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Dresdens Erfolg mit dünnen Schichten

Unternehmen arbeiten seit 25 Jahren in einer Forschungsgesellschaft. So werden Projekte für die Praxis initiiert.

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© René Meinig

Von Bettina Klemm

Die Zukunft beispielsweise der Elektromobilität wird von effizienten Speichersystemen abhängen. Dabei gilt die Lithium-Schwefel-Technologie als ein aussichtsreicher Weg. Steffen Straach vom Fraunhofer-Institut FEP für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik zeigt einen Demonstrator. Er ist das Ergebnis eines dreijährigen von der Fraunhofer-Gesellschaft geförderten Verbundprojektes. „Die Technologie zeichnet sich durch geringe Materialkosten und eine hohe Energiedichte aus und könnte so eine attraktive Energiespeicherlösung für zukünftige Mobilität darstellen“, erklärt der Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik. Das Besondere sind die mittels Dünnschichttechnologie erzeugten  Silizium-Legierungen an den Anoden, die bei annähernd gleicher Speicherdichte das metallische Lithium ersetzen und so eine hohe Toleranz gegenüber Überladung und thermischer Beanspruchung garantieren.

Im Labor des Fraunhofer-Instituts auf der Winterbergstraße steht bereits eine Pilotanlage zur Bandbeschichtung. Entwickelt wurde diese fast fünf Meter hohe und 15 Meter lange „novoFlex 600“ gemeinsam mit der Firma Von Ardenne aus Dresden. „Die Anlage ermöglicht eine Reihe von Vakuumbeschichtungstechnologien, die miteinander vielseitig kombinierbar sind“, sagt Straach.

An der Wand im Labor hängen rund sechs Dutzend Folienrollen aus verschiedenen Kunststoffen, Metallen und Verbundmaterialien. Es gibt in der Pilotanlage fünf verschiedene Beschichtungskammern, zwei für Schiffchen- und/oder Elektronenstrahlverdampfer sowie drei für reaktives Puls-Magneton-Sputtern. Das bietet Möglichkeiten für zahlreiche Forschungsprojekte mit hauchdünnen Schichten.

350 Fachleute der Branche tagen

Verschiedene Dünnschichttechnologien sind ein Thema der Tagung der Europäischen Forschungsgesellschaft Dünne Schichten (EFDS), zu der vom 24. bis 26. Oktober rund 350 Fachleute aus der Branche nach Dresden kommen. Dabei geht es um Vakuum-Beschichtung und Plasmaoberflächentechnik. Die Veranstalter sprechen schlicht von der V2017 mit Industrieausstellung und Workshop-Woche.

Die EFDS feiert in diesem Jahr zugleich ihr 25-jähriges Bestehen. „Wir sind eine Branchenvereinigung auf dem Gebiet der Dünnschicht-, Vakuum- und Plasmaoberflächen-Technologien und als gemeinnütziger Verein organisiert. Konzipiert und organisiert wird der Wissenstransfer und die Gestaltung von Projekten industrieller Gemeinschaftsforschung auf nationaler und internationaler Ebene“, erklärt Geschäftsführer Sven Richter. Seit 1997 konnten von 140 bei der Arbeitsgemeinschaft Industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ eingereichten Vorhaben 90 bewilligt werden. Etwa 200 Forschungsstellen waren an den Projekten beteiligt, für die das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 24,5 Millionen Euro Fördermittel eingesetzt hat. Ziel ist es, die Grundlagenforschung schneller praxiswirksam werden zu lassen. 95 Unternehmen, 32 Forschungsinstitute, drei Verbände und 65 persönliche Mitglieder aus ganz Europa gehören derzeit zur Forschungsgesellschaft EFDS. Die Herstellung und Nutzung dünner Schichten wird die technischen Standards weltweit revolutionieren. Solche Schichten, oft im Nanobereich, verleihen Produkten vielfältige Fähigkeiten: Gängige Beispiele sind verschleißgeschützte Werkzeuge, kratzfeste Brillengläser, antibakterielle Türgriffe und körperverträgliche Implantate, und nicht zu vergessen, die neuartigen Batterien. Unter den über 70 Ausstellern zur Tagung sind namhafte Dresdner Unternehmen wie Adenso, AIS Automation Dresden GmbH, Creavac – Creative Vakuumbeschichtung, Creaphys und Von Ardenne zu finden.

Ein neues Thema bildet die Digitalisierung in der Oberflächentechnik. „Jeder zweite Arbeitsplatz ist in Deutschland mit dem industriellen Sektor verbunden. Industrie 4.0 hat nach einer aktuellen Umfrage unter unseren Mitgliedsunternehmen für 60 Prozent die höchste Wichtigkeit“, sagt der EFDS-Geschäftsführer.

Die Gesellschaft führt Experten aus Unternehmen und Forschungseinrichtungen in Fachausschüssen zusammen, um industrierelevante Forschungsprojekte zu initiieren. So widmet sich der Fachausschuss Beschichtungen für die Bio- und Medizintechnik hauptsächlich Themen wie Biosensorik und Bionik. Dabei geht es auch um Bakterien in Biofilmen.

In einem weiteren Fachausschuss werden Anwendungsmöglichkeiten für Kunststoffe bearbeitet. Dabei stehen neue Materialien, Verpackungen und elektronische Bauteile und Displays im Mittelpunkt. Um Fragen von Mobilität und Werkzeugen geht es im Fachausschuss Tribologische Schichten.

Die Tribologie befasst sich mit der wissenschaftlichen Beschreibung von Reibung, der Berechnung und Messung von Reibungskoeffizienten, Verschleiß und erforderlicher Schmierung. Ein Anwendungsbeispiel sind schmierstofffreie Getriebe in der Autoindustrie. Ein vierter Fachausschuss zu Beschichtungstechnologien für optische und elektronische Anwendungen wird auf der Tagung in der nächsten Woche konstituiert. Zu dieser Gruppe gehören Unternehmen wie Von Ardenne, Plastic Logic, Heliatek und Novaled.

„Zur V 2017 haben wir ein neues Format gewählt. Neben sechs jeweils zweitägigen Workshops gibt es drei Plenarveranstaltungen. Das neue Konzept ist noch besser zur Vernetzung in der Branche geeignet“, sagt der Vorstandsvorsitzende der EFDS Uwe Heydenreich. Er ist zugleich Geschäftsführer der VTD Vakuumtechnik Dresden GmbH und damit ein Spezialist für die dünnen Schichten.