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„Ein total schwerer Verlust“

Stadtrat David Schmidt lebt nicht mehr. Der junge Mann hat nicht nur im Bündnis Buntes Radebeul viel bewirkt.

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Von Ines Scholze-Luft

Ein Abend im Asylbewerberheim in Radebeul-Naundorf. Noch ist das Bunte Radebeul kein Verein, nennt sich Menschenrechtsbündnis. Mitglieder, Gäste und Heimbewohner haben sich versammelt, beraten, was sie gemeinsam in den nächsten Monaten tun wollen. Unter ihnen Bündnismitglied und SPD-Stadtrat David Schmidt. Er spricht von der Zusammenarbeit mit dem Radebeuler Couragepreis-Verein, mit den Landesbühnen, mit dem Noteingang e.V. Und freut sich sichtlich, dass der Einsatz für die Asylsuchenden auf noch breitere Schultern gestellt werden kann. Das war vor einem reichlichen Jahr.

Blitzten seine dunklen Augen auf, wussten seine Gesprächspartner: Jetzt hat David Schmidt etwas besonders Wichtiges zum Thema zu sagen. Seine eher ruhige, leise Stimme verbarg nie die Entschlossenheit und das Engagement für die Dinge, denen er sich verschrieben hatte. Ob es um die Jugendarbeit ging, um Kulturelles oder um das Thema Asylbewerber.

Der Student der Sozialen Arbeit war in vielen Vereinen und Gremien aktiv. Darunter von 2005 bis 2010 als Vorsitzender im Noteingang, dem seit 1991 bestehenden und damit ältesten Jugendverein der Stadt. Seit 2009 als Stadtrat der SPD, der er seit 2004 angehörte. Und als Gründer und Vorstand im Bündnis Buntes Radebeul.

Im Internet-Netzwerk Xing schrieb er über sich selbst, dass er eine Möglichkeit sucht, die Welt ein wenig besser zu machen. Seine Krankheit ließ ihm keine Zeit mehr dafür. Am Dienstag ist David Schmidt an seinem 29. Geburtstag gestorben.

Einer seiner engsten Mitstreiter im Bunten Bündnis war der Radebeuler Grünen-Politiker Martin Oehmichen. Er hat ihn besucht im Krankenhaus und bei der Reha. Dabei ging es auch um die Arbeit für die Flüchtlinge. Über Erfolge wie beim Sprachunterricht für die Asylsuchenden hat sich David Schmidt sehr gefreut. Das habe ihn aufgebaut, sagt Oehmichen, der von der Herzerkrankung seines Mitstreiters wusste. Nun sei alles unerwartet schnell gegangen. „Ein total schwerer Verlust.“ Vor allem auch für Familie und Freundin. David Schmidt könne nicht ersetzt werden. Trotzdem wird das Bündnis auf jeden Fall weitermachen. „Das sind wir David schuldig.“

OB Bert Wendsche nennt den Tod des jungen Stadtrates ebenfalls sehr tragisch. Er kennt ihn aus der Arbeit an vielen Themen, ob im Couragepreis-Verein oder an einem Demokratieprojekt mit Coswig. David Schmidt war einer, der Ideen eingebracht hat, spontan war, sich aber auch wieder konstruktiv in die Runde der Stadträte einordnete, sagt der OB. Und bedauert es, dass mit David Schmidt eine menschliche Facette im Stadtrat fehlen wird.

„Wir kannten uns aus der politischen Arbeit“, sagt Innocent Töpper, Stadtrat der Grünen in Coswig. Er habe David Schmidt sehr geschätzt und könne das alles noch gar nicht richtig fassen. Auf Facebook schreibt Töpper: „Viel zu selten hatten wir Zeit, um gemeinsam Aktionen zu starten oder einfach mal gemütlich beisammen zu sitzen.“

Engen Kontakt zu David Schmidt hatte auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Susann Rüthrich aus Meißen. Das macht sie auf Facebook deutlich: „Du warst in meinem Unterbezirksvorstand, bei unseren Meißner Jusos: die kreativen, die lustigen, die eigentlich nicht (und dann doch) machbaren Ideen – die kamen von Dir. Und äußert jemand dummes Zeug, zu Asyl, zu ,Frauen und Männern’ – andere rollen die Augen oder sind irgendwie diplomatisch. Du nicht! Und das hat so gut getan.“ Und sie erinnert unter anderem an David Schmidts Einsatz zum Hochwasser – beim Informieren und Koordinieren über Facebook.

Die seit zwei Jahren in Radebeul wohnende Journalistin Karin Domann nennt David Schmidt eine „kleine Lichtgestalt“. Sie hatte ihn über das Bündnis Buntes Radebeul kennengelernt und so auch einen Asylbewerber aus dem Irak, den sie später bei der Wohnungssuche und Behördengängen unterstützen konnte. David Schmidt habe ihr gezeigt, dass es noch andere Radebeuler als die konservativen, sich selbst genügenden gibt.

„Ein sehr engagierter, streitbarer junger Mann“, sagt Radebeuls Jugendamtsleiter Elmar Günther über David Schmidt. Mit ihm habe man reden und etwas bewegen können. Wie im Bündnis Buntes Radebeul, wo er sich intensiv für Menschen einsetzte, die keine Lobby haben. Oder als es einst um neue Räume für den Verein Noteingang ging. Und um dessen Filmprojekt, für das er nicht nur Mitstreiter, sondern auch finanzielle Unterstützung suchte und fand.

Vieles in Radebeul ist mit David Schmidt verbunden. Er wird hier fehlen.