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Einmal Brücke, gut gerüttelt

Bauleute betonieren an der Zehistaer Straße in Pirna das erste Südumfahrungs-Bauwerk. Dabei muss es mächtig vibrieren.

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© Marko Förster

Von Thomas Möckel

Pirna. Um die Baustelle der Pirnaer Südumfahrung an der Zehistaer Straße brummt und surrt es, monoton an einer Stelle, es klingt ein bisschen wie ein Bienenschwarm, der über seinem Stock kreist. Ein paar Meter weiter oben, nach dem Aufstieg über die leicht schwankende Bautreppe, entpuppt sich der Schwarm als Zweibeiner, einige halten in ihren Hände summende Geräte, die später den Baustoff verdichten. Das Summer-Geschwader ist groß.

Frank Ulrich von der Firma „Karl Köhler“ gibt dem Beton die Richtung vor.
Frank Ulrich von der Firma „Karl Köhler“ gibt dem Beton die Richtung vor. © Marko Förster
Betonbauer Heiko Fischer zieht die Oberfläche mit der Rüttelbohle glatt.
Betonbauer Heiko Fischer zieht die Oberfläche mit der Rüttelbohle glatt. © Marko Förster

Über 30 Männer balancieren über Holzträger und Bewehrungseisen, Bauarbeiter, Polier, Bauleiter. Sie tragen Helm, Gummistiefel, Handschuhe, kurze Hosen, die Schwüle drückt. Pausen wird es heute kaum geben, geraucht wird nebenbei, zur Stärkung reicht der Bauleiter zwischendurch belegte Brötchen. Die Heidenauer Baufirma Karl Köhler hat ihre Arbeiter von verschiedenen Baustellen zusammengezogen, der Betrieb braucht sie alle an einem Fleck. Für die Männer ist Großkampftag.

Das Bauhelm-Kollektiv betoniert am Dienstag das erste Bauwerk von Pirnas Südumfahrung, es ist die Brücke über die Zehistaer Straße, sie ruht auf einem Mittelpfeiler und je einem Widerlager links und rechts. 5 Uhr am Morgen haben sie begonnen, zwölf Stunden werden sie brauchen, der Beton muss fließen, damit alles gut haftet. Da muss vor allem die Logistik passen.

Unten an der Brücke sammeln sich die Betonlaster. Drei, vier stehen immer mit frischem Gemisch bereit, entladen zu werden. Das Werk von Transportbeton Heidenau hat eine Liefergemeinschaft mit der Mischanlage Berger Beton in Dohna gebildet, die Kolonne rollt ohne Unterlass, lange Wartezeiten darf es nicht geben.

Doch der Beton darf nicht einfach so auf die Baustelle.

Bevor das Gemisch Teil der Brücke wird, prüft ein Kontrolleur den Baustoff, Rezepturnummer, Aussehen, Inhaltsstoffe, alles muss stimmen. Passt alles, darf der Beton passieren. Vom Lkw aus läuft der Baustoff in den Schlund von großen Pumpen, deren Ausleger wie Krakenarme über der Brücke hängen. Etwa 80 Kubikmeter Beton können die Pumpen stündlich durch die Rohre pressen, knapp 900 Kubikmeter werden es am Ende für die Brücke sein. Aber ohne Handarbeit geht nichts.

Am Ende der Pumpenausleger hängen dicke Gummischläuche, einer der Arbeiter führt den Rüssel in gleichmäßigen Bewegungen hin und her, das Betongemisch pladdert zwischen den Bewehrungseisen hindurch in die Schalung. Männer mit Rechen ziehen den Baustoff glatt. Damit er dorthin kommt, wohin er soll, muss es aber mächtig vibrieren. Rund um dem Pumpenschlauch haben sich Männer postiert, sie halten Flaschenrüttler in den Händen, die aussehen wie eine Flasche aus Stahl, die an einem dünnen Schlauch hängt. Die Spitze vibriert ordentlich, kommt sie an das Stahlgeflecht, summt es fein an den Fußsohlen. Ihre Arbeit verrichten die Flaschenrüttler im Beton, die Bauleute tauchen sie ins Gemisch, die Vibration drückt die Luft aus dem Baustoff, das Gemisch verdichtet sich, das Betongefüge sackt zusammen, damit später alles eine homogene Masse bildet. Auch obenauf rütteln die Männer, hier mit einer Rüttelbohle, eine Art filigraner Eisenträger, der über die gesamte Brückenbreite liegt und an der Seite über zwei dünne Stahlseite behutsam vorwärts geführt wird. Die beiden Rüttelbohlen vibrieren ebenfalls, sie rütteln die Oberschicht ab und ziehen den Beton glatt, danach wird er noch mal extra geglättet. 28 Tage muss das Gemisch aushärten, dann wird der Baustoff wieder aufgeraut, mit einer Epoxydharzschicht und Bitumenbahnen versiegelt, ehe Asphaltschutz- und -deckschicht draufkommen. Erst dann können Autos über die Brücke fahren.

Das dauert noch, erst 2022 soll die Südumfahrung für den Verkehr freigegeben werden. An der Zehistaer Straße sind die Bauleute aber schneller als geplant, Brücke und und Kreisverkehr, so der Plan, sollten erst im Mai 2019 fertig sein, werden aber wohl schon in diesem Jahr fertig. Das liegt auch an den flotten Jungs auf der Brücke.

Am Spätnachmittag ist sämtlicher Beton in die Brückenschalung geplumpst, das Summer-Geschwader hat seine Arbeit vorerst vollbracht. Ganz fertig ist die Betonschicht aber noch nicht. Fachleute werden die Oberfläche mit Spezialgerät noch glatt ziehen wie einen Spiegel – wahrscheinlich bis weit in die Nacht hinein.