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Dresdner reparieren selbst

Anstatt kaputte Sachen wegzuwerfen, helfen sich die Leute in einem Café in der Neustadt einfach selbst.

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© Norbert Millauer

Von Felix Dümcke

Es summt, es klopft, es zischt. In der Louisenstraße 72 herrscht ein buntes Treiben. Vorn wird zerbrochenes Geschirr zusammengeklebt, weiter hinten tüfteln Leute an einem kaputten Navigationsgerät, und im Raum nebenan näht Christine Schulz die Hose ihrer Oma enger. Die 31-Jährige ist mit ihrer Großmutter einer Meinung: Nur weil sie abgenommen hat, muss noch lange keine neue Hose her.

So denken viele im Louisenkombinaht, das jeden dritten Donnerstag im Monat den Raum für die Repair-Café-Initiative stellt. „Die Stecker an Staubsaugern gehen häufig kaputt. Aber deswegen muss man keinen neuen kaufen“, sagt Michael Eichner. Der 60-Jährige ist seit dem Umzug der Selbsthilfewerkstatt von der Löbtauer Wernerstraße in die Neustädter Louisenstraße im Januar Teil der Gruppe. „Ich bastle einfach gern“, sagt der studierte Elektroniker. Er kennt sich mit allen möglichen technischen Sachen aus und hilft den Besuchern, ihre Geräte zu reparieren – sofern das noch möglich ist, versteht sich. Viele Elektrogeräte hätten nämlich von vornherein eine begrenzte Lebensdauer, erklärt Eichner.

Das geht auch aus der Studie „Geplante Obsoleszenz“ der Arge Regio Stadt- und Regionalentwicklung GmbH hervor, in der drei Wirtschaftswissenschaftler diverse Geräte auflisten, die von ihren Herstellern so konstruiert wurden, dass sie möglichst schnell nicht mehr funktionieren. Unauswechselbare Akkus bei elektrischen Zahnbürsten, leicht biegbare Reißverschlüsse und die Installation wärmeempfindlicher Elektrolytkondensatoren in der Nähe hitzeabgebender Bauteile sind nur einige der aufgeführten Beispiele.

„Im Kapitalismus wird dadurch Wachstum generiert. Wir sollen möglichst oft neue Produkte kaufen“, sagt Carsten Ungewitter. Der 43-Jährige war schon im Repair-Café aktiv, als es sich noch in der Wernerstraße befand. Er sieht im Wachstumsstreben eine Sackgasse. „Die Ressourcen sind beschränkt.“ Für ihn ist aber nicht jede Hoffnung verloren. „Es gibt in unserer extrem arbeitsteiligen Gesellschaft ein wachsendes Bedürfnis, ganzheitlich tätig zu werden“, sagt er. Die Repair-Café-Initiative, die ihren Ursprung in Amsterdam hat, ist ein Ausdruck dessen.

Und es führt nebenbei Leute aus der Nachbarschaft zusammen. Tino Schramm ist schon das vierte oder fünfte Mal hier – diesmal, um eine Keramikkanne zu reparieren. Man kennt sich inzwischen.