Merken

Direktzug Riesa-Berlin geplant

Ein Verkehrsverbund will Chemnitz besser an die Hauptstadt anbinden. Davon würde auch der Altkreis profitieren.

Teilen
Folgen
© Archivfoto: Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Das ist mal eine positive Botschaft: Riesa soll wieder eine Direktverbindung per Zug an die Hauptstadt erhalten. Der Verkehrsverbund Mittelsachsen beabsichtigt, die Regionalbahn Chemnitz-Riesa-Berlin schon nächstes Jahr nach Berlin zu verlängern. Dann soll zwar nicht jeder Zug bis in die Hauptstadt durchfahren, aber jeweils eine Früh- und eine Nachmittagsverbindung – wenn möglich, auch eine Mittagsverbindung. „Aktuell sind wir noch in den Planungen“, sagt Jeanette Kiesinger, Sprecherin des Verkehrsverbundes Mittelsachsen (VMS). Die Untersuchungen würden in Zusammenarbeit mit der Mitteldeutschen Regiobahn laufen. Gleichzeitig fänden Prüfungen und Abstimmungen mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg statt.

Berit Kasten, Sprecherin der Arbeitsagentur Riesa: „Eine Direktverbindung nach Berlin erhöht die Attraktivität der Stadt.“
Berit Kasten, Sprecherin der Arbeitsagentur Riesa: „Eine Direktverbindung nach Berlin erhöht die Attraktivität der Stadt.“ © Sebastian Schultz
Heike Kandel, Leiterin Riesa-Information: „Ob so mehr Touristen kommen, wissen wir nicht. Aber viele Leute aus Riesa und Umgebung werden das zu schätzen wissen.“
Heike Kandel, Leiterin Riesa-Information: „Ob so mehr Touristen kommen, wissen wir nicht. Aber viele Leute aus Riesa und Umgebung werden das zu schätzen wissen.“ © Sebastian Schultz

Eine Direktverbindung nach Berlin hatte es zuletzt vor sechs Jahren gegeben: Damals war der Vogtlandexpress aus Reichenbach eingestellt und durch eine Busverbindung ersetzt worden. Der Halt in Riesa fiel weg. Das Unternehmen hatte den Einschnitt mit steigenden Kosten für Energie und Infrastruktur begründet. Auch mit den Fahrgastzahlen hatte es Probleme gegeben.

Ist das dieses Mal anders? Erst Anfang des Jahres hatte das Wirtschaftsministerium mitgeteilt, dass die Fahrgastzahlen auf der Strecke Chemnitz-Riesa-Elsterwerda (RB 45) von 2012 auf 2016 deutlich zurückgegangen waren. So war die Nachfrage Richtung Elsterwerda zuletzt nur ein Zehntel so groß wie auf der Strecke nach Dresden. Allerdings ist die Bahnstrecke Dresden-Riesa-Leipzig auch die am besten Genutzte im sächsischen Zug-Nahverkehr. Außerdem erklärte man sich im Ministerium den Rückgang vor allem mit den technischen Problemen, die es vor zwei Jahren gab: Damals hatten die silberfarbenen Züge der Marke Coradia-Continental immer wieder für Ärger gesorgt, sodass zeitweise nur Schienenersatzverkehr fuhr. Die technischen Probleme sollten Geschichte sein. Derzeit fährt aus anderen Gründen zwischen Riesa und Waldheim kein Zug: Die Bahn lässt bis zum Herbst die Strecke auf Vordermann bringen. An mehreren Stellen wird gleichzeitig gebaut.

Der Anlass für die geplante Direktverbindung liegt allerdings noch weiter südlich, sagt Jeanette Kiesinger vom VMS. „Ausgangspunkt war die Frage, wie man Chemnitz besser an die Hauptstadt anbinden kann.“ Von dort fährt man üblicherweise über Leipzig nach Berlin – allerdings mit einer Dreiviertelstunde Umsteigezeit in Leipzig. Weil sich daran kurzfristig auch nichts ändern lässt, kam man auf die Idee, die zweite Route – über Riesa – nach Berlin zu verlängern. „Die notwendigen Fahrzeuge dafür hätten wir“, sagt die VMS-Sprecherin. Riesa würde so quasi nebenbei profitieren. Wie viel Minuten man damit sparen könnte, lässt sich aktuell noch nicht sagen.

Wer derzeit von Riesa nach Berlin will, hat die Wahl, in Leipzig oder Elsterwerda umzusteigen. In beiden Fällen beträgt die Fahrtzeit knapp zweieinhalb Stunden. In Leipzig wartet man eine knappe halbe Stunde auf den Anschlusszug, in Elsterwerda 18 Minuten. Allerdings ist die Verbindung über Elsterwerda deutlich billiger: Statt 56 Euro, wie mit dem ICE über Leipzig, werden über Elsterwerda nur 33,50 Euro fällig: Dort genügt eine Nahverkehrskarte. Daran würde sich auch mit der Verlängerung nach Berlin nichts ändern.

Auch die gewohnten Haltepunkte sollen erhalten bleiben: Die Regionalbahn hält nicht nur in Riesa, sondern auch in Zeithain, Wülknitz, Tiefenau, Gröditz – und in die andere Richtung in Seerhausen und Stauchitz. Damit erhielte nicht nur die Stahlstadt, sondern eine ganze Region einen besseren Anschluss an Berlin. Im Riesaer Rathaus begrüßt man das. „Jegliche Verbesserung der Verkehrsanbindung von Riesa ist sehr positiv“, sagt Stadtsprecher Uwe Päsler. Direktverbindungen seien attraktiver als Umstiege mit Wartezeiten und Anschlussproblemen. „Das ist für Riesaer, die Berlin besuchen wollen, ebenso von Vorteil wie für Gäste, die von Berlin nach Riesa kommen, zum Beispiel Geschäftsleute.“ Das gelte auch für Tagungsbesucher – diese Sparte will man in Riesa ausbauen.

Auch die Anbindung des südlichen Brandenburgs über Elsterwerda hinaus hält man im Riesaer Rathaus für interessant – etwa für Pendler zu den Unternehmen in Riesa. Diesen Aspekt sieht man auch bei der Riesaer Arbeitsagentur. „Eine Direktverbindung nach Berlin erhöht die Attraktivität der Stadt“, sagt Sprecherin Berit Kasten. Derzeit merke man, dass es in Riesa schwerer werde, die Stellen von Fach- und Führungskräften zu besetzen. „Mit einer neuen Zugverbindung können regionale Unternehmen ihren Einzugsbereich vergrößern und so profitieren.“

Auch bei der Riesaer Studienakademie freut man sich über die Entwicklung sehr. „Wir begrüßen aus dem Quellmarkt Berlin/Brandenburg zahlreiche Studienbewerber, Studierende und Praxispartner“, sagt Sprecherin Dr. Katja Soyez.

In die andere Richtung denkt dagegen Heike Kandel, die Chefin der Riesa-Information. „Ob so mehr Touristen kommen, wissen wir nicht. Aber viele Leute aus Riesa und Umgebung werden das zu schätzen wissen: Denn sehr oft werden in Riesa Urlaubsreisen mit dem Abflughafen Berlin gebucht.“ Jetzt bleibt nur noch abzuwarten, ob die laufenden Gespräche erfolgreich sind. Über positive Botschaften bei der Verkehrsanbindung freut man sich in Riesa mittlerweile besonders.