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Elaskon wird 90

Der Dresdner Schmierstoff-Hersteller feiert – mehr als nur das Jubiläum.

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© Ronald Bonß

Von Michael Rothe

Wer feiert schon groß einen 90. Geburtstag? Miss Sophie bei einem Dinner for One etwa. Jemand, für den der „75.“ schon zu lange her ist. Oder einer, der Sorge hat, seinen „100.“ nicht zu erleben.

Dieses Rostschutzmittel war allen Trabi- und Wartburg-Fahrern ein Begriff.
Dieses Rostschutzmittel war allen Trabi- und Wartburg-Fahrern ein Begriff. © Elaskon
Solche Skoda-Tanklaster fuhren Ende der 1960er über die Straßen der DDR.
Solche Skoda-Tanklaster fuhren Ende der 1960er über die Straßen der DDR. © Elaskon

Oder man hat wie Karl Schwald mit Elaskon Sachsen ein Unternehmen, das im Juli, das genaue Datum ist unbekannt, just so alt wird, in diesem Jahr aber weit mehr zu bieten hat als einen nostalgischen Rückblick. Eine Fachtagung Mitte September in Dresden etwa mit Drahtseilproduzenten aus aller Welt. Dazu die Idee, im Freistaat mittelfristig ein Seilkompetenzzentrum zu gründen, wo an der TU Dresden der weltweit modernste Reibwert-Prüfstand für Seile steht. Im Januar wurde der Mineralölvertrieb Nordhausen mit acht Leuten übernommen. Mehr als genug Feier-Anlässe.

Zudem ist 2018 für Schwald & Co das „Jahr der Jubiläen“: Elaskon feiert 60 Jahre Drahtseilschmierstoffe, mit denen sich der Betrieb im Dresdner Osten nach der Wende zum Weltmarktführer gemausert hat. Und der Chef selbst, unlängst 60 geworden, kann auf ein Vierteljahrhundert „als Elaskoner“ zurückblicken, wie er sagt.

Anfang der 1990er hatte es den Allgäuer, damals Vorposten der Tankstellenkette Präg im Osten, nach Dresden gezogen. Mit ihm kam Elaskons Überlebensversicherung. Kein Besser-Wessi, sondern einer mit Herz, Verstand und richtigem Riecher. Auch für die Fährte nach China, Elaskons wichtigsten Markt mit mittlerweile eigener Niederlassung.

Schwald hatte das Unternehmen trotz roter Zahlen übernommen, seit 2000 rund 13,7 Millionen Euro investiert und die bekannte DDR-Marke Elaskon, Kürzel für „elastisch konservieren“, wieder aufgepäppelt. Ostdeutschen ist sie vor allem als Rostschutzmittel K 60 ML für Trabant & Co bekannt. Das Wundermittel für Unterbodenschutz und Hohlraumkonservierung sei fast tot gewesen, erzählt Schwald. Es habe der Irrglaube geherrscht, Ostware tauge nichts, und Westautos würden nicht rosten. In der Krise 2008/09 hätten sich viele auf Werterhalt statt Neukauf besonnen. Folge: ein Nachfrageschub. K 60 gibt’s noch immer: verbessert und auch für Schneeräum- und Transportflotten vieler internationaler Flughäfen. Mittlerweile wird an lösungsmittelfreien Produkten getüftelt.

Heute sieht sich Elaskon zuerst als Hersteller von Drahtseilschmierstoffen. Rote Tonnen mit patentiertem Inhalt stehen an der Seilbahn des Tafelbergs im südafrikanischen Kapstadt, am Mont Blanc in den Alpen, auf Ölbohrinseln vor Singapur, beim Instandhaltungsteam von Venedigs Brücken – in Summe Drahtseilakte in 64 Ländern. Andere Standbeine sind Pflegeprodukte für Pkw, Lkw und Landmaschinen mit 1 000 Stationen sowie Formen- und Trennmittel für den Bau. Ferner ist Elaskon Vertriebspartner des Ölriesen Exxonmobil.

„Ich rede am liebsten über Drahtseilschmierstoffe“, sagt Karl Schwald. Dort seien Kundenbeziehungen am nachhaltigsten. Mittlerweile eroberten auch Kunststoffseile die Welt. Sie würden zwar nicht rosten, brauchen aber Schutz vor Verschleiß. Elaskon wolle den Trend nicht verschlafen und tüftelte mit einem Start-up der TU Chemnitz an einer Lösung.

Zunehmend äußert sich der Chef auch über seine Nachfolge. „Ich habe ein Riesenglück, dass mein ältester Sohn Tobias willens und fähig ist, die Firma zu übernehmen“, sagt Schwald. Der 34-Jährige sei wie sein Onkel Richard (58) bereits in der Geschäftsführung, soll das Zepter aber in den nächsten drei Jahren allein übernehmen. Karl wolle sich entsprechend schrittweise zurückziehen, ohne ganz auszuscheiden.

Hobbyjäger Schwald gibt sich auch im Geschäft mit Waidsicht. „Ich will nicht zu schnell marschieren“, sagt er. Seine Vision: „In zehn Jahren sehe ich uns bei 35 bis 40 Millionen Euro Umsatz und gut 100 Mitarbeitern.“ Zwar habe es bereits Übernahmegebote aus China und Indien gegeben. Dennoch stehe für ihn fest: „Elaskon bleibt eigenständig und sein Sitz in Dresden.“

Einen will der Elaskon-Chef dann doch nicht vergessen: seinen Vorgänger, mit dem er sich noch immer etwa alle zwei Monate zum Plausch trifft. „Günther Gedecke war der entscheidende Mann für das Unternehmen“, sagt Schwald. Er habe ihn für das Unternehmen, seine Produkte und Mitarbeiter begeistert. Der einstige Kombinatsdirektor ist heute ein rüstiger Rentner – und feiert nächstes Jahr seinen 90. Geburtstag.