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Dürre im Forstgarten

Hitze und Trockenheit haben der Flora im Tharandter Forstgarten arg zugesetzt. Während Gärtner nonstop gießen, müssen andere Projekte ruhen.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Verena Schulenburg

Tharandt. Die Rhododendren haben ihre Blätter zum Schutz eingerollt und lassen sie hängen. Überall auf den Wegen liegt Laub, dazwischen Bucheckern und winzige Kastanien, die eigentlich noch lange nicht bereit für den Abwurf waren. Etliche Bäume im Forstbotanischen Garten in Tharandt kämpfen derzeit ums Überleben.

Nicht nur Pflanzen dürstet es. Auch dieses Rotkehlchen sucht Wasser und findet es beim Gießen der Bäume.
Nicht nur Pflanzen dürstet es. Auch dieses Rotkehlchen sucht Wasser und findet es beim Gießen der Bäume. © Karl-Ludwig Oberthür
Sie hat Wasser im Gepäck: Gärtnerin Aline Wagner tourt mit Multicar und Brunnenwasser durch den Forstgarten.
Sie hat Wasser im Gepäck: Gärtnerin Aline Wagner tourt mit Multicar und Brunnenwasser durch den Forstgarten. © Karl-Ludwig Oberthür
Die Esskastanie, der Baum des Jahres 2018, leidet unter der Trockenheit. Viele Blätter sind bereits braun.
Die Esskastanie, der Baum des Jahres 2018, leidet unter der Trockenheit. Viele Blätter sind bereits braun. © Karl-Ludwig Oberthür

Nachdem im vorigen Winter die Orkanböen „Herwart“ und „Friederike“ zu erheblichen Sturmschäden in dem gesamten Areal geführt haben, hat nun die Dürre der vergangenen Monate der Vegetation arg zugesetzt. „Viele Bäume und Pflanzen sind deutlich geschwächt. Wir hoffen, dass sie durchkommen“, sagt Ulrich Pietzarka, Kustos des Forstgartens.

Vor allem für Rotbuche, Birke, einige Ahornarten und die Esskastanie, den Baum des Jahres, sei es kein gutes Jahr. „Dabei kommt gerade die Esskastanie ursprünglich aus Südeuropa und müsste mit Hitze ganz gut zurechtkommen“, sagt Pietzarka. Selbst vielen Sträuchern, die im Unterstand und damit durchaus im Schatten größerer Bäume stehen, ist die massive Trockenheit anzusehen. Der Tharandter hofft, dass die Pflanzen, die bereits Knospen fürs kommende Jahr angesetzt haben, dieses Jahr nicht mehr neu austreiben. Die jungen Triebe könnten Schaden nehmen, wenn daraufhin abrupt Frost folgt.

Um nun zu retten, was zu retten ist, sind bereits den ganzen Sommer über fünf Mitarbeiter in dem etwa 35 Hektar großen Gelände unterwegs und bewässern. „Normalerweise machen wir das nicht“, sagt er. Aber ohne Wasser würde alles eingehen, vor allem die Jungpflanzen. Diese haben noch ein relativ kleines Wurzelwerk und können sich bei dieser extremen Trockenheit kaum selbst versorgen. Gegossen werde also nur das Nötigste. Mehr sei auch nicht zu schaffen.

Seit 1811 gibt es den Forstbotanischen Garten in Tharandt, der als Forschungseinrichtung der TU Dresden und beliebtes Ausflugsziel zu den ältesten wissenschaftlichen Gehölzsammlungen der Welt zählt. Um die zum Teil sehr seltene Pflanzensammlung vor größeren Schäden zu bewahren, gießen die Gärtner derzeit tagtäglich bis zu 35 Kubikmeter Wasser. Anders ausgedrückt sind das mehr als 230 volle handelsübliche Badewannen.

Aus dem häuslichen Wasserhahn kommt diese enorme Menge aber nicht. „Wir sind an ein altes Brunnensystem von 1835 angeschlossen“, erklärt Ulrich Pietzarka. Dieses befinde sich inmitten des Tharandter Waldes, etwa anderthalb Kilometer vom Forstbotanischen Garten entfernt. Über unterirdische Leitungen wird das Lebenselixier von dort in den Park gepumpt. Mit Schläuchen und Multicar, der eine Wasserzisterne bugsiert, werden ein großer Teil des Forstgartens und auch die junge Pflanzenzucht im Gewächshaus bewässert – allerdings nicht das komplette Gelände. Teilweise muss das Wasser auch aus einem Teich im Forstpark entnommen werden. Letzterer hat schon 20 Zentimeter an Wasserstand verloren. „Viel mehr können wir hier nicht entnehmen“, sagt der Kustos. Sonst sinke durch die zugleich weitere Erwärmung des Wassers dessen Sauerstoffgehalt und das Ökosystem kippe. In dem Teich leben auch Amphibien. „Wenn es nicht bald nachhaltig regnet, müssen wir auf Trinkwasser zurückgreifen“, sagt er.

Auch wenn die Dürre für viele Pflanzen und Bäume enormen Stress bedeutet, gibt es Arten, die den trockenen Sommer besser wegstecken, zum Beispiel die Kiefern in der russischen Sammlung aus Fernost. „Auch die nordamerikanischen Gehölze stehen noch recht gut da“, sagt der Tharandter. Es bestehe deshalb noch Hoffnung für die berühmte Laubfärbung des Indian Summers, die alljährlich Anfang Oktober in diesem Bereich des Gartens zu sehen ist. Aue-Baumarten oder die Zweifarbige Eiche scheinen sich an Wetterextreme besser anpassen zu können. Wie gut diese in solchen sogenannten Weiserjahren klarkommen, wird noch Grundlage der Beobachtungen in der Forschungseinrichtung sein.

Viel Zeit zum genaueren Hinsehen hatten die Mitarbeiter im Forstgarten bisher aber noch nicht. Auch nicht für Projekte, die sie sich für dieses Jahr vorgenommen hatten. „Wir wollten eigentlich für die Studenten ein Kräuterbeet anlegen und die Wege im Garten mit Sand auffüllen“, erzählt Ulrich Pietzarka. Doch nachdem es im Frühjahr darum ging, die Sturmschäden vom Winter zu beseitigen, ist das ganze Forstgarten-Personal eben nun damit beschäftigt zu gießen oder die Wege wenigsten vom vorzeitigen Laubfall etwas zu beräumen. „Wir müssten hier und da auch mal mähen“, sagt er. Aber bei 30 Grad aufwärts sei diese Arbeit keinem Mitarbeiter zuzumuten. „Die Einschränkungen im Pflegezustand des Gartens müssen wir jetzt in Kauf nehmen“, sagt Pietzarka.

Den Tharandter treibt aber noch eine ganz andere Sorge um: „Ich hoffe nicht, dass durch die Dürre ein Feuer entzündet wird.“ Der damit einhergehende Verlust an seltenen Pflanzen wäre nicht zu beziffern. Im gesamten Forstgarten gilt zwar ein striktes Rauchverbot. Dennoch finde sich hin und wieder eine Kippe am Wegesrand. Leider gebe es Gäste, die das Verbot missachten, weil sie die Lage unterschätzen.