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Eine Uhrenfirma bleibt sich treu

Die Union blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Das Glashütter Uhrenmuseum zeichnet diese nach und zeigt Aktuelles.

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© Frank Baldauf

Von Maik Brückner

Glashütte. Tobias Hamann arbeitet eigentlich in einem Gebäude, das etwas abseits der Glashütter Uhrenmeile steht. Sein Arbeitsplatz befindet sich im Produktionsgebäude der Uhrenfirma Union am Frühlingsweg.

Museumsleiter Reinhard Reichel zeigt eine wertvolle Taschenuhr aus den Anfangsjahren der Uhrenmarke, die vor 125 Jahren begründet wurde.
Museumsleiter Reinhard Reichel zeigt eine wertvolle Taschenuhr aus den Anfangsjahren der Uhrenmarke, die vor 125 Jahren begründet wurde. © Frank Baldauf

Diese historischen Zeitmesser werden präsentiert

Erfolg mit Taschenuhren Diese Taschenuhr brachte Johannes Dürrstein 1877 auf den Markt. Produziert wurde sie von der Glashütter Firma A. Lange & Söhne.
Erfolg mit Taschenuhren Diese Taschenuhr brachte Johannes Dürrstein 1877 auf den Markt. Produziert wurde sie von der Glashütter Firma A. Lange & Söhne.
Auch Schiffsuhren im Programm Die Uhrenfirma Union baute auch Schiffsuhren, so wie diese aus dem Jahr 1907. Die dafür nötigen Uhrwerke kaufte sie bei der Firma Paul Stübner ein.
Auch Schiffsuhren im Programm Die Uhrenfirma Union baute auch Schiffsuhren, so wie diese aus dem Jahr 1907. Die dafür nötigen Uhrwerke kaufte sie bei der Firma Paul Stübner ein.
Experiment mit Armbanduhren Nach 1918 stellte Union auch Armbanduhren her. Der Firma gelang es aber nicht, diese wirtschaftlich vertretbar herzustellen. Deshalb war bald Schluss.
Experiment mit Armbanduhren Nach 1918 stellte Union auch Armbanduhren her. Der Firma gelang es aber nicht, diese wirtschaftlich vertretbar herzustellen. Deshalb war bald Schluss.

Für die nächsten Wochen wird der 28-jährige Uhrmachermeister ab und zu auch im Uhrenmuseum arbeiten. Hier steht ein Tisch, an dem Tobias Hamann eine Uhr vorstellen wird, an der er in den letzten zwei Jahren zusammen mit Konstrukteuren des Schweizer Mutterkonzerns, der Swatch Group, getüftelt hat. Gewidmet ist diese Uhr Johannes Dürrstein. Dieser hatte vor 125 Jahren die Marke Union Glashütte begründet. Das Uhrenmuseum hat das zum Anlass für eine Sonderausstellung genommen, die ab Mittwoch gezeigt wird.

Mit dieser möchte Museumsleiter Reinhard Reichel einen Bogen von der Vergangenheit zur Gegenwart schlagen. So zeigt das Museum Dokumente und mehrere historische Uhren aus der Anfangsphase und stellt den Gründer näher vor. Dürrstein sei ein genialer Unternehmer gewesen. „Er hatte das Ohr an der Masse“, sagt Reichel. Dürrstein erkannte, dass die Leute nicht nur präzise Uhren haben wollten, sondern auch preiswerte. Die meisten Uhren, die in den 1870er-Jahren angeboten wurden, kosteten so viel, das ein normaler Angestellter ein Jahreseinkommen dafür ausgeben musste. Dürrstein brachte das auf eine Idee. Zusammen mit der Glashütter Uhrenfirma A. Lange & Söhne etablierte er die preisgünstige Marke „Deutsche Uhrenfabrikation“. Weil die gut lief, wagte er ein paar Jahre später den Alleingang. 1893 gründete er die Uhrenfabrik Union. Noch im selben Jahr präsentierte Dürrstein eine besonders wertvolle Uhr auf der Weltausstellung in Chicago. Später stellte das Unternehmen auch Schiffsuhren her.

Mit dem Ersten Weltkrieg begann der Niedergang der Firma, sagt Reichel. Union borgte dem Kaiserreich eine Million Goldmark als Kriegsanleihe. „Das Geld hat die Firma nicht wiedergesehen“, sagt Reichel. Zu spät reagierte die Union auf den neuen Trend, sich von Taschenuhren loszusagen, um stattdessen Armbanduhren herzustellen. „Das war aber bei den anderen Uhrfirmen ähnlich. Die Glashütter Uhrmacher waren sehr konservativ“, sagt Reichel. 1936 musste die Union die Produktion einstellen, der Betrieb wurde aufgelöst.

Dass es die Union wieder gibt, liegt am bayrischen Unternehmer Heinz W. Pfeifer, der in den 1990er-Jahren zunächst die Manufaktur Glashütte Original übernahm und 1996 dann die Union Uhrenfabrik als Tochterunternehmen neu gründete. Ein Jahr später stellte die Union eine Armbanduhrenkollektion vor. 2000 übernahm der Schweizer Uhrenkonzern Swatch sowohl die Manufaktur Glashütte Original als auch die Schwesterfirma Union. Da sich die Uhren der Marke Glashütte Original besser verkauften, wurde es um die Union sehr ruhig. Das sollte sich 2008 ändern. Konzernchef Nick Hayek verkündete in Dresden, die Union als eigenständige Marke mit eigener Produktion und Kollektion neu auszurichten und die Geschäftsführung dem Schweizer Adrian Bosshard zu übertragen.

Der einstige Motorradrennfahrer führt das Unternehmen seither erfolgreich. Die Kollektion besteht aktuell aus 70 Modellen, die für 1 000 bis 4 000 Euro verkauft werden. Im Gegensatz zur Schwestermarke Glashütte Original verwendet Union keine eigenen Uhrwerke, sondern bezieht diese von einer anderen Swatch-Group-Firma. Deshalb kann man nicht von einer Manufaktur im eigentlichen Sinn sprechen. Dennoch: Die Glashütter Regel, wonach 50 Prozent der Wertschöpfung in Glashütte erbracht werden müsse, erfülle man, versichert das Unternehmen.

Bosshard, zu dessen Firma 60 Mitarbeiter gehören, will auch in Zukunft dem Credo des Markenbegründers treu bleiben: Union-Uhren sollen alles haben, was eine Uhr schön und präzise macht, aber nichts, was sie teuer macht. Wie das Dürrstein gelungen ist und wie das seine Nachfolger jetzt machen, ist bis zum 2. April 2018 im Museum zu sehen. Die neue Jubiläumsuhr „1893 Johannes Dürrstein“ mit Stahlgehäuse kostet übrigens 2 350 Euro. Ab und zu erlaubt man sich bei Union aber auch Ausnahmen: So gibt es eine auf 125 Stück limitierte Goldvariante für 7 950 Euro.