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Dresden-Breslau-Express vor dem Aus

Der aktuelle Vertrag endet im Dezember. Selbst wenn er verlängert wird, müssen Fahrgäste künftig in Polen umsteigen.

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© Nikolai Schmidt

Von Tilo Berger

Noch reichlich acht Wochen pendelt dreimal täglich ein Regionalexpress zwischen Dresden und Breslau – mit Zwischenstopp unter anderem in Radeberg, Bischofswerda und Löbau. Nach gegenwärtigem Stand der Dinge ist zum Fahrplanwechsel im Dezember Schluss mit der umsteigefreien Verbindung ins Nachbarland. Pressesprecherin Sandra Trebesius vom Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (Zvon) bestätigt, dass der Vertrag für den Dresden-Breslau-Express am 8. Dezember endet. Einen neuen Vertrag gibt es noch nicht. Der Zvon sei „schon seit einer Weile mit der polnischen Seite im Gespräch“ und dränge zu einer Aussage zur Zukunft dieser Relation. „Bisher haben wir aber noch keine verbindliche Aussage dazu“, bedauert die Zvon-Sprecherin.

Nach SZ-Recherchen geht es auch, aber nicht nur, ums Geld. Fakt ist: Der 2009 gestartete Zug ist von Anfang an ein Zuschussgeschäft für beide Seiten. Deshalb blieb er 2015 schon einmal für rund neun Monate auf dem Abstellgleis. Nach harten Verhandlungen fanden der Freistaat Sachsen und die Woiwodschaft Niederschlesien schließlich doch eine Möglichkeit, um den Regionalexpress weiter zu finanzieren. Dem polnischen Internetportal „Gazeta Wroclawska“ zufolge ist auch diesmal die polnische Seite nicht bereit, finanzielle Forderungen der Länderbahn zu erfüllen. Das Unternehmen mit Sitz im niederbayerischen Viechtach ist mit dem Betrieb der Bahnverbindung betraut, bedient sich für die grenzüberschreitenden Züge aber der Deutschen Bahn AG (DB) als Juniorpartner. Die Triebwagen der DB sind für das polnische Bahnnetz ausgerüstet, die Trilex-Fahrzeuge der Länderbahn nicht.

Polen setzt auf schnellere Züge

Doch selbst wenn Sachsen, Niederschlesien und die Länderbahn auch diesmal eine finanzielle Lösung finden, ist mit der umsteigefreien Verbindung bald Schluss. Nach SZ-Informationen will Polen die grenzüberschreitenden Dieseltriebwagen nur noch bis Wegliniec (Kohlfurt) fahren lassen. Dort sollen Fahrgäste umsteigen in polnische Elektro-Triebzüge nach Breslau. Diese sind schneller, komfortabler und umweltfreundlicher unterwegs. Selbst wenn in Wegliniec eine zehnminütige Umsteigezeit eingeräumt würde, wären die Elektrozüge rund zehn Minuten früher in Breslau als der durchgehende Dieseltriebwagen.

Bis Ende 2019 will Polen den Fahrdraht bis in die Grenzstadt Zgorzelec verlängern, und beim gegenwärtigen Bautempo ist das realistisch. Dann könnte der kleine Bahnhof von Zgorzelec zum Umsteigepunkt zwischen Dresden und Breslau werden. Für Pressereferent Marco Henkel vom sächsischen Wirtschafts- und Verkehrsministerium ist klar: „Die polnischen Bahnen wollen diesen Infrastrukturgewinn nutzen, um schnellere, komfortablere und wirtschaftlichere Züge einzusetzen.“

Das hieße für die Zukunft: Ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2018 würden zwischen Dresden und Wegliniec Dieselzüge fahren, zwischen Wegliniec und Breslau Elektrozüge. Ab Dezember 2019 würde dann in Zgorzelec zwischen Diesel und Strom umgestiegen.

Wenn nicht auch zwischen Dresden und der deutsch-polnischen Grenze schon Fahrdraht hängt oder zumindest daran gearbeitet wird, dann ist das keine sächsische Schuld. „Der Freistaat Sachsen drängt gegenüber dem Bund bereits seit geraumer Zeit auf die Anschluss-Elektrifizierung auf deutscher Seite“, bekräftigt Marco Henkel. „Obgleich es sich hierbei um Bundesschienenwege handelt, hat der Freistaat umfangreiche Finanzmittel zur Verfügung gestellt, um die Planung des Elektrifizierungslückenschlusses Dresden–Görlitz–Grenze anzuschieben. Auf besagter Grundlage konnte das Projekt zwischenzeitlich in den potenziellen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes aufgenommen werden.“

Sachsen nimmt Bund in die Pflicht

Potenzieller Bedarf heißt: irgendwann einmal. Damit ein Vorhaben im Bundesverkehrswegeplan überhaupt eine Chance auf baldige Realisierung hat, muss es in den vordringlichen Bedarf aufrücken. Sachsens zuständiges Ministerium hofft, dass dies noch 2018 passiert.

Wenn eines Tages Fahrdraht zwischen Dresden und der Neißebrücke hängt, erwartet Sachsens Staatsregierung wieder grenzüberschreitende Fernzüge. Weil dieser Zeitpunkt aber noch in den Sternen steht, will sich der Freistaat vorerst dafür einsetzen, dass die polnische Oberleitung zumindest bis in den Bahnhof Görlitz verlängert wird und noch auf deutscher Seite in die modernen Elektrozüge aus Polen umgestiegen werden kann. Auf ein Wort