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Ein neuer Flughafen „in der Mitte von Nichts“

60 Millionen Euro hat Sachsen-Anhalt seit der Wende in Cochstedt investiert – obwohl es genügend andere Airports in der Umgebung gibt.

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Von Dörthe Hein

Viele hatten die Hoffnung auf einen Flugbetrieb in Cochstedt im Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt schon aufgegeben. 60 Millionen Euro investierte die Landesregierung in den ehemaligen Militärflughafen seit den 1990er-Jahren, ehe ein privater Investor vor vier Monaten das Gelände kaufte: für gerade einmal 1,5 Millionen Euro.

Gestern erhielt der Flughafen zwischen Magdeburg und dem Harz nun seine Betriebsgenehmigung. Damit können dort Flugzeuge nahezu jeder Größe starten und landen – rund um die Uhr. Der Linienbetrieb soll im Herbst beginnen: mit zwei bis drei Strecken in Richtung Südeuropa, zweimal in der Woche. Genaue Ziele gab die Flughafengesellschaft nicht an. Das solle „demnächst“ bekannt gegeben werden. Verhandlungsführer Eckart Bucher sagte: „Es geht um touristische Rennstrecken.“ Ziele wie Mallorca oder die Kanaren seien nicht auszuschließen. Bislang habe der Flughafen Abschlüsse mit drei Fluggesellschaften, darunter mit dem Auftragsflieger Hamburg International. Bucher zufolge sollen mit dem Sommerflugplan 2011 zwei weitere Airlines hinzukommen. Später seien auch innerdeutsche Verbindungen vorgesehen.

Neuer Eigentümer des ehemaligen sowjetischen Militärflugplatzes ist die Airport Development A/S mit Sitz in Kopenhagen. Dieser Gesellschaft gehört bereits der ebenfalls frühere Militärflugplatz Neuhardenberg nordöstlich von Berlin.

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) betonte, weitere Subventionen seien „für den Kernbetrieb“ nicht geplant. Sein für Verkehr zuständiger CDU-Kabinettskollege Karl-Heinz Daehre sagte aber bereits weitere Hilfen zu. Das Land kümmere sich um eine bessere Verkehrsanbindung. Derzeit werde die Bundesstraße 81 von Magdeburg in Richtung Harz vierspurig ausgebaut. Zudem gebe es eine weitere Ortsumgehung.

Daehre zufolge fügt sich Cochstedt in das mitteldeutsche Luftverkehrskonzept von Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen ein. Der neue Flughafen ergänze insbesondere das Angebot von Leipzig-Halle.

Die Grünen kritisieren, das Land baue Konkurrenz in eigener Sache auf. Sachsen-Anhalt sei ja auch am Flughafen Leipzig/Halle beteiligt. Die Linke bläst ins selbe Horn: Sinkende Gästezahlen in Leipzig würden dort die Betriebskosten erhöhen, was Zuschüsse der Eigentümer notwendig mache. Daran habe sich dann auch Sachsen-Anhalt zu beteiligen.

Die Mitteldeutsche Flughafen AG reagierte gelassen auf die neue Konkurrenz. „Cochstedt ist in der Mitte von Nichts“, sagte ein Sprecher. Die Betreiber des neuen Flughafens müsstem zudem noch Millionen investieren, etwa in die Einrichtung einer Zoll- und Passkontrolle, Feuerwehren und Tankanlagen.

Bucher will Passagiere aus einem Umfeld von bis zu 200 Kilometern nach Cochstedt locken. In diesem Umkreis befinden sich bereits die Flughäfen von Hannover, Erfurt, Altenburg, Leipzig/Halle und Berlin. Bei 200000 Passagieren im Jahr beginne sich der Flughafen zu rechnen, hieß es. Co-Investor Peter Solbeck kündigte den Aufbau eines temporären Terminals an, ehe der Flugbetrieb startet. Auch der Frachtbereich soll aufgebaut werden. Ein drittes Standbein sie die Flug-Ausbildung. 150 Arbeitsplätze sollen entstehen. (dpa/SZ)