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Eine einzigartige Kasernenstadt

Die Albertstadt hat eine militärische Vergangenheit. Die Offizierschule des Heeres erinnert noch heute daran.

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© Sammlung H. Naumann

Von Ralf Hübner

Obwohl sich das Militär aus der Öffentlichkeit weitgehend zurückgezogen hat und Uniformen im Stadtbild selten sind – in der Albertstadt hat es mit dem Militärhistorischen Museum und der Offizierschule des Heeres einige Stellungen behauptet. Vor 20 Jahren wurde am 14. September 1998 die Offizierschule eröffnet. Offiziere des Heeres aus ganz Deutschland kommen regelmäßig zu Lehrgängen nach Dresden. Unter den Teilnehmern befinden sich zurzeit auch Offiziere aus 18 Ländern.

Dresden hat nicht nur Zwinger, Frauenkirche und Semperoper, sondern mit der Albertstadt auch ein weithin einzigartiges Ensemble von Kasernenbauten. Wo jetzt auf dem Alaunplatz Menschen den Sonnenschein genießen, wurden einst Militärparaden abgehalten. Von 1873 an entstand auf dem bis dahin unbebauten Gelände der Hellerterrassen im Norden der Stadt eine eigenständige, moderne Kasernenstadt.

Einige Jahre zuvor war die sächsische Armee 1866, die während des Deutschen Krieges an der Seite Österreichs kämpfte, in Königgrätz von den Preußen geschlagen worden. Sachsen musste dem Norddeutschen Bund beitreten, die Armee unterstand nun im Falle eines Krieges dem einstigen Feind, dem König von Preußen.

Dem Verhandlungsgeschick des späteren sächsischen Kriegsministers Alfred Graf von Fabrice ist es zu verdanken, dass sich die Sachsen zumindest ein wenig Eigenständigkeit bewahren konnten. Schnell und reibungslos wurde die Armee auf Preußisch umgestellt. 1867 zeigte sich die sächsische Garnison bei einer Parade das erste Mal in den neuen Uniformen. Im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 gehörten die Sachsen zu den Siegern, was ihnen in der Geschichte nicht oft vergönnt war.

Die Garnison wuchs weiter an, von etwa 3 000 Mann 1855 auf etwa 10 000 Soldaten 1873. Das verursachte Platzprobleme. Als 1869 das Königlich-Sächsische Schützen-(Füsilier)-Regiment Prinz Georg Nr. 108 von Leipzig nach Dresden verlegt wurde, fehlten Unterkünfte. Die Soldaten wurden teilweise bei Einwohnern einquartiert. Deswegen wurde 1870 mit dem Bau einer Schützenkaserne oberhalb des Alaunplatzes begonnen. Ab 1873 werden die Arbeiten nach Vorstellungen von Fabrice weiter vorangetrieben.

Es entsteht eine mehr als drei Kilometer lange und bis zu 30 Meter breite Heer- und Paradestraße, die jetzige Stauffenbergallee, die Brücke über den Prießnitzgrund sowie viele Gebäude im Stile der Neo-Renaissance für Offiziere, ihre Familien und das Fußvolk. Schon 1879 ist die Albertstadt, benannt nach König Albert, zum größten Teil fertiggestellt. Es gibt eine Heeresbäckerei, ein Lazarett, das Militärpostamt, die Garnisonkirche, einen Friedhof und sogar ein eigenes Wasserwerk.

Zu den beeindruckendsten Gebäuden gehörte das Arsenal, das jetzige Militärmuseum. Dem Komplex schlossen sich entlang der Königsbrücker Straße Werkstätten für Rüstungsproduktion an. Die Albertstadt bleibt ein eigener Gutsbezirk und wird erst nach dem Zweiten Weltkrieg nach Dresden eingemeindet.

Auch die angesehene Kadettenanstalt, eine Art Gymnasium für angehende Offiziere, war in die Albertstadt verlegt worden. Die Kadettenanstalt wird 1920 aufgelöst und in eine Landesschule umgewandelt, ein Elitegymnasium. 1926 zieht in die Kaserne der Kadetten die Infanterieschule der Reichswehr ein. Diese war 1920 in München gegründet worden. Deren Offiziere hatten sich jedoch 1923 am Hitler-Putsch beteiligt. Deshalb wurde die Schule zunächst nach Ohrdruf in Thüringen und schließlich nach Dresden verlegt, das dadurch wieder zu einer wichtigen Garnisonsstadt wird. Zu den bekanntesten Lehrern der Infanterieschule gehört der spätere Generalfeldmarschall Erwin Rommel. In der Alberststadt lernten und dienten zeitweise auch Militärs wie Claus Graf Schenck von Stauffenberg, Ludwig Beck, Friedrich Olbricht, Hans Oster und Erwin von Witzleben, die durch ihre Beteiligung an der Bewegung des 20. Juli 1944 bekannt gewordenen sind.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Kadetten-Kaserne ab 1956 von Einheiten der 7. Panzerdivision der Nationalen Volksarmee und nach 1990 von der Bundeswehr genutzt, ehe 1998 die Offizierschule des Heeres in die ehemalige einzieht. Und auch wenn 2020 die Ausbildung in der Bundeswehr umgestellt wird, die Offizierschule soll bleiben. Andere Gebäude der Albertstadt dienen jetzt zivilen Zwecken als Landesfunkhaus des MDR, Gerichte, Stadtarchiv oder Supermarkt.