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Eine Wiese für alle

Seit 20 Jahren lässt Familie Vogel das Dorf auf ihrem Grundstück feiern. Das hat auch mit Relikten im Boden zu tun.

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© Lutz Weidler

Von Eric Weser

Streumen. Der Beginn des Streumener Dorffestes ist zum Greifen nah: Sonnabend geht es wieder los mit Seifenkisten-Rennaction, Livemusik und Comedy. Sonntag tuckern dann die kultigen SR-2-Mopeds, auch „Essis“ genannt, auf dem Rennparcours um die Wette. Und es gibt noch etliche weitere Programmpunkte. Der ganze Rummel wird sich auch dieses Jahr wieder auf der sogenannten Vogelwiese an der S-Kurve nahe dem Essi-Denkmal abspielen. Die Wiese ist etwa halb so groß wie ein Fußballfeld und nach ihren Besitzern benannt.

Seit 20 Jahren stellt das Ehepaar Vogel, das mit Tochter, Schwiegersohn und den zwei Enkeln im Wohnhaus nebenan wohnt, diesen Teil seines Grundstücks fürs Dorffest zur Verfügung. Wie es dazu kam? „Am Anfang wurde das Dorffest auf dem Kindergartengelände gefeiert“, erzählt Silvia Vogel. Als die Kita umgebaut wurde, brauchte die damals noch recht junge Feier eine neue Bleibe. Die Vogels boten ihre Wiese an. Einerseits aus Verbundenheit zum Ort und seinen Menschen. Denn in Streumen verstehen sich die meisten Anwohner gut miteinander, der Zusammenhalt ist groß. Aber es gab auch einen durchaus praktischen Grund. Denn im Wiesenboden gibt es eine eingeebnete Wasserburg, ein historisches Relikt. Bebaut werden dürfe die Wiese deshalb nicht und ein Verkauf sei auch schwierig, sagt Sandra Marschner, die Tochter von Silvia Vogel. Seit die Familie das Areal nicht mehr als Pferdekoppel nutzt und nur etwas Gras als Futterquelle für die Hasen gebraucht wird, hat das Land kaum einen Nutzen. „Man könnte sagen, die Wiese ist totes Kapital“, sagt Sandra Marschner.

Einmal im Jahr ist Streumen ziemlich froh über dieses tote Kapital – und belebt es fürs Dorffest nach Kräften. Die Mühe zahlt sich aus: Gewöhnlich kommen hunderte Besucher aus Streumen und den Nachbardörfern auf das geschmückte Gelände, um gemeinsam eine gute Zeit zu haben.

Für die Vogels und Marschners sind diese Tage rund ums Dorffest meist schön, aber stressig. Mitunter fühlen sich Festbesucher ein bisschen zu heimisch – und stehen auch schon mal plötzlich im Wohnhaus der Familie. „Da fragt man sich dann schon mal, warum man sein Grundstück eigentlich hergibt“, sagt Sandra Marschner lachend. Der Ärger verfliege meist recht schnell. „Manche Besucher helfen ja auch beim Aufbau oder bringen Kuchen mit.“

Im Laufe der Jahre hat die Familie beim Dorffest auf ihrer Wiese einiges erlebt. Zum Beispiel viele schöne Auftritte im Festzelt, die Silvia Vogel per Videokamera festgehalten und als Erinnerung auf DVDs gebrannt hat. Aber es gab auch schockierende Momente. Etwa den, als ein Besucher vor Jahren plötzlich eine Schusswaffe zog. „Da haben wir die Polizei geholt.“ Passiert sei zum Glück aber nichts. Seit einigen Jahren gibt es aber am Festsonnabend einen Sicherheitsdienst, der aufpasst. Nach einem Unfall beim Essi-Rennen wurde eine Pachtregelung mit der Gemeinde für die Wiese ausgehandelt, um Risiken besser in den Griff zu bekommen.

Ihre Wiese geben die Vogels und Marschners dennoch gern fürs Dorffest her. Denn trotz Stress und manch bangem Moment: Wenn die Feier vorbei ist, herrscht bei der Familie so gut wie immer Einigkeit, dass es auch dieses Jahr wieder ein tolles Dorffest gewesen ist. Ausgabe Nummer 20 auf der Vogelwiese soll da nach Möglichkeit keine Ausnahme bilden.

Das Dorffest beginnt Sonnabend, 25. August, ab 10 Uhr mit dem Tischtennisturnier; ab 14 Uhr Seifenkistenrennen; ab 17 Uhr Falkner-Show; ab 20 Uhr Live-Partyband; ab 21 Uhr Comedy mit den Next Generation Kanalis. Sonntag: ab 9.30 Uhr Zeltgottesdienst; 11 Uhr SR-2-Rennen; 15 Uhr Auftritt Super Dance Club Gröditz (Programmauszug)