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Diebe fluten Bahnhofskeller

Die Zerstörungen im Bahnhofsgebäude nehmen kein Ende. Jetzt hat sich fast so viel Wasser in den Keller ergossen, wie ins Becken des Freibades passt.

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© Dietmar Thomas

Leisnig. So langsam fehlen Erwin Feurer die Worte. Den Eigentümer des Leisniger Bahnhofsgebäudes hat am Freitag die Nachricht ereilt, dass es Unbekannten ein weiteres Mal gelungen ist, in das leerstehende Objekt einzudringen. Diesmal ist aber nicht nur der Besitzer, sondern auch der Wasserverband geschädigt worden.

Nachdem Diebe die Armaturen gestohlen haben, gab es für das Wasser kein Halten mehr. Inzwischen sind die Leitungen wieder gesichert.
Nachdem Diebe die Armaturen gestohlen haben, gab es für das Wasser kein Halten mehr. Inzwischen sind die Leitungen wieder gesichert. © Dietmar Thomas
Das Wasser flutete auch diesen Raum.
Das Wasser flutete auch diesen Raum. © Dietmar Thomas

„Die Einbrecher haben die Messingteile bei der Wasserzufuhr demontiert“, beschreibt Erwin Feurer das Bild, das seine Architektin Anne Rose Tisje vor Ort vorgefunden hat. Nach dem Diebstahl müssen sich Unmengen von Wasser in die Kellerräume ergossen haben. „Schon draußen auf der Straße hörte ich es derart rauschen, als ob ein Bach direkt unter dem Gebäude durchfließen würde“, schildert die Architektin. Nachdem sie dem Rauschen nachgegangen ist, sieht sie das Malheur: Etwa knöchelhoch steht das Wasser im Keller. Das erleichtert sie fast. „Sonst hätten wir wohl die Feuerwehr alarmieren und die Keller auspumpen lassen müssen“, überlegt Anne Rose Tisje, nachdem Mitarbeiter der Oewa als Dienstleister des Wasserverbandes das austretende Wasser gestoppt haben.

Die Erleichterung darüber, das Leck lokalisiert und gestopft zu haben, ist Siegmar Rüdrich regelrecht anzuhören. Der Oewa-Gruppenleiter und Chef des Wasserwerkes in Paudritzsch hatte seine Leute schon losgeschickt, herauszufinden, wo solch große Mengen Wasser wegfließen. „Wir haben das daran gemerkt, dass die Pumpen im Wasserwerk nahezu ohne Unterlass gearbeitet haben“, erklärt Siegmar Rüdrich. Daraufhin habe die Fehlersuche begonnen. Die hätte ohne Hilfe der aussichtslosen Suche nach der Nadel im Heuhaufen geglichen. „Unsere Mitarbeiter waren gerade in der Georg-Friedrich-Händel-Straße, der Parallelstraße zum Bahnhof“, so Rüdrich.

Mit dem Wasser, das im Bahnhofsgebäude einfach durch einen Abfluss wieder weggeflossen ist, ist dem Trinkwasserversorger ein Schaden in Höhe von mehreren Hundert Euro entstanden. Der Leiter des Wasserwerkes geht davon aus, dass das Wasser wahrscheinlich schon seit der Nacht zum Donnerstag gelaufen ist und somit zwischen 500 und 600 Kubikmeter sozusagen ungenutzt wieder in die Entwässerungsleitungen gekommen sind. Mit dieser Menge könnte das Becken des Leisniger Freibades nahezu bis an den Rand gefüllt werden. Liefe sie daheim in den Abfluss, bekäme der Verbraucher dafür knapp 1 000 Euro in Rechnung gestellt. Erwin Feurer bleibt diese Ausgabe nach aktuellem Stand erspart: „Das Wasser ist vor dem Zähler weggelaufen“, bestätigt Siegmar Rüdrich. Für den Versorger ist das nicht die erste Einbuße dieser Art. „Es gab einen ähnlichen Schaden durch Vandalismus vor Jahren in Hartha schon einmal.“

Für den Eigentümer des Leisniger Bahnhofsgebäudes ist das nur wenig tröstlich: „Ich bin sehr enttäuscht, wie mit dem Kulturgut umgegangen wird“, sagt Erwin Feurer. Weil die Immobilie nicht das erste Mal von Dieben heimgesucht worden ist, hatte er sich entschlossen, sich 2018 nicht am Tag des offenen Denkmals zu beteiligen. Diesen Aktionstag nutzte er in den Vorjahren häufig, um das noch Sehenswerte im Inneren des Gebäudes zu zeigen. Davon allerdings gibt es immer weniger. Einbrecher und Diebe entwenden nicht nur Mobiliar und Baumaterial. Immer wieder schmeißen Leute selbst in den oberen Etagen Fensterscheiben ein und verschaffen sich so Zutritt. Holzgeländer und -treppen werden zerstört, was nicht ungefährlich ist. An mehreren Stellen im Haus gibt es Hinweise auf kleine Brände.

Derzeit lässt Feurer von seiner Architektin eine gründliche Bauaufnahme des Gebäudes anfertigen. Deshalb war sie in Leisnig und hat den Schaden entdeckt. Schon seit Monaten trägt sich der Schweizer sich mit dem Gedanken, die Immobilie wieder zu verkaufen. (DA/sig)