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Ein wachsamer Nachbar

Ein 73-Jähriger beobachtet Einbrecher, ruft die Polizei. Durch sein Eingreifen kann eine noch viel schwerere Straftat aufgeklärt werden.

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© privat

Von Jürgen Müller

Dresden. Es gibt viele Möglichkeiten, sein Haus vor Einbrechern zu schützen: ordentliche, stabile Türen, abschließbare Fenster, Gitter an den Kellerfenstern und Schächten, Rollläden, Alarmanlage, Videoüberwachung. Der beste Schutz sind freilich gute Nachbarschaft und ein wachsamer Nachbar.

So wie jener 73-jährige Mann, der im Februar dieses Jahres in der Küche steht, aus dem Fenster schaut und sieht, wie zwei dunkel gekleidete Gestalten über den Zaun des Grundstückes auf der anderen Straßenseite klettern. Ein Dritter in heller Kleidung kommt dazu. Als alle drei hinter das Haus laufen, ruft der Mann die Polizei. Denn er weiß, dass die Nachbarn an diesem Tag nicht zu Hause sind, die drei Gestalten auf dem Grundstück nichts zu suchen haben. Noch während er mit der Polizei telefoniert, kommen die drei zurück. Sie stehen unter einer Straßenlaterne, der Mann kann sie aus fünf Metern Entfernung gut erkennen, beschreibt sie als südländische Typen. Die laufen weiter in Richtung eines Parkes. Der Mann weiß, dass das Haus, in das die drei offensichtlich einbrechen wollten, mit einer Alarmanlage gesichert ist. Weil die auslöst, hauen die Täter ab.

Erst drei Monate zuvor war in das Haus eingebrochen worden. Was er nicht weiß, ist, dass die Täter in unmittelbarer Nähe einen weiteren Einbruchsversuch starten. Hier können sie zwar durch ein Kellerfenster eindringen, die Beute freilich ist gering: Nur ein paar tschechische Kronen im Wert von nicht mal 100 Euro und fünf Silberlöffel erbeuten sie. Dennoch wird einem der Bruch zum Verhängnis.

Die alarmierte Polizei nimmt den Mann in der Nähe des Tatortes fest. Er hatte offenbar „Schmiere“ gestanden. Die Festnahme hat für den Mann noch weitreichendere Folgen. Durch Datenabgleich kann nachgewiesen werden, dass er an einem Einbruch wenige Wochen zuvor in Radebeul beteiligt war. Dort war es ihm und einem unbekannten Mittäter gelungen, in eine Villa einzubrechen und Schmuck sowie eine Fotoausrüstung im Gesamtwert von mehr als 20 000 Euro zu erbeuten. Als die Hauseigentümer die Einbrecher überraschen, soll einer der Täter den Mann mit einem Messer angegriffen und dessen Frau ebenfalls verletzt haben, als diese die Polizei rufen wollte. Im Gerangel während der Flucht verliert der Mann Mütze und Schuhe.

Anhand der DNA-Spuren kann ihm die Tatbeteiligung nachgewiesen werden. Seit Anfang des Monats sitzt der Albaner wegen schweren räuberischen Diebstahls vor dem Dresdner Landgericht. Im Falle einer Verurteilung droht ihm nicht nur eine lange Haftstrafe, sondern auch die Abschiebung. Sein Asylantrag wurde längst abgelehnt. Danach tauchte der 24-Jährige unter, lebte nach eigenen Angaben ein Jahr in Dortmund. Warum er nach Dresden, der Stadt aus der er geflohen war, zurückkehrte, ist unklar. Angeblich hatte er Sehnsucht, weil er hier viele Freunde habe.

Den Einbruch in Radebeul gibt er zu, an den beiden anderen Taten will er nicht beteiligt gewesen sein. Grund für den Einbruch in Radebeul waren wohl Drogenschulden, die er an seinen Mittäter zahlen musste. Der ist auch Albaner, mehr wisse er von ihm nicht. Die Beute ist verschwunden.

Die Verhandlung wird am 16. Oktober fortgesetzt. Dann wird das geschädigte Ehepaar aus Radebeul in den Zeugenstand treten. Voraussichtlich wird es an diesem Tag auch das Urteil geben.