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Einsatz gegen den Verfall

In der Hoffnung, dass ein Investor das Herrenhaus in Oberottendorf kauft, lässt die Stadt das Dach sanieren. Gerettet ist es damit noch nicht.

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© Dirk Zschiedrich

Von Nancy Riegel

Oberottendorf. Dramatische Verhältnisse – mit diesen deutlichen Worten umschreibt Dr. Ralf-Peter Pinkwart vom Landesamt für Denkmalpflege den Zustand des Herrenhauses in Oberottendorf. 26 Jahre lang konnte man dem Anwesen beim Verfallen zusehen. Löcher im Dach wurden immer größer, so groß, dass Regen eindrang, Balken im Dachstuhl morsch wurden und Decken einfielen. Auch die Fassade bröckelt, Risse ziehen sich entlang der Wände. 2013 wollte die Stadt das Haus abreißen lassen, doch der Denkmalschutz lehnte dies ab. Mit dem Baustart der Dachsanierungsarbeiten soll dem Zerfall jetzt Einhalt geboten werden.

Die Firma von Zimmermann Joachim Grätz aus Coswig hat schon in diversen Schlössern und anderen denkmalgeschützten Gebäuden gearbeitet. Nun sanieren die Handwerker den Dachstuhl im Herrenhaus Oberottendorf.
Die Firma von Zimmermann Joachim Grätz aus Coswig hat schon in diversen Schlössern und anderen denkmalgeschützten Gebäuden gearbeitet. Nun sanieren die Handwerker den Dachstuhl im Herrenhaus Oberottendorf. © Dirk Zschiedrich

Ganz ohne Anlass wird das barocke Anwesen aus dem 18. Jahrhundert jetzt natürlich nicht repariert. Vor gut einem Jahr präsentierte ein potenzieller Investor dem Stadtrat ein Nutzungskonzept unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Bis heute will Bürgermeister Peter Mühle (NfN) den Namen und das konkrete Vorhaben nicht benennen, aber so viel sei gesagt: Im Herrenhaus sollen Wohnungen entstehen, wahrscheinlich auch solche, die sich für Betreutes Wohnen eignen. Für die zukünftige Nutzung will die Stadt zumindest das Dach instandsetzen, um alles darunter und einen eventuellen Ausbau des Dachgeschosses müsste sich der neue Eigentümer kümmern. Wie viel Geld er dafür in die Hand nehmen müsste, könne man noch nicht vorhersehen, sagte Bauamtschef Michael Schmidt am Donnerstag beim offiziellen Termin am Herrenhaus.

Im jüngsten Stadtrat betonte der Rathauschef, dass der Investor weiterhin sehr interessiert am Kauf des Ensembles am Park in Oberottendorf sei. In dieser Sitzung musste das Gremium auch einer deutlichen Kostenerhöhung zustimmen. Waren ursprünglich 250 000 Euro für die Sanierung des Dachs angesetzt, rechnet man jetzt mit gut 320 000 Euro. Darin enthalten sind Fördermittel von Bund und Land, aber auch ein beachtlicher Eigenanteil der Stadt. Dieser beträgt mit dem neuen Beschluss insgesamt rund 80 000 Euro. Obwohl sich noch vor einem Jahr einige Stadträte kritisch zur Sanierung äußerten – man befürchtete, das Herrenhaus könnte eine Ruine mit hübschem Dach werden – stimmten jetzt die meisten Räte den Mehrkosten zu. Wohl auch, weil sonst das Vorhaben zum Scheitern verurteilt wäre.

Jetzt, eine Woche später, kann der Bürgermeister stolz den Baustart am Dach verkündigen. Die Schindeln sind bereits abgedeckt und ermöglichen einen Blick auf das Holzgerippe im Inneren – und die eingefallenen Decken. Hier ist das Reich von Zimmermann Joachim Grätz von der gleichnamigen Tischlerei aus Coswig. Der Mann in der Zunftkleidung berichtet, dass seine Firma fast ausschließlich in denkmalgeschützten Häusern arbeitet, zum Beispiel im Jagdschloss Graupa, im Schloss Moritzburg und im Herrenhaus im Rittergut Limbach. Ab kommender Woche werden die Holzbalken für das Herrenhaus Oberottendorf angeliefert. „Einige Balken sind morsch und müssen ganz oder teilweise ausgetauscht werden“, berichtet er.

Sind die Zimmermänner fertig, kommen die Dachdecker. Bis Ende des Jahres, so hofft der Bauamtsleiter, werden die Sicherungsarbeiten abgeschlossen sein, sodass im Jahr 2019 an den Investor verkauft werden könnte – wenn dieser dann noch bereit dazu ist.

Bürgermeister Mühle jedenfalls ist zuversichtlich. Er erhofft sich eine ähnliche Erfolgsgeschichte wie beim Schloss Langburkersdorf. Auch verweist er auf das Gesindehaus Polenz, wo der Fördermittelbescheid in Sichtweite ist. Sowohl in Polenz als auch in Oberottendorf langen die eingeplanten Mittel aber nur für eine Teilsanierung der Gebäude – im Gesindehaus fürs Erdgeschoss, im Herrenhaus fürs Dach.