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Erinnern ohne Bild

Auf dem Bannewitzer Friedhof dürfen auch künftig keine Fotos auf Grabsteine. Es gibt einen anderen Trend.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Verena Schulenburg

Bannewitz. Für manche ist es mehr als eine Erinnerung. Ein Foto des Verstorbenen auf dessen Grab kann das Vermächtnis unterstreichen. Es verleiht dem Grabmal ein Gesicht, zeigt Persönlichkeit. Solche Gräber, die Bilder der Verstorbenen zeigen, sind in der Region nur wenig verbreitet. Dennoch wünschen sich einige Hinterbliebene ein Foto auf dem Grab.

Die Bannewitzerin Angela von Havranek, die für die CDU im örtlichen Gemeinderat sitzt, wurde schon von Einwohnern angesprochen, wie das auf dem kommunalen Friedhof gehalten werde. „Die Frage ist, ob man solche Fotos zulassen könnte“, erklärte sie deshalb jüngst vorm Gemeinderat. Manchen Leuten sei das wichtig.

Auf dem Bannewitzer Friedhof an der Boderitzer Straße gibt es Bilder auf Gräbern, welche die Verstorbenen zeigen. Laut aktueller Friedhofsatzung ist es jedoch nicht gestattet, solche Fotos anzubringen – zumindest nicht mehr. Bevor die Satzung vor einigen Jahren geändert wurde, war das noch möglich. Die Gräber, die damals angelegt und mit einem Lichtbild versehen wurden, haben Bestandsschutz. Auf neu gesetzte Grabsteine darf jedoch kein Foto angebracht werden. Das regelt konkret Paragraf 18, Punkt 9 der Bannewitzer Friedhofsatzung, wo steht: „Nicht zugelassen sind [...] Lichtbilder [...].

Im Bannewitzer Rathaus sieht man derzeit auch keinen Anlass, die Satzung anzufassen und Änderungen vorzunehmen. „Die Frage wäre, unter welchen Gegebenheiten sollen wir es zulassen?“, sagt der Bannewitzer Bürgermeister Christoph Fröse (parteilos). An ihn sei das Interesse, Fotos von Verstorbenen an den Grabstein anzubringen, bisher nicht herangetragen worden. Größe, Farbe und Abbild des Motives müssten zudem diskutiert und genau in der Satzung festgehalten werden, um die Modalitäten für alle zu vereinheitlichen. Ein unnötiger Umstand, findet der Bürgermeister. Neuerliche Fotos auf Grabsteinen bleiben tabu. Um Angehörigen den Wunsch aber nicht gänzlich abzuschlagen, bietet die Bannewitzer Rathausspitze eine Alternative an: „Wer möchte, kann ein Foto des Verstorbenen auf das Grab selbst stellen“, erklärt Christoph Fröse. Auch auf diese Weise könne mit einem Foto an den Verstorbenen gedacht werden.

Foto als Aufsteller möglich

Eine Idee, die einen guten Kompromiss darstellt, findet Annette Kalettka. Die Pfarrerin ist im Evangelisch-Lutherischen Kirchspiel Kreischa-Seifersdorf speziell für das Pfarramt in Oelsa, Rabenau und Seifersdorf zuständig. Dem Kirchspiel unterstellt sind auch die christlichen Friedhöfe der Kommunen, zum Beispiel in Possendorf, Kreischa und den anderen genannten Orten. Und auch dieserorts ist die Grabgestaltung in einer entsprechenden Satzung geregelt, die Fotos auf Grabsteinen verbietet, genauso wie auf dem kommunalen Friedhof in Bannewitz. Dies sei hierzulande nicht üblich und von den Angehörigen in der Regel auch nicht gewünscht, erklärt Annette Kalettka. Lediglich während der Trauerfeier werde ein Foto des Verstorbenen aufgestellt, auf den Gräbern anschließend weniger. Für den Verzicht eines Fotos auf dem Grab spreche laut Kalettka auch ein besonderer Grund. „Ein Foto ist eine Momentaufnahme“, sagt die Pfarrerin. Die Frage sei, in welcher Lebensphase zeige das Bild den Menschen? Erfasst das Motiv die gesamte Persönlichkeit? „Bilder umfassen nicht das Wesen“, erklärt Annette Kalettka. Gerade das mache aber die Person aus.

Einen interessanten Trend kann die Pfarrerin dennoch ausmachen: „Auf Grabsteinen spielen immer öfter Symbole eine Rolle“, sagt Annette Kalettka. Nachdem eine Zeit lang eine recht anonyme Bestattung „modern“ galt, wie beispielsweise die Beisetzung auf einer grünen Wiese, sei derzeit wieder eine Tendenz hin zu einer Grabstätte mit mehr Persönlichem zu verzeichnen. „Das finde ich schön“, sagt die Pfarrerin, „vielleicht haben die Menschen festgestellt, dass bei einer anonymen Bestattung etwas fehlt.“ Dieser Trend zu mehr Symbolik zeige auch, dass das Thema Erinnerung wohl wieder eine größere Bedeutung für die Menschen habe.