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Erste Führungen in der Busmannkapelle

Das Gerüst wird abgebaut und die Stifterfiguren aufgestellt. Aber bis zur Fertigstellung fehlen immer noch 900 000 Euro.

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© René Meing

Von Bettina Klemm

Die Konsolbüsten des Bürgermeisters Lorenz Busmann und seiner Frau werden am Montag vom Stadtmuseum zur Busmannkapelle am Postplatz transportiert. Dort erhalten sie an den Pfeilern einen neuen Platz. Die Plastiken der Namensgeber der Kapelle wurden um 1400 gefertigt und stammen aus der berühmten Bildhauerschule Parler, die beispielsweise auch den Veitsdom in Prag ausgestaltet hat.

Für die Gedenkstätte wurde die einstige Busmann-Kapelle nachempfunden und mit Originalteilen ausgestattet.
Für die Gedenkstätte wurde die einstige Busmann-Kapelle nachempfunden und mit Originalteilen ausgestattet. © René Meing
Alt-Landeskonservator Gerhard Glaser (l.) und Architekt Torsten Gustavs zeigen den Raum der Stille.
Alt-Landeskonservator Gerhard Glaser (l.) und Architekt Torsten Gustavs zeigen den Raum der Stille. © René Meing

Mit dem Einzug der Stifter und dem Abbau des Gerüstes im Inneren ist ein wichtiger Meilenstein bei der Errichtung der Busmannkapelle als Gedenkstätte für die Sophienkirche erreicht. Unter der gläsernen Hülle ist auch das abstrahierte Deckengewölbe aus roten Metallbögen fertig. Ab sofort wird die Bürgerstiftung als Bauherr und Betreiber immer sonnabends um 15 und 16 Uhr Führungen anbieten, kündigt Geschäftsführer Winfried Ripp an.

In etwa einem Jahr, so die vorsichtigen Schätzungen, könnte dann die Busmann-Kapelle vollendet sein. Es müssen „nur noch“ der Fußboden samt Lüftungstechnik eingebaut und rund 900 000 Euro zusammengetragen werden. Auf eine genaue Zeitangabe mag sich Alt-Landeskonservator Gerhard Glaser nicht festlegen. „Als wir 2008 mit dem Bau begonnen haben, habe ich mit fünf Jahren gerechnet“, sagt er. Dem 81-Jährigen ist die Gedenkstätte eine Herzensangelegenheit.

Den ersten Beschluss zum Bau der Gedenkstätte hatte der Stadtrat bereits 1994 gefasst. Der Entwurf der Architekten Siegmar Lungwitz und Torsten E. Gustavs dafür wurde ein Jahr später als Wettbewerbssieger prämiert. Die Gesellschaft zur Förderung einer Gedenkstätte für die Sophienkirche wirbt für das Projekt und sammelt mit verschiedenen Aktionen Geld dafür. Den Hauptanteil der Kosten haben jedoch die Stadt und der Bund geleistet.

Im Wesentlichen wurde der Entwurf von Lungwitz und Gustavs umgesetzt. Seit eineinhalb Jahren trägt dafür der Architekt Michael Athenstaedt die Verantwortung. Allerdings haben sich die Baukosten im zurückliegenden Jahrzehnt deutlich erhöht. Hinzu kamen zusätzliche Wünsche, wie ein Raum der Stille im Untergeschoss. Dessen Wände zieren Grabplatten sächsischer Persönlichkeiten aus dem 17. Jahrhundert. Eine Zahlenreihe an einer Wand aus Originalsteinen der Sophienkirche veranschaulicht wichtige Etappen vom Franziskanerkloster, der gotischen Hallenkirche, der evangelischen Hofkirche, der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und dem Abtragen der Ruine, weil die Kirche nicht in die Vorstellungen der Politik unter Walther Ulbricht passte.

„Es gibt kaum einen anderen Ort, wo die Stadtgeschichte seit dem Mittelalter so gut nachvollziehbar ist und die Auswirkungen politischer Willkür sichtbar werden“, schätzt Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Linke) ein. Diese Geschichte wollen Bürgerstiftung und Fördergesellschaft in der Gedenkstätte erlebbar machen. „Jetzt geht es eigentlich erst richtig los“, findet Fördervereinschef Peter Schumann. Wichtig sei es, auch junge Leute zu begeistern. Sie sollen beispielsweise vom Obergeschoss nicht nur den gepflasterten Grundriss erkennen, sondern auf ihrem Smartphon gleich eine Ansicht des einstigen Kirchenbaus erhalten. In dem Raum ist später ein Modell der Sophienkirche zu sehen, gebaut hat es ein Mitglied der Fördergesellschaft. In der Gedenkstätte wird in Kürze auch der „Schmerzensmann“ aufgestellt. Die restaurierte Plastik steht derzeit in der Kreuzkirche und war einst Teil des Nosseni-Epitaphs (Grabmals). Der frühere Diakonie-Chef Harald Bretschneider bemüht sich für den Raum der Stille um ein Nagelkreuz, Symbol jener Friedensbewegung aus Coventry. Zur Vollendung der Busmannkapelle benötigen die Bürgerstiftung und die Fördergesellschaft weiterhin Spenden. Am Ende wird das kleine Bauwerk wohl 4,5 Millionen Euro kosten.