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Ein Netz gegen Hagel

Beim Obstbau Görnitz wird der Wetterschutz gerade aufgebaut. Allerdings ist vor wenigen Tagen schon Schaden entstanden.

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© Norbert Millauer

Von Ines Scholze-Luft

Coswig. Auf der Ostseite der Plantage zwischen Elbgau- und Cliebener Straße werden die in der Sonne silbern glänzenden Netze gerade auf die dafür installierten Drähte gehoben. Einige Baumreihen zuvor klipsen Mitarbeiter des Obstbauunternehmens Görnitz die Bahnen über dem Weg zwischen den Bäumen zusammen.

Unübersehbar die Einschläge des Hagels vor knapp zwei Wochen.
Unübersehbar die Einschläge des Hagels vor knapp zwei Wochen. © Norbert Millauer

Ohne Hagelschutznetz ist der Anbau wie ein Lotteriespiel, sagt Geschäftsführer Michael Görnitz. Deshalb erhalten die Äpfel auf insgesamt neun Hektar nun eine Art Dach aus feinmaschigem Kunststoff. Mit Längs- und Querdrähten, Haupt- und Nebensäulen. Und mit dem Netz, das nicht nur heftigen Niederschlag abwehren soll, sondern auch eine Schattierungsfunktion hat. Allein fürs Material werden 200 000 Euro investiert.

Dass sich der Einsatz lohnt, davon ist Michael Görnitz mehr denn je überzeugt. Hat er doch gerade wieder erfahren, wie unvermittelt Unwetter zuschlagen kann. Am vorletzten Junisonnabend. Er habe gerade auf dem Feld gestanden, erzählt der Obstbauchef und zeigt auf die Apfelbaumreihen. Keine Hitzefront, kein Gedanke an Hagel, bei 13, 14 Grad Celsius. Dann quasi aus dem Nichts die ersten Körner, etwa acht Minuten Hagelschauer zwischen Brockwitz und Neusörnewitz. Durchschlagene Blätter, beschädigte Äpfel. Punkte und Dellen vor allem an den Früchten auf der Westseite, der Hauptwindrichtung.

Was bedeutet: keine Äpfel Klasse eins. Die Flecken wachsen mit. Das ist dann Saftware. Mit nicht so erfreulichen Aussichten. Denn erwartet werden für den Industriebereich Erlöspreise von zwei bis vier Cent pro Kilogramm, auf acht Cent belaufen sich schon die Pflückkosten. Der Schaden: eine sechsstellige Summe. Das Unternehmen kann das verkraften, sagt Michael Görnitz. Weil es in vielen Bereichen aufgestellt ist und die erste Saison erfolgreich verlief. Auch dank Tröpfchenbewässerung und Beregnung. Denn wo Wasser fehlt, sieht es schlecht aus für die Kulturen. So auf einer Görnitzschen Aronia-Plantage in Kötitz, da fallen die Früchte ab, weil es keine Bewässerung gibt.

Die Äpfel unterm Schutznetz zeigen sich bis auf die Hagelkratzer gut gewachsen, frühe wie spätere Sorten – ohne zusätzliche Wasserzufuhr sähe das anders aus. Auch relativ späte Sorten wie Pinova werden diesmal eher erntereif sein, im September statt im Oktober, sagt der Obstexperte. Und verbindet das mit einer guten Nachricht für die Kunden. Gibt es doch dieses Jahr Saft- und Angebotsware, das heißt, Endverbraucher können leicht beschädigte Äpfel zu einem sehr günstigen Preis kaufen, kündigt er an. Da wird noch mal sortiert, und davor legt das Obstbau-Team ebenfalls Hand an in der Plantage. Beispielsweise beim Vereinzeln der Äpfel für eine angenehme Fruchtgröße.

Auch die Erdbeeren haben was abbekommen vom Hagel, aber wenig. Sie lassen sich noch zwei Wochen ernten, ebenso Stachel- und Johannisbeeren, Heidelbeeren noch länger. Wobei immer mal ein prüfender Blick zum Himmel geht, für Freitag sind Gewitter angekündigt. Wetterextreme als Folgen des Klimawandels verwundern Michael Görnitz nicht. Bis vor einigen Jahren gab es im Durchschnitt einen halben Hagelschlag pro Jahr, jetzt, 2018, sind es schon drei in kurzer Zeit an einer Stelle.

Die Superlative überschlagen sich, ein wärmster Monat folgt dem nächsten, ein Jahrhundertsommer dem anderen. Die immer stärkere Intensivierung der Landwirtschaft, als Folge des Preisdrucks durch die Vermarkter, macht die Natur kaputt, ist sich der Obstbauchef sicher. Der Hagelschutz soll helfen, die Folgen für seinen Betrieb zu mildern. Durch mehr Sicherheit für die Produktion.