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Ein Amerikaner rebt den Pirnaer Elbhang auf

Die ersten 35 Rebstöcke sind in die Erde gebracht. Nicht irgendwelche, sondern eine kaum bekannte, uralte Sorte.

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© Daniel Förster

Von Daniel Förster

Pirna. Eine schon ausgestorben geglaubte Rebsorte soll am Elbhang in Pirna-Copitz heimisch werden: der Grüne Adelfränkisch. Anna und Robert Reimann haben die Weinstöcke ausgewählt. Die beiden wohnen in Dresden und haben vor gut neun Monaten in Copitz rund 2 000 Quadratmeter Land gekauft – zwischen der Postaer Straße am Fuße und dem Burglehnpfad oben an der Kante des Elbhanges.

Neben ein paar Nadelriesen stehen bisher zwei, drei alte Gartenhäuschen mit Terrasse und ein Swimmingpool auf dem steilen, von Sandsteinmauern durchzogenen Grundstück. Noch vor Monaten war das Areal, das zuvor von Kleingärtnern genutzt wurde, dem Wildwuchs überlassen. Das Ehepaar war und ist fasziniert von dem Fleckchen Erde mit bestem Blick auf die Pirnaer Altstadt und auf die Elbe. „Wir haben uns in Pirna verliebt“, sagt Robert Reimann, ein US-Amerikaner.

Als Eigentümer des Radreiseveranstalters Bike Sherpa in Dresden haben ihn und seine Frau viele Touren in die Sächsische Schweiz geführt. „Einige Jahre lang haben wir nach einem passenden Grundstück gesucht.“ Jetzt wurden sie fündig. „Eine Kombination aus Pirna und Sächsischer Schweiz mit der superschönen Landschaft sollte es sein. Überwältigt und bestärkt haben uns die netten Leute aus der Nachbarschaft mit ihrem Gemeinschaftsdenken.“

Die Parzellen am Elbhang haben sie inzwischen zu einem großen Ganzen verbunden. „Hier war Wein und hier soll es wieder Wein geben, so wie es ursprünglich war“, sagt Robert Reimann. Der 52-Jährige hat deutsche Wurzeln, erblickte in Manhatten, New York, das Licht der Welt, ist auf Long Island in New York aufgewachsen und zur Schule gegangen, hat unter anderem Internationale Beziehungen, Internationale Wirtschaft und Internationale Sicherheit studiert und später in der Finanzbranche gearbeitet, ehe ihn die Liebe nach Dresden verschlug. 2016 haben er und seine Frau geheiratet – in New York.

Als das Paar auf dem Grundstück in Copitz begann, Ordnung zu schaffen, entdeckten die beiden eine Weinkiepe. „Das ist der beste Beweis dafür, dass hier früher Wein angebaut wurde“, sagt Robert Reimann. Das Ehepaar möchte nun Stück für Stück den Hang wieder aufreben. Der Weinberg soll etwas Besonderes werden, weshalb sich die Reimanns zum Start nicht für eine der gängigen Sorten entschieden haben, sondern für eine sogenannte Ursorte, die laut Weinexperten schon vor rund 5 000 Jahren kultiviert wurde, im 8. Jahrhundert in Mähren nachweisbar ist und von dort in die deutschen Weinbaugebiete importiert wurde. 35 Reben vom „Grünen Adelfränkisch“ sind nun der Neuanfang.

Mit tatkräftiger Unterstützung vom Verein Pirnaer Weinfreunde hat das Paar kürzlich die alte Rebsorte gepflanzt um ihr in Copitz eine neue Heimat zu geben. Bis allerdings der erste Wein geerntet werden kann, gehen zwei, drei Jahre ins Land. „Wir alle sind auf diese historische Weinsorte schon sehr gespannt“, sagt Bernd Schlag aus dem benachbarten Niederposta. Der 73-Jährige gehört zu den Pirnaer Weinfreunden.

Geht es nach ihm und den Vereinsmitgliedern, soll der gesamte Copitzer Elbhang wieder aufgerebt werden. „Wir wollen das Gelände von der Stadtbrücke bis hinter nach Posta zum Pirnaer Weinviertel machen“, betont Bernd Schlag immer wieder. „Alle, die hier am Hang ein Grundstück haben oder wohnen, sollten sich überlegen, ob sie nicht auch Wein anbauen. Ein Anfang wäre gemacht, wenn jeder wenigstens eine Rebe hat“, sagt der engagierte Senior. Interessenten könnten ihn oder auch andere Vereinsmitglieder jederzeit ansprechen. Immerhin ist der Copitzer Elbhang eine alte Weingegend, hier beginnt die Sächsische Weinstraße.

Die Reimanns indes wollen noch mehr - mehr. „Wir müssen noch Birnenbäume anpflanzen“, sagt Robert Reimann, der genauso wie seine 51 Jahre alte Ehefrau Immobilien in Dresden und Radeberg managt. „Im Stadtwappen hat Pirna Birnenbäume. Und die wollen wir auch bei uns.“

Feiern und Weinberg schauen

Die Weinblüte ist zwar seit einigen Tagen vorbei, und doch wollen die Pirnaer Weinfreunde, gemeinsam mit der Initiative Posta, Mockethaler Grund und Pirnaer Straße und dem Team vom künftigen Copitzer Ranunkelhof sie nunmehr feiern.

Wein, Musik, Tanz, Spiel und Geselligkeit stehen am Sonnabend, 9. Juni, von 15 bis 21 Uhr, auf dem Programm. Im Ranunkelhof am Hauptplatz sowie an den nahegelegenen Copitzer Elbwiesen wartet ein besinnliches Familienfest mit edlen Tropfen von Winzern entlang der Elbe. Musikalische Akzente setzen die Musiker von „Tonstaub“ aus Dresden. Die Gastgeber servieren selbst gebackenen Kuchen und schenken Kaffee aus, haben auch Alkoholfreies parat und manch künstlerische Kleinigkeiten zum Schauen oder Kaufen.

Das „Produktwerk Graupa“, die Werkstatt für behinderte Menschen der Dorfgemeinschaft Dittersbach in Graupa, präsentiert an ihrem Stand Handarbeiten. Jüngere Besucher finden Kurzweil bei traditionellen Kinderspielen wie Eierlaufen, „Huppekästl“ und Sackhüpfen.

Auch am Sonntag, 10. Juni, zum „Tag der offenen Gartenpforte“ in Pirna und Umgebung, wird am Copitzer Elbhang etwas los sein. Neben anderen Anwohnern öffnen auch Anna und Robert Reimann ihr Gartengrundstück, das erste Mal heißen sie oberhalb der Postaer Straße 3a die Öffentlichkeit willkommen. „Auf der obersten Terrasse, nach 152 Stufen, feiern wir das 100-jährige Jubiläum eines fast im Original erhaltenen Gartenhauses mit Wein vom benachbarten Winzer“, sagt Robert Reimann, der mit seiner Frau neben edlen Tropfen auch Kirschen anbieten will.