Von Peter Hilbert
Hobbyhistoriker Frank Wache steht auf der Augustusbrücke und kann nur mit dem Kopf schütteln. Vor ihm schwingt sich über der Brückenbrüstung die Skulptur „Die Woge“ empor, die an die Jahrhundertflut 2002 erinnern soll. 2006 aufgestellt, bietet sie heute schon teilweise wieder ein trauriges Bild. Das Metall ist beschmiert, fünf Vorhängeschlösser in Öffnungen gedrückt. Ein solcher Anblick ärgert den Geschichtsfreund, der sich hauptberuflich bei der Stadt um den Hochwasserschutz an der Elbe kümmert. „Das ist die geschichtsträchtigste Brücke Dresdens“, verweist Wache auf die Bedeutung. Mehrfach neu errichtet, hat sie so manches Detail zu bieten, was oftmals unbekannt ist.
Die Geschichte: Dresdner Brücke ist die schönste Europas
Bereits im 11. Jahrhundert steht dort eine Holzbrücke. Erstmals urkundlich erwähnt wird das Bauwerk 1287, als bereits eine steinerne Brücke die Elbe überspannt. „Mit einer Länge von rund 550 Metern reichte sie bis zum Georgentor und war die längste Brücke Europas“, erläutert Wache. Sie hat 23 Bögen. Als Festungsbauwerke errichtet werden, schüttet man die Bögen zwischen fünf Pfeilern zu. 1727 bis 1731 wird die Brücke unter Leitung von Landbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann und Ratsmaurermeister Johann Gottfried Fehre umgebaut. Damals gilt sie als die schönste Europas.
Die Woge: Kunstwerk steht anstelle des gefallenen Kreuzes
Das als Sächsische Sintflut bezeichnete Hochwasser 1845 hat erhebliche Konsequenzen für die Augustusbrücke. Eis und Treibholz stauen sich am 31. März so stark, dass der fünfte Pfeiler mit dem 4,5 Meter hohen vergoldeten Kruzifix einstürzt. Es hat auf einem großen Sandsteinsockel gestanden. Die Brücke wird zwar wieder instand gesetzt, das Kunstwerk bleibt aber verschollen.
Brücken-Fakten
Die Pöppelmannsche Brücke wird mit zu engen Bögen und zu niedrigen Pfeilern immer mehr zum Hindernis für die Schifffahrt. Also wird zwischen 1907 und 1910 die heutige Brücke mit ihren neun Bögen errichtet. Interessant ist, dass die Stadt damals völlige Baufreiheit schafft. Sie lässt eine Interimsbrücke errichten, über die sogar die Straßenbahn fährt. Auf dem neu gebauten Pfeiler in der Brückenmitte, wo bis 1845 das Kruzifix stand, wird nach der Jahrhundertflut 2002 die Skulptur „Die Woge“ von Tobias Stengel aufgestellt, erläutert Frank Wache ein Detail.
Der Wappenstein: Schild von alter Brücke wieder aufgestellt
Neben dem Elberadweg auf der Neustädter Seite erinnert am Flügel in Richtung Blockhaus ein alter sächsischer Wappenstein an die Pöppelmannsche Brücke. „1950 wurde er mit einer Tafel zur Geschichte der Brücke wieder aufgestellt“, berichtet Hobbyhistoriker Wache. 1863 war dieses Schild und ein weiteres mit dem Wappen der Stadt Dresden auf der Brücke angebracht worden.
Die Tafel verweist unter anderem auf den Umbau 1547, die Sprengung von zwei Bögen und eines Pfeilers durch Napoleon 1813 und Sprengungen durch deutsche Truppen 1945.
Im Juli 1949 verliert das Bauwerk seinen alten Namen. Die Brücke wird nach dem bulgarischen Kommunisten und Ministerpräsidenten Georgi Dimitroff benannt. Nach der politischen Wende erhält sie allerdings ihren historischen Namen Augustusbrücke zurück.
Das Kunstwerk: Relief mit Geschichte der Elbeschifffahrt
Bei Führungen zeigt Wache Interessenten ein Kunstwerk aus dem Jahre 1935 auf der Brückenseite des Narrenhäusels. Der Maler Hans Nadler, Vater des gleichnamigen späteren Landeskonservators, hat unter einer Bogengalerie die Geschichte der Elbeschifffahrt dargestellt. Auf dem Keramiksgraffito sind Fähren, die alte Augustusbrücke und die letzte Schiffsmühle im Pieschener Winkel zu sehen.
Der Pegel: Bei Jahrhundertflut lag Wasser an der Oberkante
Hochwassertafeln von 1655 (8,38 Meter) 1845 (8,77 Meter) und 1890 (8,37 Meter ) erinnern am östlichen Brückenpfeiler neben dem Terrassenufer an große Überschwemmungen. Der Höchststand von 9,40 Metern übertrifft am 17. August 2002 bisher alles Bekannte. Der offizielle Dresdner Pegel ist am ersten Strompfeiler auf der Altstädter Seite angebracht. Seine oberste Marke liegt bei 9,40 Metern. Genau die werden an dem Tag erreicht.
Von der Augustus- bis zur Marienbrücke gibt es jetzt einen Hochwasserlehrpfad mit vielen Informationstafeln. „So wollen wir dazu beitragen, das Bewusstsein für die Gefahren von Hochwasser ständig aufrechtzuerhalten“, so Wache.