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Ein wenig zu wunderbar

Der MDR hat die neue Ermittlerin des Dresden-„Tatorts“ vorgestellt: eine Dresdnerin. Sie steht bereits seit zwei Wochen in der Stadt vor der Kamera.

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© Robert Michael

Franziska Klemenz

Jede Minute sei ein Staubkorn. „Goldstaub“, sagt die Pressechefin des MDR. So ist das während der Dreharbeiten von Filmen wie dem „Tatort“. Es soll schnell gehen, die Vorstellung der neuen Frau für das alte Team. Cornelia Gröschel heißt die Schauspielerin, die neuerdings als Ermittlerin Leonie Winkler vor der Kamera steht. An der Seite von Karin Hanczewski gehört sie fortan mit zum Dresdner „Tatort“-Team. Deren Chef gibt Martin Brambach. Märchen-Liebhaber können Gröschel aus „Die Schöne und das Biest“ kennen. Mit Brambach stand sie für „Willkommen bei den Honeckers“ vor der Kamera, und Krimi-Erfahrungen sammelte die 30-Jährige zuletzt bei „Donna Leon“.

Am 10. Oktober haben die Dreharbeiten in Dresden begonnen, Zeit ist jetzt also Staub. Wer an diesem grauen Mittwochmorgen aus dem Fenster blicken würde, sähe vielleicht Scheine vorbeiwehen. Die Blicke sind aber auf die Schauspielerinnen gerichtet, hochrangige MDR-Programm-Menschen stellen die Neue vor. So viel Zeit muss nach der Aufregung um den Dresden-„Tatort" sein. „Ich bin begeistert, von diesen beiden wunderbaren Frauen begleitet und umgeben zu sein“, schwärmt MDR-Fernsehfilmchefin Jana Brandt. Im Grunde sei das „Tatort"-Team ja weiterhin intakt.

Nun ja. Einen Takt mag es finden, das neue Team; aus einem friedlichen Abschied kam es nicht gerade empor. Dass die beliebte Ermittler-Stelle im einzigen Frauen-Duo des „Tatorts" frei wurde, verdankt Gröschel dem frustrierten Abgang ihrer Vorgängerin Alwara Höfels. „Unterschiedliche Auffassungen zum Arbeitsprozess und ein fehlender künstlerischer Konsens haben dazu geführt, dieses renommierte Format zu verlassen, da ich meine Verantwortung als Künstlerin ansonsten gefährdet sehe“, begründete Höfels ihre Entscheidung. Sich von ihren Kollegen vor der Kamera zu verabschieden, bedauere sie sehr.

Sechs „Tatorte" lang ermittelte sie als Oberkommissarin Henni Sieland, der letzte lief zu Pfingsten. Auf der Website des Dresden-„Tatorts" steht sie noch oben, bald wird ihr Gesicht auch dort ausgewechselt. Ein bisschen Zeit braucht eben auch die ARD, um sich an die Umbesetzung zu gewöhnen. In die siebte Folge des Dresden-„Tatorts" trägt Gröschel keine Anknüpfungspunkte ihrer Vorgängerin hinein, sie spielt die Neue im Revier.

Der Schnabel wird größer

Nicht so neu ist, dass sie frisch von der Polizeischule käme, es ist ihr erster Mordfall. Und dann gleich ein Serienmörder, den Ermittlerin Winkler finden muss. „Sie ist verwurzelt in Dresden, und ledig“, beschreibt Gröschel die Rolle, der sie ohne Angst begegnet sei: „Ich hatte nie das Gefühl: Oh Gott, ich muss mich behaupten als neue Ermittlerin im alten Team.“

Ob sie sich als Dresden-Ermittlerin wohler fühlen kann als Höfels? Gut möglich, verwurzelt ist sie jedenfalls. Im Gegensatz zu Hanczewski und Höfels ist sie auch im echten Leben geborene Dresdnerin. Über die persönliche Verbindung zu ihrem Drehort freue sie sich, sagt Gröschel. Über die Rückkehr in „meine Heimatstadt, wo ich meiner Familie und Freunden nahe bin“. Es sei, so zitiert sie die ARD, die Stadt ihrer „Wurzeln und Verbundenheit, Teenagererinnerungen und Jugendliebe“.

Wie ist das überhaupt mit so einer Rolle, wie viel Ich kann eine Schauspielerin einbringen? Jetzt spricht auch die an diesem Tag wohl wortkargste Teilnehmerin der Vorstellungsrunde, Alt-Ermittlerin Karin Hanczewski: „Man selbst versucht natürlich, seine Rolle zu entwickeln“, sagt sie. „Aber das Drehbuch ist vorgegeben.“ Wenn sich Formulierungen unnatürlich anfühlten, könne man je nach Regisseur Änderungswünsche durchsetzen. „Es ist schon ein Bild, an dem sehr viele Personen malen“, sagt Gröschel.

Einer bekommt seinen Wunsch, den Worten von Fernsehfilmchefin Brand zufolge jedenfalls erfüllt: Martin Brambach wird seine Rolle größer spielen, sich stärker einbringen. Er spielt den schnodderigen und noch nicht ganz in der modernen Welt von Digitalisierung und Geschlechtergleichheit angekommenen Kommissariats-Leiter Peter Michael Schnabel.

Oder wie Nanni Erben sagt: „Unser geliebter Schnabel.“ Schwärmereien sind der Produzentin der „Tatorte" von Dresden und Weimar an diesem Morgen lieb, die Schauspielerinnen bezeichnet sie als wunderbar und großartig. Ein wenig viele jubilierende Worte in so wenig Zeit. Davon scheinen alle noch mehr zu brauchen, für einen natürlichen und schnörkellosen Umgang mit der neuen Situation.

Nach Höfels muss man die Produzentin gezielt fragen. Sie bekommt kein „Großartig“. Ob man im Umgang mit den Schauspielerinnen denn was gelernt hat, nach dem Bruch? „Es ist im Leben ganz normal, dass Menschen gehen“, sagt Erben. „Man lernt mit jedem Film, mit jedem Projekt dazu. Jana Brandt nennt es normalen Umstand. Von verbrannter Erde will auch Karin Hanczewski nicht sprechen. „Ich finde es absolut schade, dass Alwara nicht mehr dabei ist“, sagt sie. „Ab einem gewissen Punkt muss man sich aber auf neue Kollegen einlassen. Ich bin stolz, weiterhin für das erste Frauen-Duo zu ermitteln.“