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Eine Sternstunde für Görlitz

Die Uraufführung des Stückes „Come on, comet!“ im Görlitzer Theater warf eine der großen Menschheitsfragen auf – mit viel Witz und Lebendigkeit.

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© Nikolai Schmidt

Von Hans-Wilhelm Pietz

Görlitz. Kaum einmal habe ich ein Theater so mitgenommen von ausgelassener Spielfreude, pointiert-spritziger Zeitkritik und tiefer Weisheit verlassen wie unser Görlitzer Gerhart-Hauptmann-Theater am 24. Mai. Schüler des Augustum-Annen-Gymnasiums Görlitz hatten dort in einer begeistert aufgenommenen Uraufführung die theatralisch-ko(s)mische Weltuntergangs-Collage „Come on, comet!“ von Sebastian Ripprich (Text) und Tobias Menzel (Musik) zur Uraufführung gebracht. Sie war es wert, sie ist es wert, zum Stadtgespräch zu werden.

Die das Stück vorantreibende Frage gehört dann auch noch zu den großen Menschheitsfragen: Was würdest du tun, wenn morgen die Welt unterginge? Wie verändert sich dann das Leben, wenn deutlich wird: Der nächste Tag kann dein letzter Tag sein?

Wem diese Fragen schon einmal nahegekommen sind, der weiß: Entscheidend ist, wie sie begegnen. Wenn sie mit hocherhobenem Zeigefinger gestellt werden, dann wenden wir uns gelangweilt ab. Wenn sie mit steilen Vorwürfen garniert werden, machen wir zu. Aber wenn uns mit ihnen ein Spiegel vorgehalten wird, der zeigt, wie schön das endliche Leben und wie wunderbar die Liebe ist, wie lächerlich unsere Eitelkeiten und wie vergänglich das Machtgerassel der Mächtigen sind, dann passiert etwas.

Die in „Come on, comet!“ mit schöner Lebendigkeit begegnenden Tanzeinlagen und die von einem eingängigen Sound getragenen Lieder und Sprechgesänge lassen dabei immer wieder Zeit, die Einsichten, die das Stück bringt, aufzunehmen und mitzunehmen. Und am Ende kann man es kaum fassen, dass das nun Schülerinnen und Schüler waren, die Jugendlichen aus unserer Stadt, die die letzten Fragen der Menschheit mit den jüngsten so entlarvenden Attitüden des amerikanischen Präsidenten und dem Lob einer menschenfreundlichen Pädagogik zu verbinden wussten.

Die Hoffnung ist am wichtigsten

Also: Nur noch wenige Stunden – und ein Komet wird die Erde erreichen, aus der Bahn werfen, zerstören. Was nun? Das Stück zeigt in witzig zugespitzten Szenen, wie viele das gar nicht wahrhaben wollen, wie viele verzweifeln oder zur Flasche greifen. Es zeigt aber auch, was die Liebe vermag und dass Hoffnung trägt – noch im scheinbar Hoffnungslosen. Und die wichtigsten Worte der Menschheit, sind nicht die selbstgefälligen Worte über das eigene Können und die eigenen Leistungen, sondern die, die nach Freiheit schmecken und nach Gerechtigkeit, nach Glaube und Liebe und Hoffnung.

Am Ende zieht der Komet noch einmal an der Erde vorbei. Aber das Wissen darum, dass es in der Endlichkeit unseres Lebens auch so ganz anders werden kann als im Politik- und Wirtschafts-, im Beziehungs- und im Schulalltag der Gegenwart, das bleibt.

Mein Dank gilt allen, die sich da in Schule und Theater als Darsteller und Musiker für das Gelingen des Stücks eingesetzt haben. Mein Dank gilt Sebastian Ripprich und Tobias Menzel. Das Stück verdient es, weiter gespielt und weiter bedacht zu werden.

Unser Autor ist Pfarrer an der Innenstadtgemeinde in Görlitz.