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Drogen-Bestseller kommt ins Theater

Das Staatsschauspiel inszeniert „9 Tage wach“ von Eric Stehfest. In Freital hatte der Fernsehstar seine erste Hauptrolle.

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© Thomas Morgenroth

Von Thomas Morgenroth

Freital. Zwischen Sunny und Chris ist es aus, das Traumpaar aus der RTL-Serie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ trennt sich. Das Ende der Beziehung, das die Drehbuchschreiber für eine der Folgen im Oktober vorgesehen hatten, geht sogar den Stars Valentina Pahde und Eric Stehfest nahe, die als Sunny und Chris vor der Kamera ein sehr enges Verhältnis hatten. Für die Fans geben die Schauspieler Tipps, wie man am besten mit Liebeskummer umgeht und sprechen dabei aus eigenen Erfahrungen.

So holt die Fiktion die Realität ein, es sind Geschichten mitten aus dem Leben. Manchmal allerdings sind diese so krass, dass sie unglaubwürdig wirken, wenn sie denn nicht tatsächlich einer erlebt hätte. Die Geschichte von Eric Stehfest ist so eine. Der in Possendorf und Freital aufgewachsene heutige Fernsehliebling hatte sich zehn Jahre lang an die Droge Chrystal Meth verloren und wäre fast daran gestorben. Seinen Höllenritt, der für ihn im Alter von nur 14 Jahren begann und erst nach einem Entzug endete, beschreibt er in seinem autobiografischen Roman „9 Tage wach“, der im vergangenen Jahr erschienen ist.

Es ist ein Bestseller geworden, der jetzt am Staatsschauspiel Dresden in einer Fassung von John von Düffel auf die Bühne kommt. Regie führt Sebastian Klink, der zuletzt unter anderem in der Volksbühne Berlin mit „Exodus“ einen Text von DJ Stalingrad inszenierte. Klink, für den es der erste Auftrag in Dresden ist, bedient sich für „9 Tage wach“ ungewöhnlicher audiovisueller Mittel. Der Musiker Kriton Klingler-Ioannides wird zum Beispiel seine eigenen Kompositionen live spielen, und Christian Rabending wird die Protagonisten bei ihren Drogenexzessen permanent in Nahdistanz filmen. Das Publikum kann die Bilder in Echtzeit sehen. „Wie in einem Brennspiegel“ will Klink so die Wahrnehmungsverschiebungen fokussieren.

„Ich will den Wahnsinn vor allem über die Körper der Menschen erzählen“, sagt Klink, der seinen Darstellern Eva Hüster, Jannik Hinsch und Moritz Kienemann in dem zweistündigen Drama einiges abverlangt. „Das ist ein Kraftakt, der bis zur physischen Erschöpfung führt.“ Für Klink ist es eine Herausforderung, einerseits die Gefährlichkeit der Drogen herauszuarbeiten, anderseits aber nicht von vornherein mit der Moralkeule zu kommen.

Das Stück soll vor allem ein junges Publikum erreichen, und das funktioniert nur, meint Klink und zitiert Brecht, wenn das Theater auch Unterhaltung bietet. Ohne dabei das Thema zu verwässern. „Dafür ist es viel zu ernst“, sagt er. „Ich bin Anfang vierzig und in der DDR aufgewachsen, Chrystal war für mich kein Thema. Aber was ich nun bei meinen Recherchen erfahren habe, ist ziemlich erschreckend, besonders in Sachsen.“ Nicht ohne Grund kooperiert das Staatsschauspiel bei „9 Tage wach“ mit dem Projektteam von „Kulturjahr Sucht“ der Landeshauptstadt.

„Ich bin froh, dass meine Geschichte ins Theater kommt“, sagt Eric Stehfest, der auch bereits an einer Verfilmung arbeitet. In diesen Tagen traf sich der 29-Jährige, der mit seiner Frau und seinem Sohn in Berlin lebt, das erste Mal mit den Schauspielern Moritz Kienemann und Jannik Hinsch in Dresden – an der Scheune in der Neustadt, einem der Orte, an denen Stehfest als Süchtiger rumhing. „Chrystal Meth war das Medium, um Grenzerfahrungen zu machen, das wussten die Nazis schon im Zweiten Weltkrieg“, erzählte er den Kollegen, die zwar in ihrer Jugend zur Punk-Szene gehörten, mit dieser Droge aber nicht in Berührung kamen. Und nach Stehfests Geschichte froh sind, dass sie die Qualen der Sucht nur auf der Bühne spielen müssen.

Im Theater hat Eric Stehfests Karriere begonnen, in der Spielbühne Freital. Seine erste Hauptrolle hatte er dort 2005 in „Das Spiel von Liebe und Zufall“. Später spielte er einen Offizier in „Hass im Herzen“, beides unter der Regie von Mario Grünewald, der damals zum Ensemble des Staatsschauspiels in Dresden gehörte. „Ohne ihn wäre ich kein Schauspieler geworden“, sagt Stehfest, der wie Grünewald und auch Hinsch in Leipzig Schauspiel studierte.

Kurz nach seinem Abschluss 2014 wird Eric Stehfest zu Chris Lehmann in „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, und das will er auch vorerst bleiben. Nun wieder solo.

„9 Tage wach“, Uraufführung im Kleinen Haus des Staatsschauspiels am 10. November, 19.30 Uhr.