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Dresdens Dealer ziehen weiter

In den vergangenen Jahren ist vor allem der Wiener Platz in den Fokus von Drogenfahndern gerückt. Jetzt scheinen Dealer einen neuen Ort für ihre illegalen Geschäfte gefunden zu haben.

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© Roland Halkasch/René Meinig

Von Andreas Weller

Der Wiener Platz bleibt ein Kriminalitätsschwerpunkt. Das größte Problem dort sind laut Polizei Drogen. 27 Razzien haben die Beamten im vergangenen Jahr durchgeführt, und jedes Mal gingen ihnen reichlich Dealer ins Netz.

Doch wegen der Polizeieinsätze verschiebt sich der Markt mit illegalen Rauschmitteln. „Es gab zunächst einen Verdrängungseffekt in Richtung Rundkino“, so Polizeisprecher Thomas Geithner. Doch es gab Beschwerden von Anwohnern und dem Betreiber des Kinos. „Also ist die Polizei mitgewandert“, erklärt der Polizeihauptkommissar Geithner. Mittlerweile machen sich die Dealer an der Bürgerwiese breit. „Das bereitet uns noch mehr Sorge, weil dort auch gleich eine Schule ist“, so Geithner. Die Beamten befürchten, dass Drogenhändler künftig Kinder und Jugendliche ansprechen, denn das Gymnasium Bürgerwiese ist in unmittelbarer Nähe.

Zwar sei der Polizei noch kein Fall bekannt, in dem Schüler von Dealern angesprochen wurden. „Wir fürchten aber, dass das nur eine Frage der Zeit sein wird“, so Geithner. Schüler könnten zur neuen Zielgruppe für Drogenverkäufer werden. Deshalb arbeite die Dresdner Polizei an einem Konzept, wie sie das Problem an der Bürgerwiese in den Griff bekommen können.

Der Park ist nach allen Seiten offen, das Gelände weitläufig. Das macht es schwieriger bei Kontrollen. Der Wiener Platz ist zwar Eingangsbereich zur Stadt und ein prominenter Ort, aber besser abzusichern. Mit der bisherigen Anzahl an Beamten könnte kaum eine erfolgreiche Razzia an der Bürgerwiese durchgeführt werden. Dabei unterstützt die Bereitschaftspolizei bereits die Einsätze am Wiener Platz und auch vor dem Rundkino. Laut Geithner floriert der Drogenhandel im Winter nicht so sehr, aber im Frühjahr müsse die Polizei gewappnet sein. „Wir werden selbstverständlich weiter Kontrollen durchführen, egal, an welchem Ort mit Drogen gehandelt wird“, versichert der Polizeisprecher.

Aber mehr als eine Verdrängung von einem Ort zum nächsten werden die Polizeieinsätze nicht bringen. Zumal sich Dealer von Beamten kaum beeindrucken lassen. Einige attackieren sogar die Einsatzkräfte oder beleidigen sie. Die Polizei versucht häufig durch längere Beobachtungen, den Dealern mehrere Taten nachweisen zu können. Denn dann geht es um Handel und nicht um den Besitz von geringen Mengen an Drogen. „Da ist die Chance größer, sie in Haft zu bekommen“, erklärt Geithner. Dennoch passiere es immer wieder, dass Händler entlassen werden müssen und drei Stunden später wieder an alter Wirkungsstätte auftauchen.

Der AfD-Landtagsabgeordnete Sebastian Wippel hat eine Kleine Anfrage zur Kriminalität am Wiener Platz gestellt. Die Antwort von Innenminister Markus Ulbig (CDU) listet 182 Delikte zwischen dem 1. Juli und 30. November 2016 auf. Der Schwerpunkt liegt bei Drogen, mit 45 Fällen. Aber auch Diebstahl und Körperverletzung zählen zu häufigen Verbrechen am Platz vor dem Hauptbahnhof. Siebenmal wurden Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen verwendet – das können beispielsweise Hakenkreuze sein. In 75 Fällen konnte kein Täter ermittelt werden, 67 Deutsche sind unter den bekannten Delinquenten und neun Asylbewerber, die als Mehrfach-Intensivtäter eingestuft werden.

Bei der Drogenkriminalität teilt sich der Markt klarer auf. Geithner: „In der Regel kaufen Deutsche die Drogen, die Dealer sind eher Ausländer und in zwei Dritteln der Fälle Asylbewerber.“ Diese leben meist in Dresden, Freital und Klingenberg. Im Durchschnitt finde alle zwei Wochen eine Razzia statt, und dabei gehen etwa sechs Kriminelle ins Netz. „Mit mehr Einsatzkräften könnten es auch mehr sein“, so Geithner. „Aber das löst das Problem nicht.“

Der Polizeihauptkommissar wünscht sich ein stärkeres Durchgreifen von der Politik. So sollte die Einfuhr der Drogen unterbunden werden. Die meisten Drogenküchen befänden sich in Tschechien. Auch könnte der Markt trockengelegt werden, damit es keine Käufer mehr gibt. Außerdem könne er sich gut vorstellen, dass Streetworker offen an den prekären Orten platziert werden. Gleiches gelte für den zweiten Schwerpunkt der Stadt, die Äußere Neustadt. Auch dort wird gedealt, dazu kommen aber noch Antänzer, Taschendiebe und einiges mehr.