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Dresden will das Kinder-Betteln verbieten

Mit der neuen Polizeiverordnung drohen bis zu 1 000 Euro Bußgeld. Der Ordnungsbürgermeister will durchgreifen.

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© Stefan Becker

Julia Vollmer und Andreas Weller

Dresden. In der Innenstadt und der Neustadt sind sie immer häufiger unterwegs: Kinder und Jugendliche, die betteln. Meist kommen sie aus der Slowakei, die dazugehörigen Erwachsenen halten sich im Hintergrund – in der durchschaubaren Absicht, dass Kinder die Herzen der Passanten eher erweichen.

Bisher gibt es keine Handhabe dagegen. In der Dresdner Polizeiverordnung ist lediglich das aggressive Betteln verboten. Das heißt, Passanten dürfen nicht belästigt oder gar angefasst werden, auch Tiere dürfen nicht mitgeführt werden. Ebenso ist das Vortäuschen von Behinderungen untersagt. Nun will Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU) auch gegen die Personen durchgreifen, die Kinder betteln lassen. In der neuen Verordnung, die demnächst im Stadtrat diskutiert wird und beschlossen werden soll, heißt es: „Wer in Begleitung eines Kindes bettelt oder Kinder betteln lässt“, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Dafür drohen bis zu 1 000 Euro Bußgeld.

Damit folgt Dresden anderen Städten wie Essen und Berlin. In Essen ist das Kinder-Betteln seit 1980 verboten. Die Stadtverwaltung wertet es als Erfolg. Das Phänomen habe sich „stark rückläufig“ entwickelt. Das bestätigt auch Frank Felden von der Jugendhilfe Essen. „Meist ist es ja organisiert und die Kinder werden gezwungen. Der Versuch ist richtig, das einzudämmen.“ Auch in Berlin ist das Betteln von Kindern verboten. In Hamburg und München wird über ein generelles Bettelverbot in zentralen Bereichen diskutiert.

Doch das durchzusetzen, scheint kaum möglich zu sein. „Jemandem zu verbieten, die Hand aufzuhalten, wird schwierig“, erklärt der Dresdner Anwalt und Verwaltungsrechtsexperte Falk Gütter. „Es gibt kein Gesetz, das Betteln verbietet.“ Es müsse immer eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nachgewiesen werden. Das könne mit einer starken Verschmutzung des Umfeldes oder eines Anstiegs von Taschendiebstählen begründet werden, müsse aber konkret belegt werden. „Betteln gilt als allgemeine Handlungsfreiheit. Allerdings nur im Rahmen der gültigen Gesetze“, so Gütter.

Der Anwalt hält den Dresdner Ansatz für rechtlich sauber. Kinder-Betteln zu verbieten, könne mit Kindswohlgefährdung begründet werden. „Es ist dann die Frage, ob man es politisch will.“ Es müsse aber darum gehen, an die Erwachsenen dahinter zu kommen. Diese könne man im Zweifel ausweisen, selbst wenn sie EU-Bürger sind. „Eine Staatsbürgerschaft der EU bedeutet nicht Narrenfreiheit“, so Gütter. Jeder müsse sich an die Gesetze halten. Die Verwaltung hat die Vorlage dazu fertig, die Politiker beginnen zu diskutieren.