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DRK greift Landratsamt an

Die Vergabe des Rettungsdienstes steht in der Kritik. SPD und Grüne lassen das Verfahren prüfen.

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© Stephan Jansen/dpa

Von Peter Anderson

Meißen. Die vier im Landkreis aktiven Vereine des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) haben sich jetzt mit einem sechsseitigen Schreiben an Landrat Arndt Steinbach (CDU) und die Kreisräte gewandt. Anlass ist das Verfahren zur Vergabe des Rettungsdienstes im Kreisgebiet. Die Frist für Bieter läuft in Kürze aus. Ausgeschrieben ist ein Zeitraum von sechs Jahren.

Derzeit werden die vier Wachenbereiche von der DRK Großenhain GmbH, der Riesaer Elbland gGmbH, der Malteser Hilfsdienst gGmbH in Meißen sowie der Johanniter-Unfall-Hilfe in Radebeul betrieben. Letztere beiden Bieter waren Anfang 2018 eingesprungen, da die DRK-Tochter Rettungsdienst Meißen gGmbH ihre Aufgaben aufgrund von Personalproblemen nicht mehr erfüllen konnte.

Die Hauptkritik der vier DRK-Vereine richtet sich gegen die Vorgaben des Vergabeverfahrens. Das sogenannte sächsische Blaulichtgesetz sehe vor, dass Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz eng miteinander verknüpft werden sollten, schreiben die Rotkreuzler. Mit den vom Landratsamt angeführten Kriterien werde das enge Band zwischen Rettungsdienst und Ehrenamt jedoch „nachhaltig“ zerrissen. „Nach den veröffentlichten Vergabeunterlange wird der ehrenamtliche Teil des Bevölkerungsschutzes ganz offensichtlich nur noch als ‚notwendiges Übel’ betrachtet.“ Dies widerspreche dem Willen des Landesgesetzgebers. Das Ehrenamt, das auf einer freiwilligen und selbstlosen Bereitschaft basiere, werde vermeintlichen haushaltspolitischen Sparzwängen geopfert.

Weiterhin verweisen die vier DRK-Verbände darauf, dass der Kreis vor der Vergabe des Rettungsdienstes prüfen müsse, ob die künftigen Betreiber der Wachen auch ein Großschadensereignis wie ein Hochwasser oder ein Flugzeugunglück bewältigen könnten. Darüber habe sich das Landratsamt jedoch hinweggesetzt. In der Folge sei der Bevölkerungsschutz in der Region bedroht. Abschließend heißt es: „Die Tatsache, dass alle am Bevölkerungsschutz Mitwirkenden aufeinander angewiesen sind ..., wird bei der jetzigen Rettungsdienstvergabe vollständig missachtet.“

Auf offene Ohren stößt die Kritik beim Vorsitzenden der Kreistagsfraktion von SPD, Bündnisgrünen und Piraten Thomas Gey (SPD). „Der Gesetzgeber hat extra die Möglichkeit geschaffen, das Vergabeverfahren so zu gestalten, dass das Ehrenamt gestärkt wird“, so der Kommunalpolitiker. So wäre es zum Beispiel machbar gewesen, die Notfallseelsorge mit aufzunehmen. Diese wird bei Katastrophen wie dem Elbehochwasser 2002 von vielen Ehrenamtlichen unterstützt. Das sei jedoch unterblieben, sagt Gey. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Martin Oehmichen (Bündnisgrüne) erinnert an die Pleite, welche der Kreis erst kürzlich mit den durch Unterfinanzierung ausgelösten Personalschwierigkeiten bei der DRK-Tochter Rettungsdienst Meißen gGmbH erlebt habe. Oehmichen fragt, weshalb nicht durch hohe Vorgaben bei Bezahlung, Urlaub und Arbeitsbedingungen von vornherein verhindert würde, dass sich ein solches Desaster wiederhole.

Unisono bemängeln Gey und Oehmichen, dass die Kreisräte das Vergabeverfahren zum Rettungsdienst nicht mitgestalten durften. Im letzten Verfahren sei zum Beispiel generell in Kauf genommen worden, dass 10 000 Einwohner des Kreises nicht innerhalb der vorgegebenen zwölf Minuten versorgt werden könnten. „Es hätte doch diskutiert werden müssen, ob wir das tatsächlich so akzeptieren oder nicht 100 Prozent anstreben wollen“, sagt Oehmichen.

Thomas Gey kündigte an, prüfen zu lassen, ob es in diesem Fall legitim war, den Kreistag außen vor zu lassen. Hinweise darauf, dass dies nicht zulässig war, liefert ein Schreiben der Langwieser Rechtsanwälte aus Berlin. Es handelt sich dabei um eine Rüge im laufenden Ausschreibungsverfahren. Die Zuständigkeit für die Vergabe von Leistungen bei Gesamtkosten von mehr als 2,5 Millionen Euro liege beim Kreistag, heißt es darin. „Wenn das Verfahren tatsächlich gekippt wird, dann hätten wir angesichts der kurzen Zeitspanne ein richtiges Problem“, so Fraktionschef Gey.

Das Landratsamt Meißen kündigte bis 18. Juli eine Stellungnahme an.