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Ein Monat Heimaturlaub fürs Bauen

Frank Kindermann verbrachte seine ersten Lebensjahre im Schloss Hainewalde. Nun hilft er beim Wiederaufbau.

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© Rafael Sampedro

Von Elke Schmidt

Hainewalde. Gleich bei ihrem ersten Besuch im Neuen Schloss Hainewalde sind Frank Kindermann und Martina Wetzel in den Förderverein zur Erhaltung des Kanitz-Kyaw’schen Schlosses eingetreten. An sich ist das nichts Ungewöhnliches, aber die beiden leben im fast 700 Kilometer entfernten Remscheid. Sie kommen eigentlich nur zum Urlaub in die Oberlausitz, den sie seitdem ganz selbstverständlich auf die Arbeitseinsätze im Schloss abstimmen. Für den gebürtigen Hainewalder ist das nicht nur Ehrensache, sondern auch ein Privileg.

Die Turmspitze beim Abbau. Nächstes Jahr kommt sie voraussichtlich wieder auf das Dach.
Die Turmspitze beim Abbau. Nächstes Jahr kommt sie voraussichtlich wieder auf das Dach. © SZ Archiv

Frank Kindermann verbrachte seine ersten sechseinhalb Lebensjahre dort und er liebte diese Zeit. Nach der Wende verschlug es ihn in jedoch den Westen und er verlor das Paradies seiner Jugend aus den Augen. Erst als er mit seiner damaligen Freundin Martina Wetzel seine alte Heimat besuchte, wollte er ihr auch den Ort zeigen, wo er groß wurde. Zufällig war Tag des offenen Denkmals, das Wetter war schön und so schauten sie mal vorbei.

Aus diesem Vorbeischauen ist inzwischen eine dauerhafte Beziehung geworden. Sie sind nicht nur zahlende Mitglieder im Schlossverein, sondern einmal im Jahr zu Arbeitseinsätzen hier. Dieses Jahr haben sie sich dafür sogar einen ganzen Monat freigenommen. Als Arbeit sehen sie das aber nicht an. Für Frank Kindermann ist das Schloss ein Stück Heimat, das auf jeden Fall erhaltenswert ist. „Selbst wenn ich hier nicht gewohnt hätte, würde ich helfen“, sagt er. Er tut das für seinen ehemaligen Heimatort Hainewalde.

Er und seine Lebenspartnerin finden das Engagement des Schlossvereins bewundernswert. Den Einheimischen fallen sie manchmal gar nicht mehr auf, aber sie sehen bei ihren Besuchen im Jahresabstand die vielen Fortschritte.

Für sie gab es deshalb keinerlei Zweifel, das Vorhaben zu unterstützen. „Wir hatten nicht gewusst, dass es so etwas noch gibt“, sagen die beiden. Sie meinen damit, dass sich jemand so sehr für seine Heimat engagiert und die liebenswürdigen und freundlichen Menschen. Sie seien sehr herzlich aufgenommen worden. Selbst von Fremden würden sie angelächelt und das kennen sie aus Remscheid überhaupt nicht.

Jan Zimmermann, der Vorsitzende vom Schlossverein, findet das dagegen überhaupt nicht ungewöhnlich. „Wir sind begeistert und voller Anerkennung“, sagt er. Die beiden opfern regelmäßig ihren Urlaub, übernehmen alle möglichen Aufgaben und sind dabei immer gut gelaunt. Das sei bewunderungswürdig und Grund genug, die beiden Helfer anzulächeln.

Für Martina Wetzel gibt es aber noch einen weiteren Grund, gerne in die Oberlausitz zu kommen. Sie hat sich regelrecht in die wunderschöne Gegend mit ihren winzig kleinen, liebevoll hergerichteten Umgebindehäusern verliebt.

Auch werde ihr im Schloss nie langweilig, sagt sie. Wenn sie ausnahmsweise mal Muße hat, stellt sie sich vor, wie es früher hier gewesen sein mag, als der kleine Frank durch die großen Flure und Hallen lief. Geschichten wie die vom Dreirad werden dann in ihrem Geist lebendig. Der Junge sah im Allzweckladen von Linke Max ein Dreirad mit seinem Namen daran. Vom Bezahlen hatte er damals noch keinen rechten Begriff und so nahm er das wundervolle Spielzeug einfach mit. Er schleppte es die vielen Stufen zum Schloss nach oben, dann noch bis zur Wohnung in die zweite Etage und präsentierte es stolz den Eltern. Seinem Vater sei das Herz gebrochen, als er ihm das Dreirad wegnehmen musste, aber später habe er diese Geschichte gern erzählt.

Das sei jedoch die einzige schlechte Erinnerung an die Zeit im Schloss. Für Kinder sei es einfach ideal gewesen. Nicht nur das Haus ist riesig, auch der Garten war wunderbar zum Stiften gehen geeignet. Wenn er nicht gefunden werden wollte, hatte seine Mutter keine Chance. Auch für andere Dinge war das alte Gemäuer gut. Schon als Kind musste Frank Kindermann eine Brille tragen und das gefiel ihm überhaupt nicht. Also versteckte er sie immer wieder unter den Stufen, die vom Garten zum Schloss heraufführen. Er schob sie soweit darunter, dass niemand sie mehr hervorholen konnte. Der Optiker kannte ihn bald und brauchte gar nicht mehr zu fragen, weswegen er diesmal kam.

Auch eine ihrer schönsten gemeinsamen Erinnerungen verbinden Martina Wetzel und Frank Kindermann mit dem Hainewalder Schloss. Als sie sich kirchlich segnen ließen, feierten sie anschließend im Schloss. Ganz standesgemäß in mittelalterlicher Kleidung. Davon berichten sie immer noch ganz begeistert. Der Schlossverein habe alles sehr liebevoll hergerichtet und ihnen einen wunderschönen Tag geschenkt.

Wenn es nach ihnen ginge, würden sie am liebsten ihr Jahr je zur Hälfte in Remscheid und in Hainewalde verbringen und sich noch mehr engagieren. Hätte sie das nötige Kleingeld, würde Martina Wetzel das Schloss sogar kaufen. Für sie beide würde sie einen Flügel oder das Gartenhaus herrichten und vor allem den größten Teil des Schlosses und den Garten für die breite Öffentlichkeit zugänglich machen. Beides sei einfach zu schön und zu wertvoll, um ausschließlich privat genutzt zu werden, findet sie. Sie hat ein Faible fürs Mittelalter und könnte sich gut vorstellen, hier entsprechende Märkte, aber auch Konzerte, Ausstellungen und Ähnliches zu veranstalten. So lange es aber noch nicht so weit ist, werden sie weiterhin hier her kommen und helfen, wo sie können. Zum Aufsetzen der Turmspitze im nächsten Jahr sind sie sicher wieder da.

Schloss Hainewalde, Kleine Seite 31, nächster Arbeitseinsatz: 21. Oktober, ab neun Uhr, Jeder Helfer ist willkommen, eventuell Arbeitshandschuhe mitbringen.