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Ein Grozer im Volleyball

Wuchtig, tätowiert, erfolgreich: Wenn es in dem Sport einen Star gibt, dann ist es Georg Grozer. In Dresden trifft der Top-Angreifer auf Olympiasieger Brasilien.

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© Nordphoto/Conny Kurth

Von Michaela Widder

Die Zeit mit den Jungs in Deutschland ist begrenzt, und Georg Grozer genießt sie in diesen Tagen besonders. Daran ändert auch nichts, dass er sich mit seinen 33 Jahren als Opa des Teams fühlt, der sich mittlerweile Pausen in der Nationalmannschaft gönnt. So wie in diesem Sommer, der für die deutschen Volleyballer wegen der verpassten WM-Teilnahme keinen großen Saisonhöhepunkt hatte.

Für zwei Länderspiele gegen Brasilien unterbricht Grozer jedoch seinen Urlaub. Das erste Aufeinandertreffen fand Freitag in Leipzig (nach Redaktionsschluss dieser Seite) statt, am Sonntag steigt in Dresden das zweite Duell. „Ich habe die Pause mental nach einem schweren Jahr mit vielen Spielen gebraucht. Ich wollte mehr Zeit für Familie und Freunde haben“, sagt er.

Im deutschen Team ist der 2,01 Meter große Angreifer der unumstrittene Star, der bekannteste deutsche Volleyballspieler – und mit seinen Tattoos der auffälligste sowieso. Schon sein Vater, Georg Grozer senior, war ein Ausnahmekönner, aber auch eine Diva, wie man sich in Moers erzählt. In dem Spitzenklub der 1990er-Jahre war „Hammer-Schorsch“ oft angeeckt, kam daher auch nur auf wenige Einsätze in der Nationalmannschaft.

Hammerschorsch, der Zweite

Anders der Sohn, der ebenso einen ungarischen Pass besitzt, aber schon 152 Mal Länderspiele für Deutschland absolvierte. Die harten Schläge hat Grozer junior vom Vater geerbt, aber nicht die impulsive Art. Der hatte seinen Filius in Moers mal zwei Jahre trainiert, eine schwierige Konstellation.

Den jungen Angreifer zog es in die Welt hinaus, der Nationalspieler wurde Meister in Deutschland, Polen, Russland und China, spielte in Südkorea und Katar. Mit Belgorod gewann er die Champions League und die Klub-WM. Seit 2008 führt Grozer ein gut dotiertes Profileben, er ist weltweit eine Institution am Netz und kann sich aussuchen, für welchen Klub er spielt. Die vergangene Saison schlug er im sibirischen Nowosibirsk auf, für die nächsten beiden Jahre unterschrieb er in St. Petersburg.

Ein Angebot aus Brasilien, dem Land des Olympiasiegers, hat er abgelehnt. Obwohl es „eine neue Herausforderung“ gewesen wäre, entschied er sich noch mal für die russische Liga, für die er international die meisten Partien absolviert hat. „Ich mag Russland, das hohe Niveau dort. Petersburg war jetzt Zweiter und will wieder was gewinnen, das reizt mich.“

Das Leben eines Weltenbummlers hat auch Schattenseiten. Die ersten Trainingswochen im Klub sind „immer wieder sehr schwer. Man hat nur noch den Sport, aber irgendwie gewöhnt man sich dann doch dran“. Seine beiden Töchter Leana und Doreen leben in Moers. Die Trennung von der Familie über Monate führte immer mehr zu Problemen. „Wir müssen unser Privatleben neu sortieren, das braucht noch ein bisschen Zeit.“

Grozer war in Thailand in Urlaub und hat viel mit seinen Kindern unternommen – „mal ganz ohne Sport“. Seit Kurzem wohnt Grozer in der Nähe von Budapest. In Ungarn ist er geboren und hat dort mit dem Volleyball angefangen. Seine Mutter und ein Teil der Familie leben noch dort.

Olympia 2020 noch als großes Ziel

Eine Zukunft in seiner ungarischen Heimat kann er sich gut vorstellen. Er würde gern als Trainer arbeiten. Doch die nächsten Jahre will Grozer noch in seine Volleyballkarriere investieren, Olympia in Tokio ist sein Ziel. „Wenn wir uns im Januar 2020 dafür aber nicht qualifizieren, höre ich in der Nationalmannschaft definitiv auf“, sagt der Olympiafünfte von London.

Ohne den Starangreifer waren die deutschen Männer im Juli 2017 im letzten Qualifikationsturnier gescheitert, verpassten erstmals seit 2002 eine WM. Zur EM in Polen ein paar Wochen später meldete sich Grozer zurück und steuerte in fünf Spielen unglaubliche 117 Punkte bei. Am Ende gewann die Mannschaft von Andrea Giani das erste EM-Silber in der deutschen Volleyballgeschichte. Von dem neuen Bundestrainer und Rekordnationalspieler aus Italien hält er viel. „Er war ein hochkarätiger Volleyballer und hat auf fast alles eine Antwort. Das ist eine gute Combo, macht Spaß.“

Grozer spürt, wie ihm die Teamkollegen zuhören, er will der jungen deutschen Mannschaft noch einiges an Erfahrung mitgeben. Trotzdem muss der Angreifer, dessen Aufschläge mit 130 km/h weltweit gefürchtet sind, seine Einsätze gut dosieren. „Jetzt geht es mir blendend, der Körper braucht aber ab und zu eine Pause.“

Auch der Kopf. Deshalb pflegt er seine Männer-Hobbys. Grozer sammelt Bacardi-Rum-Flaschen aus der ganzen Welt, mittlerweile sind es 120, und hat mit seinem 1966er Dodge Charger einen Oldtimer in der Garage stehen. Die Zeit der Ausfahrten ist vorbei, nach dem Länderspiel in Dresden und einer kurzen Pause fliegt Grozer nach St. Petersburg zu seinem neuen Klub. Der Abschied wird wieder schwerfallen.

Das Spiel findet am Sonntag, 16 Uhr, in der Ballsportarena statt. Wenige Karten gibt es noch an der Tageskasse.