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Es geht um die Wurst

Tschechen und Slowaken legen ihren Streit um die Markenrechte an den „spekacky“ bei.

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Von Hans-Jörg Schmidt, SZ-Korrespondent in Prag

Wenn es um die Wurst geht, bekommen mitunter auch Nachbarn Probleme, die sich ansonsten gut verstehen. Umso mehr, wenn es sich beim Objekt des Streits um eine tatsächliche Wurst handelt. So geschehen zwischen Tschechen und Slowaken, deren Einvernehmen im vergangenen Jahr wegen der Speckwurst gelitten hatte.

Speckwürstchen (spekacky) gehören seit ewigen Zeiten zu den Spezialitäten der Fleischer in Böhmen, Mähren und der Slowakei. Sie sind kurz, dick und der gemeinen deutschen Bockwurst nicht unähnlich. In die Wurstmasse gehören bei den spekacky aber zusätzlich größere Speckstückchen. Das macht sie nicht eben kalorienärmer, verhilft ihnen allerdings zu dem Status einer „guten Grundlage“, um einen Abend in einer Bierkneipe besser zu überstehen.

Antrag in Brüssel

Besonders beliebt sind sie als „ertrunkene Würstchen“ (utopenci). Dabei handelt es sich nicht wirklich um „Wasserleichen“. Die spekacky werden vielmehr in einer sauer-scharfen Lake „ersäuft“, ehe sie auf den Teller kommen. Jede ordentliche Bierkneipe hat die spekacky in der Form der utopenci auf ihrer Vorspeisenkarte. Im vergangenen Jahr nun meinten die Slowaken etwas vorwitzig, sie hätten sie Speckwürste erfunden, und beantragten für die spekacky eine Schutzmarke bei der EU. In der Folge hätten alle Fleischer auch außerhalb der Slowakei die Speckwürste nur noch nach slowakischem Rezept herstellen dürfen. Im anderen Falle hätten sie den eigenen Erzeugnissen einen anderen Namen geben müssen.

Als der Antrag aus Bratislava ruchbar wurde, löste er bei den tschechischen Nachbarn einen Aufschrei der Empörung aus. Tschechische spekacky künftig nach slowakischem Muster produzieren? Das könne nur ein schlechter Witz sein, hieß es hochnäsig.

Einigung auf der Messe

Jetzt wollen Tschechen und Slowaken den beinharten Würstchenkrieg begraben. Die Landwirtschaftsminister beider Länder, Petr Gandalovic und Zdenka Kramplova, einigten sich auf einer Lebensmittel-Messe in Brno (Brünn) darauf, einen gemeinsamen Schutzmarken-Antrag bei der EU zu stellen. Ähnlich sei man schon bei entsprechenden Anträgen für Jägersalami, Liptauer Salami und Zippser Wiener Würstchen vorgegangen.

Auf diese Weise setzen Tschechen und Slowaken das Brüsseler Räderwerk in Gang. Dort muss man nämlich jetzt eine spezielle „Würstchen-Erklärung“ verabschieden. In der wird die Rezeptur und Herstellungsweise der spekacky festgelegt, die dann nur in einem der beiden Antrag stellender Länder verbindlich ist. Einfacher gesagt: Tschechen und Slowaken können weiter „ihre“ spekacky produzieren, die diesen Namen tragen dürfen, obwohl sie sich in Nuancen voneinander unterscheiden. Erkennen dürfte man die aber als Verbraucher kaum. Denn, wie erwähnt, kommen die spekacky in erster Linie als utopenci, „ertrunkene Würstchen“, auf den Teller. Und dort schmecken sie vornehmlich nach der Lake, in der sie schlummerten.