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Ein Einzeltäter am Geldautomat?

Wegen Skimmings in der Altmarkt Galerie wurde nun ein 26-Jähriger verurteilt. Ob er Teil einer Bande war, konnte nicht nachgewiesen werden.

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© dpa (Symbolfoto)

Von Alexander Schneider

Für Hauptkommissar Steffen Schmieder von der Dresdner Kripo ist der Fall klar. Die Bande stammt aus Bulgarien, und Lyuben T., der 26-jährige Angeklagte, gehört irgendwie dazu. Seit Mitte Juni hat nun auch das Landgericht Dresden versucht, die Frage nach T.s Mittätern zu beantworten. Lyuben T. musste sich wegen bandenmäßigen Fälschens von Zahlungskarten, kurz Skimming, verantworten. Doch das mit der Bande war dem Angeklagten nicht nachzuweisen. Am letzten Sitzungstag hat das Gericht daher die „bandenmäßige Begehungsweise“ der T. vorgeworfenen Taten eingestellt.

T. hat Ende Juli 2016 zwei Geldautomaten in der Altmarkt Galerie manipuliert. Er brachte ein Aufsatzgerät über dem Geldeingabeschlitz an, sodass die auf den EC-Karten gespeicherten Daten von Bankkunden unbemerkt ausgelesen wurden. Gleichzeitig nahm eine winzige Videokamera in diesem Gerät, dem sogenannten Skimmer, die Pin-Eingabe der Kunden auf – und schon hatten die Täter alles, was sie brauchten, um die Konten der ausgespähten Bankkunden abzuräumen. Die so erlangten Daten müssen nur noch decodiert und in einen computerlesbaren Code umgewandelt werden, ehe die Täter sie auf neue Kartenrohlinge aufspielen können. Dazu braucht es eine gewisse Expertise.

Wohl eine Schutzbehauptung

Für erfahrene Ermittler wie Steffen Schmieder, er zählt zu den bundesweit erfolgreichsten im Bereich Skimming, ist die Masche nur als Bande vorstellbar. Läufer bringen den Skimmer an Geldautomaten an, Casher heben das Geld mit den gefälschten Rohlingen ab, Techniker verwandeln die ausgespähten Daten – und darüber hinaus gibt es Spezialisten, die die Skimming-Bauteile herstellen.

Lyuben B. hat jedoch bestritten, Teil einer Bande gewesen zu sein. Er behauptete, er habe im „Darknet“, einem anonymen Bereich des Internets, jemanden gefunden, der ihm die Daten umwandelt – für fünf bis zehn Dollar pro EC-Karten-Satz. Das mag ihm plausibel vorgekommen sein, zumal das Gericht es nicht widerlegen konnte – doch Kommissar Schmieder kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Denn Skimming ist nach polizeilicher Erfahrung die ausschließliche Spezialität von Banden oder Familienclans aus Rumänien und Bulgarien. Einer der Gründe, die T.s Version als Schutzbehauptung enttarnen, ist, dass T. als Casher noch im August 2016 die gefälschten EC- und Kreditkarten auf der Insel Bali, Indonesien eingesetzt hat. Er erbeutete rund 6 000 Euro – das ist sehr wenig, wenn er davon den Flug und eine mindestens vierstellige Summe an einen unbekannten IT-Spezialisten zahlen musste.

Das Gericht verurteilte T. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Die Staatsanwaltschaft hatte deutlich mehr gefordert, Verteidiger Michael Sturm deutlich weniger. Für T. jedoch ist es noch nicht zu Ende. Der Mann, der seit 2012 in Berlin gelebt hatte, soll dort mehrfach an Geldautomaten aufgefallen sein. Und auch in Dresden wird noch gegen T. ermittelt – Skimming in der Altmarkt Galerie im Dezember 2016, Abhebungen wieder auf Bali, Schaden: mehr als 12 000 Euro.