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Ein Kalifornier will Karstadt neu einkleiden

Der US-Textilunternehmer Max Azria bringt neue Mode in die Kaufhäuser – zur Freude der Kunden, zum Ärger der Lieferanten.

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Von Nora Miethke

Dresden. Für Nicholas Berggruen ist die Karstadt-Kaufhauskette eine „ältere Dame“, die er verjüngen will. Berggruen hat Geld, Erfahrung mit dem Immobilienmarkt, kennt sich mit Kunst aus. Aber im Handel ist er ein Neuling. Also wer kleidet die ältere Dame Karstadt ein, damit sie frischer und attraktiver wirkt?

Dafür hat sich Berggruen den Designer Max Azria an seine Seite geholt. Er und seine Unternehmensgruppe BCBG Max Azria sollen nach Abschluss des Kaufs das operative Geschäft übernehmen und 20Prozent von Karstadt besitzen.

Wer ist Max Azria? Selbst Kenner der Modeszene antworten auf die Frage: „Nie gehört.“ Ein Nichtwissen, das nicht für sie spricht. Denn so anlehnungsbedürftig, wie sich Max Azria gern auf Fotos an seine ukrainische Frau Lubov gibt, ist er als Unternehmer nicht. Der Franzose, der in Tunesien geboren wurde, in Paris aufwuchs und 1981 in die USA auswanderte, hat allein einen weltweit aktiven Textilwarenkonzern aufgebaut. Der erste Satz auf der Internetseite lautet: „Die BCBG Max Azria-Gruppe nimmt die Welt im Sturm“.

Weltweites Handelsnetz

Das stimmt. 1989 in Kalifornien gegründet, führt das Unternehmen heute mit 15000 Beschäftigten mehr als 500 Produktionsbetriebe und 1200 Ladengeschäfte weltweit, sechs davon in Deutschland. BCBG Max Azria entwirft, entwickelt, fertigt und vermarktet komplette Kollektionen von Damenmode und Accessoires. BCBG steht dabei für „bon chic, bon genre“, den französischen Ausdruck für „geschniegelt und gebügelt“ oder „piekfein“. Der 61-jährige Designer hat ein Groß- und Einzelhandelsnetz von etwa 13500 Verkaufsstellen über fünf Kontinente gespannt. In den Bilanzen steht der Wert von 22 Mode-Marken, darunter Max Azria, Hervé Leger, Dorothée bis und Manoukian. Seine Auslandsexpansion betreibt das Unternehmen in erster Linie über den Erwerb von Modehäusern, die in Schwierigkeiten geraten sind. Der Umsatz erreichte vergangenes Jahr umgerechnet 1,6 Milliarden Euro.

Azria kam als Sohn eines jüdischen Olivenöl-Produzenten eher zufällig zum Gewerbe mit der goldenen Schere. Er will mit seiner ansprechenden und bezahlbaren Mode in erstklassiger Qualität vor allem die modisch interessierte Frau zwischen 25 und 40 Jahren einkleiden. Dank eigener Shops in anspruchsvollen Kaufhäusern rund um den Globus, ob nun bei Macy’s in New York, Lane Crawford in Hongkong oder dem Kadewe in Berlin, sollen sich die besser betuchten Kundinnen den Flug nach Paris und Mailand sparen können.

Angelina Jolie trägt Max Azria

Nach eigenen Angaben haben Filmstars wie Angelina Jolie oder Demi Moore etliche Max-Azria-Kostüme im Kleiderschrank. In Deutschland ist der Modespezialist erst seit eineinhalb Jahren präsent, als er die Marke Donaldson übernahm. Der Bekanntheitsgrad soll sich nun durch das Engagement bei Karstadt schnell erhöhen. Starten will Max Azria dort erst einmal mit seiner preiswertesten Marke Manoukian. Ab 1. August soll es sie in 14 Karstadt-Kaufhäusern, darunter auch in Dresden und Leipzig, zu kaufen geben – unabhängig davon, wie Berggruens Verhandlungen mit dem Vermieter-Konsortium Highstreet über niedrigere Mieten ausgehen. Die sind festgefahren. Berggruen hat den Karstadt-Insolvenzverwalter gebeten, die Frist für eine Einigung bis 30. Juli zu verlängern.

Sollte es endgültig zur Übernahme kommen, wird Azria nicht nur die Mode auf den Kleiderstangen austauschen. Auf Anfrage der SZ hieß es in seiner Europa-Zentrale in Paris, die Karstadt-Kaufhäuser werden sich künftig auf Mode, Sport, Kosmetik und Wohn-Accessoires konzentrieren. Das Sortiment soll klarer und moderner werden. Ziel sei, „Karstadt auf die Höhe der Zeit“ zu bringen, kündigte Azria in der „Financial Times Deutschland“ an. Von den Karstadt-Lieferanten erwartet er mindestens um drei Prozent niedrigere Einkaufspreise als Beitrag zum Überlebenskampf. Insgesamt ist Azria für die Zukunft von Karstadt optimistisch. Wenn die Mieten ausreichend gesenkt würden, schätzt er die Überlebenschancen der 120 Jahre alten Warenhauskette auf mehr als 90 Prozent.