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Durch Döbeln stiefeln

Die Stadt frischt den Stummen Stadtrundgang auf. Der alte kannte noch nicht einmal den Riesenstiefel.

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© Dietmar Thomas

Von Jens Hoyer

Döbeln. Taufrisch war er wirklich nicht mehr, der sogenannte Stumme Stadtrundgang in Döbeln. Die Tafeln an historisch interessanten Stellen im Stadtgebiet, zu denen auffällige gelbe Stiefelabdrücke führen, entsprachen teilweise nicht mehr den Tatsachen. So war am Obermarkt von „Schienenresten“ der ehemaligen Pferdebahn die Rede, die bis zur Neugestaltung des Platzes dort tatsächlich im Pflaster lagen. Mittlerweile sind aber richtige Schienen verlegt. Und die Bahn rollt auch wieder – und das schon seit über zehn Jahren. Seit 2005 war der stumme Stadtrundgang nicht aktualisiert worden.

Der 1925 geschaffene Riesenstiefel ist erst 2010 von der Burg Mildenstein nach Döbeln ins Rathaus zurückgekehrt.
Der 1925 geschaffene Riesenstiefel ist erst 2010 von der Burg Mildenstein nach Döbeln ins Rathaus zurückgekehrt. © Dietmar Thomas
Die Glocke aus Stahlhartguss waren 1921 gestiftet worden. 2012 wurde sie gegen eine Bronzeglocke getauscht.
Die Glocke aus Stahlhartguss waren 1921 gestiftet worden. 2012 wurde sie gegen eine Bronzeglocke getauscht. © Dietmar Thomas
Ein Stück Industriegeschichte stellt die VR-Bank dar. Das Haus war 1926 als Konsum-Bäckerei errichtet worden.
Ein Stück Industriegeschichte stellt die VR-Bank dar. Das Haus war 1926 als Konsum-Bäckerei errichtet worden. © Dietmar Thomas

Dabei wurde er grundsätzlich für gut befunden. Die gelben und roten Stiefelspuren durchs Stadtgebiet wecken die Neugier der Besucher, meint Jürgen Dettmer, der vor 17 Jahren die Idee für den Stadtrundgang hatte. Er brachte sie aus Hannover mit. „Die haben dort eine rote Linie durch die Stadt. Wir wollten aber in Döbeln nicht auf dem Strich gehen“, sage Dettmer. Und so wurden die Stiefelabdrücke auf dem Pflaster eingeführt: Gelbe geben den Weg vor, rote markieren den Standort der Hinweistafeln.

Dettmer übernimmt regelmäßig Stadtführungen durch Döbeln. Vor allem Reisegruppen melden Bedarf an, den das Mitglied der Arbeitsgruppe Döbelner Heimatfreunde gern befriedigt. Erst kürzlich habe er Reisegruppen aus Bautzen durch Döbeln geführt, die einen Ausflug in die Gaststätte Nicolaner in Obergoseln unternommen hatten.

Alle, die nicht mit Dettmer durch die Stadt stiefeln wollen, können das ganz individuell tun. Die Stadt hat einen neuen Flyer für den Stummen Stadtrundgang herausgebracht. Die Auflage von 5 000 Stück reicht eine Weile. Jürgen Dettmer und Danielle Bennemann haben den Stadtrundgang überarbeitet und erweitert. Die Sparkasse hat das Vorhaben mit einer nicht genannten Summe unterstützt. Das Sparkassenhaus Erich Heckel, ein architektonischer Hingucker, ist in den Stadtrundgang mit aufgenommen worden – das gab es 2005 noch nicht. Ebenfalls aufgeführt ist jetzt das Handwerkerrelief in Meyers Hof, 1991 vom Meißner Künstler Lothar Sell geschaffen. Die Goldne Sonne ist dazugekommen, Döbelns einstiges Vorzeigehotel. 2005 noch verfallen, jetzt liebevoll restauriert. Die Flyer gibt es im Stadtmuseum, der Stadtinfo, dem Stadtarchiv und der Bibliothek. Außerdem sollen noch Kästen aufgehängt werden, damit Gäste auch am Wochenende an die Flyer kommen.

Der Rundgang von 2005 hatte noch 28 Stationen, beim aktuellen sind es 36. Darunter sind auch einige Hinweistafeln an den Häusern des Döbelner Immobilienunternehmers Wolfgang Müller. Bei der Auffrischung der städtischen Tafeln sind auch Erfahrungen der vergangenen Jahre mit eingeflossen. Die Hinweistafeln von 2005 waren mit der Zeit verblasst, bis sie fast völlig unleserlich wurden. „Dabei war uns gesagt worden, dass sie UV-beständig sind“, sagte Angela Petzold vom Kulturamt der Stadt. Die neuen Tafeln sollen länger halten. Sieben Stück waren im vergangenen Jahr angeschraubt worden – allein vier am Lutherplatz, wo es eine Ballung der historisch interessanten Objekte gibt. In diesem Jahr werden sieben weitere verschlissene Hinweistafeln ausgewechselt.

Auch die Stiefelspuren müssen regelmäßig erneuert werden. „Da bleibt der Bauhof aber dran“, lobt Angela Petzold. Als am haltbarsten hat sich Straßenmarkierungsfarbe erwiesen – allerdings hält auch diese nur schlecht auf Granitpflaster und -platten. Bleibt noch eine Frage zu klären: Welche Schuhgröße haben die Stiefelabdrücke eigentlich? Angela Petzold weiß es nicht. Aber sie erinnert sich, wem sie gehören. Der Sohn einer Mitarbeiterin der Stadtverwaltung, damals noch im jugendlichen Alter, hatte seine Schuhabdrücke dafür spendiert.