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Erst Diebe fangen, dann ins Freibad

Ein Mitarbeiter des Löbauer Lidl-Marktes lotst die Polizei zu einem Gauner-Trio bei Zittau. Sein Sohn will Polizist werden.

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© Thomas Eichler

Von Markus van Appeldorn

Löbau/Oberseifersdorf. Mit Thomas Seifert (Name geändert) hatte das Gaunertrio nicht gerechnet – und auch nicht mit einem querstehenden Baulaster. Thomas Seifert hat am Dienstagnachmittag dafür gesorgt, dass Ladendiebe auf ihrer Flucht direkt in die Arme der Polizei fuhren – zum Baulaster später mehr. Seifert ist Betriebstechniker bei der Discounter-Kette Lidl. Am Dienstag hatte er in dem Markt an der Löbauer Poststraße zu tun. Und dieser Typ auf dem Parkplatz war ihm gleich verdächtig vorgekommen. „Gegenüber von meinem Auto parkte ein Skoda mit tschechischem Kennzeichen“, erzählt er, „Die Fahrertür stand offen und der lümmelte so im Auto rum. Das ist mir einfach aufgefallen.“ Sekunden später kam dann ein anderer Mann mit einem vollen Einkaufswagen zum Auto. „Die haben sich so dreckig zugegrinst“, erinnert er sich.

Allerdings dachte er sich erst mal nichts weiter. Es war gegen 14 Uhr, kurz vor seinem Feierabend. Er hatte schon seinen Sohn aus der Kita abgeholt, musste nur noch mal rasch ins Lager. „Als ich in den Laden reinkam, habe ich mich gewundert, dass kein Personal da war“. Die Frau an der Kasse habe ihm dann gesagt, dass die zwei Kolleginnen einen Ladendieb nach draußen verfolgt haben. „Auf dem Parkplatz kam mir dann schon die Filialleiterin mit einem halb vollen Einkaufswagen entgegen“, sagt Seifert. Die Diebe hatten einen Großteil der Beute zurückgelassen, als sie sich ertappt sahen, und waren geflüchtet.

Auch Thomas Seifert machte sich mit seinem Sohn dann auf in den Feierabend. Doch nach kurzer Fahrt sah er diesen Skoda vor sich, der ihm bekannt vorkam. „Die sind dann auf die B 178 in Richtung Zittau abgebogen. Ich dachte, die schau ich mir an.“ Er überholte das Auto und meinte den Fahrer zu erkennen. „Aber auf dem Beifahrersitz saß eine Frau, das hat mich irritiert, weil ich vorher keine Frau gesehen hatte.“ Seifert vermutet, dass sich die Frau bei dem Diebstahl im Eingangsbereich des Marktes postiert und die automatische Eingangstüre offenhielt zur Flucht.

Er rief mit dem Handy beim Lidl-Markt an, wollte wissen, ob die Kolleginnen das Autokennzeichen notiert hatten. Sie hatten. „Ich habe dann sofort die 110 gewählt und erzählt, dass ich Ladendiebe verfolge“, erzählt er. Die Polizei bat ihn, weiter an den Tätern dran zu bleiben. Thomas Seifert folgte dem Trio bis zum Ende der Ausbaustrecke und dann weiter über die alte B 178 in Richtung Zittau „Ich habe immer wieder die Polizei angerufen und gemeldet, wo ich bin. Die haben gesagt, sie versuchen, Kräfte zusammenzuziehen.“

In Oberseifersdorf rief er letztmals an: „Ich habe gesagt, wir fahren hier gerade bei dem Reifenhändler vorbei.“ Die Antwort: „Dann müssten sie gleich schon unsere Streife sehen.“ Was Seifert wenige Sekunden später sah, war nicht bloß einfach eine Polizeistreife, sondern eine massive Straßenblockade. Ein großer Baulaster eines Kleindehsaer Fuhrbetriebes stand quer auf der Fahrbahn, ein Durchbrechen dieser Sperre unmöglich. Die herbeigeeilten Polizisten hatten den Lkw-Fahrer angehalten und ihn um Hilfe bei der Aktion gebeten. Zahlreiche Autos stauten sich bereits vor der Sperre. „Die Polizisten haben jedes Fahrzeug kontrolliert und die Fahrzeuge dann einzeln durch die Sperre gelassen.

Schließlich kam auch ein Polizist an das Auto von Thomas Seifert. „Ich habe auf das Auto vor mir gezeigt und gesagt ,Ich bin derjenige, der die ganze Zeit mit euch telefoniert habe. Da in dem Skoda sitzen die.‘“ Das Diebestrio erwies sich zunächst als störrisch. „Die wollten die Türen nicht öffnen und nicht aussteigen“, sagt Seifert, „als sie dann doch ausgestiegen sind, klickten sofort die Handschellen.“

Die Polizisten bedankten sich bei Thomas Seifert. „Ich bin dann mit meinem Sohn weiter gefahren ins Trixi-Bad, wie wir es ja sowieso vorhatten“, sagt er. Die Polizei lobt ihn ausdrücklich. „Aus polizeilicher Sicht können wir uns bei dem Zeugen nur bedanken. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die drei Tatverdächtigen dingfest gemacht werden konnten“ sagt Thomas Knaup, Pressesprecher der Polizeidirektion auf SZ-Anfrage und: „Er hat die Polizei fortlaufend über den aktuellen Standort des Fluchtwagens und die Fahrtroute informiert. Diese Informationen waren für die Polizei sehr wichtig und haben uns die nötige Zeit verschafft, Streifen zusammenzuziehen und die Täter zu stoppen.“

Einen Berufswunsch bei Seiferts Sohn hat die Aktion jetzt jedenfalls geweckt: „Mein Sohn fand das alles total spannend. Der will jetzt Polizist werden.“