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Eine Fassade als Leinwand

Künstler Michael Fischer-Art bepinselt das neue Geopark-Besucherzentrum in Dorfhain. Das sorgt für Aufsehen.

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© Dirk Zschiedrich

Von Verena Schulenburg

Der Typ mit den weit offenen Augen hopst gerade herüber. Rings um ihn erstreckt sich der blaue Ozean – so weitläufig, dass man meinen könnte, die Polkappen seien bereits geschmolzen. Der bunte Kerl aber hat noch trockene Füße, hier an seiner Position in der Mitte Europas.

Er zeichnet vor, alle machen mit: Der Leipziger Künstler Michael Fischer-Art ist seit Donnerstag in Dorfhain, um die Fassade des Besucherzentrums aufzuhübschen. Dabei zeichnet er die Umrisse der Figuren vor. Einzelne Elemente werden dann verschiedenfarbig
Er zeichnet vor, alle machen mit: Der Leipziger Künstler Michael Fischer-Art ist seit Donnerstag in Dorfhain, um die Fassade des Besucherzentrums aufzuhübschen. Dabei zeichnet er die Umrisse der Figuren vor. Einzelne Elemente werden dann verschiedenfarbig © Andreas Weihs
© Andreas Weihs

Mitten in Europa liegt auch Dorfhain. Auf den kleinen, bisher kaum beachteten Ort am Tharandter Wald werden sich künftig mehr Blicke richten. Dafür sorgt derzeit Michael Fischer-Art. Der bekannte Leipziger Maler und Bildhauer hat am Donnerstag den Pinsel an die Hausfront auf der Talstraße 7 angesetzt. Seine Mission: 400 Quadratmeter Fassade mit etwa 250 Liter Acrylfarbe und Leben zu füllen.

Das Gebäude, an dem der Promi-Künstler für etwa vier Tage arbeitet, ist nicht irgendeines, sondern das künftige Besucherzentrum des geplanten nationalen Geoparks Sachsens Mitte. Es ist eine Initiative der Georado-Stiftung, die auf dem Gelände der einstigen Elektro-Fabrik von Elrado ihren Sitz hat. Ziel der Stiftung ist es, in naher Zukunft die Region mit ihren geologischen Besonderheiten, ihren Traditionen und Attraktionen touristisch und wirtschaftlich zu stärken. Ein Territorium von insgesamt neun Städten und Gemeinden soll die Region des künftigen Geoparks umfassen. Das Herz des Geoparks schlägt in der kleinsten Gemeinde, in Dorfhain. Hier, inmitten des Tharandter Waldes, entsteht auch das Besucherzentrum des neuen Geoparks – mit der unverwechselbaren bunten Fassadenkunst von Michael Fischer-Art.

Genau diese Art, wie er tristen Gebäuden eine farbenfrohe Hülle verleiht, hat den gebürtigen Leipziger bekannt gemacht. Im Sebnitzer Stadtzentrum beispielsweise bemalte Fischer-Art 2001 ein Wohnhaus. Der Vorlesungssaal im Hörsaalzentrum der TU Dresden trägt seine Kunst in einem Wandgemälde, genauso wie viele weitere Fassaden auf der gesamten Welt.

Die Idee, genau diesen Künstler auch die Hausfront des neuen Besucherzentrums in Dorfhain gestalten zu lassen, lag für den Stiftungsvorstand auf der Hand. In der Stiftung drehe sich alles um Bildung und Wissen, erklärt Jens Jähnig, genauso wie in etlichen Arbeiten von Michael-Fischer-Art. „Die Kernbotschaft dieser Fassade ist das Thema Werte“, sagt der gebürtige Dorfhainer und Unternehmer. Es sind auch Werte wie Handwerk, Tradition und Heimat, die sich in der Bildsprache an der Fassade wiederfinden werden.

Zum Beispiel diese kunterbunte Figur weiter oben, die mit einem Buch in der Hand auf dem Hocker sitzt. „Es geht darum, Wissen aufzunehmen und Wissen zu vermitteln“, erklärt der Künstler. Und es gehe um Achtung, um Achtung im gesellschaftlichen Miteinander, sagt Michael-Fischer-Art. Die großen wachsamen Augen seiner comic-artigen Figuren stehen für diese Aufmerksamkeit und Umsicht, die sich der Künstler wünscht. Aber nicht nur allgemeine Werte sollen auf der Fassade an der Talstraße ihren Platz finden. Besucher werden auch das eine oder andere Detail entdecken können, das für das Bewusstsein der Region steht.

Während Michael Fischer-Art bei seinem ersten Arbeitstag in Dorfhain lediglich noch von sechs Studenten der Dresdner Hochschule für Bildende Künste unterstützt wurde, wird es zum Wochenende turbulenter. Für Freitag hat sich der Höckendorfer Künstler Berthold Grahl angekündigt, der gemeinsam mit den Kindern des Dorfhainer Kinderheimes an der Fassade zum Pinsel greifen will.

Ab Freitag und bis Sonntag werden im Innenhof des Besucherzentrums noch etliche Künstler mehr aus der Region, ganz Deutschland und Europa tätig sein, unter anderem aus Griechenland, Italien, der Türkei, Rumänien, Slowakei und Polen, zählt Stiftungschef Jens Jähnig auf. Neben den rund 30 Künstlern, die am Sonnabend die Fassaden-Kunst unterstützen, können auch Besucher ab 12 Uhr zum bunten Spektakel vorbeischauen – und mit etwas Mut vielleicht selbst zum Pinsel greifen. Darüber hinaus werden einmalig an diesem Tag rund um das Thema Werte verschiedene Werke von 14 Künstlern in den Stiftungsräumen gezeigt, unter anderem von dem Berliner Harald Hoffmann de Vere und dem in Freital ansässigen Künstler Olaf Stoy. Die Sonderausstellung vereint Gemälde und Skulpturen aus Holz, Metall und Porzellan von regionalen wie internationalen Künstlern.

Michael Fischer-Art selbst wird zudem am Sonnabend einen Vortrag zu seiner Arbeit in Dorfhain halten und erklären, wie künstlerisch gestaltete Gebäude auf das Lebens- und Selbstwertgefühl der Menschen wirken. „Dorfhain kann Farbe gebrauchen“, sagt der 49-Jährige. Hier gehe es nicht nur darum, die Tristesse mit Pinseln aufzumischen, sondern dem Ort Schwung und Mut zu verleihen.

Mut sei auch ein zentrales Element in den Plänen zum Geopark Sachsens Mitte. „Was wir hier machen, ist mutig für Dorfhain, für die gesamte Region“, erklärt Jens Jähnig. Ein künftiger Besuchermagnet könne kaum stärker über die Region hinaus strahlen als mit Kunst von Fischer-Art.