlich schwärmte er von seinem Lieblingskomponisten Mozart, der eine zutiefst menschliche, „uns immer beglückende Musik“ schuf. Und die sang er dann auch – eine eher kaum bekannte Arie des Pulcherio aus einem Opernfragment, „das leider keiner aufführt, weil es nicht fertig geworden ist“. Zudem bot er eine leidenschaftliche Zarzuela und brachte das Haus mit dem rasanten, stimmakrobatischen Rossini-Hit „La Danza“ zum Toben.

Doch der Künstler, der seit einer „La Traviata“ mit Anna Netrebko 2005 in Salzburg ein Star ist, bot nicht nur Witze. Offenbar beeindruckt vom Geschehen der Demonstrationen zum Pegida-Jubiläum am Nachmittag in der Stadt, wo sich 10 000 Menschen zum Protest gegen die Islamkritiker auf dem Theaterplatz versammelt hatten, grüßte er in den Saal: „Es ist ganz schön, als Ausländer hier zu sein!“ Das Haus applaudierte ihm heftig zu. Im April wird er hier die französische Barockoper „Platée“ inszenieren. So avancierte die von der Staatskapelle unter der straffen Leitung von Kristina Postka begleitete Gala zu einem Abend mit Unterhaltungswert und würdigte zugleich die Arbeit der Stiftung. Seit ihrer Gründung 1992 durch Senator Rudi Häussler helfen über 50 Privatpersonen und Unternehmen, die Semperoper als ein Juwel der Opernlandschaft zu stärken. Die Stiftung hat bislang über 14 Millionen Euro für gut 100 Neuinszenierungen gesammelt.

Und sie unterstützt alljährlich Talente und Meister. Diesmal wurde erstmals ein Curt-Taucher-Förderpreis vergeben. Die Würdigung, die an den Heldentenor der 20er- und 30er-Jahre erinnert, ging an die junge finnische Sopranistin Tuuli Takala. Villazón überbrachte ihr Rosen. Der 46-Jährige war entzückt von der Künstlerin, die seit 2015 in Dresden singt. Er dürfte sie zu seinem Mozart-Festival nach Salzburg einladen.

Ebenfalls Rosen überreichte er dem „wohl bedeutendsten Bass der Gegenwart“, Georg Zeppenfeld. Der 51-Jährige, der am Morgen noch den Sarastro in der „Zauberflöte“ auf dieser Bühne gesungen hatte, bekam den Preis der Stiftung. 2003 hatte der sächsische Kammersänger bereits deren Christel-Goltz-Preis entgegengenommen. Seit 2001 ist er dem Haus trotz seiner atemraubend internationalen Karriere verbunden. Er hat hier über 60 Partien gesungen und erklärte, wie „wichtig dieses immer wieder Heimkommen nach den Reisen“ an sein Residenzhaus mit den „fantastischen Kollegen, dem Chor und der Kapelle“ ist. Er dankte der Stiftung und bot mit dem Monolog „Wie duftet doch der Flieder“ eine Probe seiner nächsten neuen Rolle: Hans Sachs aus Wagners „Meistersinger“. Zeppenfeld bannte wie stets das  Auditorium mit geschmeidiger Kraft und souveräner Textverständlichkeit. Zu Recht viele Bravos!