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Ersparnisse aufgebraucht

Für eine sechsstellige Summe brachte Familie Erdmann neues Leben in ein altes Denkmal. Die bürokratischen Steine sind dafür ebenso groß wie die richtigen.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Priestewitz. Ein Schmuckkästchen ist das 27 Meter lange Fachwerkhaus in Kmehlen geworden – zwar noch nicht vollständig von außen, aber in der Etage, in der die Erdmanns eingezogen sind. Vor einem Jahr begannen sie das denkmalgeschützte Bauernhaus in der Ortsmitte umzubauen. Noch kurz vor Weihnachten konnten sie einziehen. „Das haben viele nicht für möglich gehalten“, sagen Katja und Jörg Erdmann. Zuletzt seien 20 Handwerker gemeinsam auf der Baustelle gewesen.

Über Wochen wurde nur entkernt und abgerissen – für die Bauherren ein „destruktives Erlebnis“, wie sie sagen. Ein Bagger stand im Erdgeschoss, um den Boden auszuschachten. Doch mit den regionalen Bauleuten war die junge Familie auf einer Wellenlänge. „Wir haben ihnen vertraut und sie haben es als ihr Projekt angesehen“, freut sich Jörg Erdmann. Ob die Zimmerei aus Großdobritz, die z.B. die Stützbalken in der Küche schön restaurierte und das Fachwerk erneuerte, oder die Baufirma, welche die neuen Lehmziegel setzte: Für die Erdmanns ist ihr Zuhause genauso geworden, wie sie es sich vorgestellt haben.

Teures Baumaterial

Jetzt verfügen die Neukmehlener über 234 Quadratmeter Wohnfläche. Eine alte Sitzmöbelgarnitur von der früheren Bewohnerin hat ihren Platz im Wohnzimmer gefunden. Weitere historische Holzmöbel fügen sich ein. Allerdings waren die speziellen Baumaterialien natürlich teurer als herkömmliche Angebote. „Nun ist es nicht mehr das alte Haus von Kmehlen, es riecht auch nicht mehr so – jetzt ist es unser Zuhause“, freut sich Katja Erdmann.

Für diesen Traum haben die jungen Leute, die beide in der Privatwirtschaft tätig sind und im Juli ihr zweites Kind erwarten, einen Großteil ihrer Ersparnisse aufgebraucht. Denn die Förderung aus der ländlichen Entwicklung, die ihnen bewilligt wurde, müssen die Erdmanns vorfinanzieren. Zuerst wurden die 90000 Euro – der Höchstfördersatz – vom Dresdner Heidebogen zur Wiedernutzung ländlicher Bausubstanz bestätigt. Dann ging die Entscheidung zum Landratsamt. Ein Jahr warteten die Erdmanns auf den Bewilligungsbescheid. Über das Geld verfügen sie damit allerdings immer noch nicht.

„Wir haben uns selbst um die Baubetreuung gekümmert, deshalb lag der Kontakt mit der Behörde bei uns“, erklären die Erdmanns. Das erwies sich mitunter als schwierig. Das Kreisbauamt setzte Terminvorgaben, doch die eigenen mündlichen Zusagen wurden oft nicht eingehalten. „Man braucht viel Mut und Geduld für so ein Bauvorhaben“, bilanziert Jörg Erdmann. Mit dem Denkmalschutz hatte er hingegen keine Schwierigkeiten. „Was die wollten, hätten wir sowieso gemacht.“ Sprossenfenster, Lehmputz, Sandstein – eben natürliche Materialien, wie sie früher auf dem Dorf verwendet wurden. „Deshalb haben wir auch nie die Lust verloren, weil wir eine klare Vorstellung von unserem Vorhaben hatten“, sagt Jörg Erdmann. „Ohne die Unterstützung unserer Familie und der Handwerker wäre der fristgerechte Einzug aber nicht zu realisieren gewesen.“

Ländliche Baukultur

Im Dorf gab es „Händeklatschen“, als die Familie einzog. Zu den Nachbarn ergab sich schnell ein guter Kontakt. „Viele junge Familien mit Kindern leben hier“, freut sich Katja Erdmann. Die Zeitungszustellerin kam im Advent mit einem Tannenzweig und einer Kerze gratulieren zum „prächtigen Anwesen“. In Kmehlen hat man nicht vergessen, dass früher hier im Wohnzimmer Hausgottesdienst abgehalten wurde. Sollte es Neider geben, schmunzelt Jörg Erdmann, so habe man sich diesen Neid redlich erarbeitet. Doch dass das Fachwerkhaus ortsprägend immer schöner wird, das kann wirklich keiner leugnen.