Merken

Friedersdorferin fährt zur Buchmesse

Anhand von 1000 Briefen hat Rosemarie Zocher ihre Familiengeschichte verfasst – und dabei viel Neues erfahren.

Teilen
Folgen
NEU!
© Egbert Kamprath

Von Anja Ehrhartsmann

Friedersdorf. Die Hochzeit ihrer Eltern, die durch den Zweiten Weltkrieg getrennt wurden, die Auseinandersetzung mit ihrem Vater, der in Afrika stationiert war und den sie selbst nie kennengelernt hat, all das spielt eine Rolle im zweiten Band ihrer dreiteiligen Familiengeschichte, den Rosemarie Zocher am kommenden Sonnabend auf der Buchmesse in Frankfurt vorstellt.

„Als meine Mutter 2008 gestorben ist, ging eine große Kiste mit mehr als 1000 Briefen und Dokumenten an mich“, sagt die Friedersdorferin. „Ich habe gedacht, da muss man was draus machen, schließlich sind es ja Zeitzeugen“, schildert die 72-Jährige. So war die Idee geboren, daraus ein Buch zu machen. Ein Jahr lang habe sie dafür gebraucht, die Briefe chronologisch zu sortieren und alle zu lesen. In der Kiste entdeckte sie außerdem das Tagebuch ihres Vaters, der im Zweiten Weltkrieg verschollen ist und später für tot erklärt wurde. „Es war für mich ergreifend zu lesen, was mein Vater gedacht und gefühlt hat“, beschreibt die Friedersdorferin. Ihm so nahe zu kommen, zu erfahren, was er in Afrika erlebt hat, sei emotional und auch sehr interessant gewesen. Niedergeschrieben hat die 72-Jährige diese Episode im zweiten Band ihrer Trilogie.

Die drei Teile wurden unter dem Titel „Im Zeichen des Schützen“ veröffentlicht und umfassen die Familiengeschichte von 1920 bis 1966, die großteils in Gotha spielt. Alles beginnt damit, dass ihr Urgroßvater, ein Delikatessenhändler aus Leipzig, zu Geld kommt und das Hotel „Zum Schützen“in Gotha kauft. Später vermacht er es seinen beiden Töchtern – eine davon Rosemarie Zochers Oma. Diese führt das Hotel gemeinsam mit ihrem Ehemann weiter, bis es 1937 in Konkurs geht. Für ihre Mutter, damals 16 Jahre alt und in wohlhabenden Verhältnissen großgeworden, sei das ein großer Bruch gewesen, schildert Rosemarie Zocher. Obwohl sie selbst das Hotel als solches nicht mehr kennt, gibt es trotzdem eine enge Verbindung zum Haus. „Das Hotel stand bis nach dem Krieg leer und wurde dann Frauenklinik. 1966 wurde dort unser erster Sohn geboren“, sagt Rosemarie Zocher und lächelt. Da alle, um die es in den Büchern geht, einen direkten oder indirekten Bezug zum Hotel haben, sei ihr die Wahl des Buchtitels nicht besonders schwergefallen, erklärt die Hobby-Autorin.

Ihr Faible, Geschichten zu schreiben, begleitet Rosemarie Zocher schon ihr Leben lang. Schon in der Schule sei es für sie eher Belohnung denn Pflicht gewesen, Aufsätze zu verfassen. Das fiel auch ihrer Lehrerin auf, die sich sicher war: Du wirst einmal Schriftstellerin. Obwohl sie beruflich einen anderen Weg einschlug, sie wurde Kindergärtnerin, ließ sie der Gedanke nicht los, es einmal mit dem Schreiben zu versuchen. 2001 machte sie ein Fernstudium zur Autorin in Belletristik. Als die Briefe bei ihr landeten, beschloss sie, ihren Traum endlich umzusetzen. „Die Familiengeschichte einmal aufzuschreiben, spukte schon lange in meinem Kopf herum. Mit den Briefen hatte ich endlich eine gute Grundlage“, sagt die 72-Jährige. Geschrieben habe sie zunächst alles per Hand und dann erst auf dem Computer. Als die Manuskripte soweit fertig waren, suchte sie nach Verlagen im Internet. „Ich habe zehn angeschrieben und alle wollten die Geschichte drucken“, freut sich die Hobby-Autorin. Im Dezember 2016 hielt Rosemarie Zocher schließlich die ersten gedruckten Exemplare des ersten Bandes in den Händen. Eigentlich wollte sie damit vergangenes Jahr auf die Buchmessen nach Leipzig und Frankfurt. Doch dann erkrankte sie schwer. Zwischen zwei Operationen habe sie es trotzdem geschafft, ihr Buch in Leipzig vorzustellen. Dass nun Band zwei und drei ebenfalls fertig sind, ist für Rosemarie Zocher keine Selbstverständlichkeit. „Ich habe immer gedacht: „Du willst das noch fertig kriegen.“ Das habe ihr in dieser schweren Zeit keine Ruhe gelassen und ihr auf dem Weg der Besserung geholfen. Und wenn sie mit ihrem Mann zur Messe nach Frankfurt fährt, will sie einen Abstecher in Gotha machen. Denn obwohl von ihrer Familie heute keiner mehr dort wohnt, ist sie fest mit der Stadt verbunden.

Die Familientrilogie „Im Zeichen des Schützen“, ist im Romeon Verlag erschienen. Im Handel ist das Buch für 13,95 Euro erhältlich.

Band drei will Rosemarie Zocher im kommenden Jahr auf den Buchmessen vorstellen.