Merken

Die Staffelidee vom Sommer ’89

Drei DDR-Journalisten erfanden einst den Knappenman. Mehr als tausend Triathleten kommen zur 30. Auflage in die Lausitz.

Teilen
Folgen
© Gerd Fügert

Von Michaela Widder

Die Idee entstand am Mittagstisch. Drei junge Kollegen der Lausitzer Rundschau saßen im Mai 1989 zusammen. Die DDR-Journalisten hatten wie jedes Jahr den „Tag der Solidarität“ zu organisieren, doch in dem Wendesommer sollte es etwas anderes sein als ein Basar mit Mitbringseln von den Jugendtourist-Reisen.

Weil jeder in der Redaktion eine sportliche Vergangenheit – vom Kreisspartakiadesieger im Schwimmen bis zum DDR-Juniorenmeister im Halbmarathon – hatte, entstand die „journalistische Furzidee“, wie Mitbegründer Frank Oehl erzählt. Ein Staffelwettbewerb sollte es also sein, und der Aufruf lautete: „Wer schlägt das Team der Lausitzer Rundschau?“ Mehr als 30 Staffeln standen im Juni ’89 am Knappensee, der durchquert werden musste. Nach 300 Metern Schwimmen ging es 20 Kilometer mit dem Rad teilweise über Schotterpisten zum Lok-Sportplatz in Hoyerswerda, wo die Läufer auf die 3-km-Runde starteten.

Mit dem Trabi waren Oehl und seine Mitstreiter am Abend zuvor die Strecke abgefahren und hatten Pfeile zur Orientierung auf den Boden gemalt. Die Polizei war gerade noch rechtzeitig informiert worden. „Wir hatten einen satten Beitrag für die Solidarität zusammenbekommen“, erinnert sich der 61-jährige Oehl, der als SZ-Redakteur in Kamenz arbeitet.

Es war der Beginn einer Triathlon-Tradition in der Lausitz. Wenn an diesem Wochenende ein Rekordfeld von mehr als 1 200 Sportlern bei der 30. Auflage beim Knappenman startet, wird nicht nur mit einer kleinen Ausstellung an die Anfänge erinnert. Beim Retro-Wettbewerb kommt es mehr auf das Aussehen als auf die Leistung an. Ob Baumwollshirt, Dreiecksbadehose oder das erste Baumarktmountainbike – beim Staffelrennen am Sonntag ist Ausrüstung aus den Neunzigern angesagt.

Längst hat sich der Knappenman zu einer der größten Triathlonveranstaltungen in Sachsen entwickelt, traditionsgemäß zum Ende der Saison. Es existieren zwar keine Dokumente, die belegen, dass der Lausitzer Staffeltriathlon damals der erste Teamwettbewerb im Ausdauerdreikampf überhaupt war, aber Ideengeber Oehl ist sicher: „So etwas gab es vorher noch nirgendwo. Triathlon war doch eine elitäre Individualsportart.“ Erst zehn Jahre später wurden in der Lausitz dann auch Einzelstarts angeboten, und die Nachfrage nach längeren Distanzen wurde immer größer.

Neben dem Schlosstriathlon in Moritzburg Anfang Juni ist der Knappenman sachsenweit die einzige Veranstaltung, bei der auch eine Langdistanz im Programm ist. Für die 3,8 km Schwimmen, 180 km auf dem Rad und den abschließenden Marathon am Samstag haben sich 77 Triathleten angemeldet – ebenfalls ein Rekord bei der Jubiläumsauflage. „Wir sind auf vielen Strecken schon ausgebucht, das gab es im Vorfeld noch nie“, sagt Organisationschefin Mareike Jokusch.

Für manchen Profi und Ex-Triathleten war der Knappenman Inspiration, selbst mit den drei Sportarten zu beginnen. Der Kamenzer Markus Thomschke, Langdistanzler im Hauptberuf, wurde einst von seinen beiden Brüdern für eine Staffel überredet, mittlerweile ist er der bekannteste Profi der Region. Auch Olympia-Teilnehmer Maik Petzold aus Bautzen begann seine Triathlonkarriere einst am Knappensee. Sogar Ex-Schwimmweltrekordler Paul Biedermann und Biathlon-Olympiasieger Michael Rösch waren 2009 im Einsatz.

Im Jahr 2011 zog der Triathlon vom Knappensee an den Dreiweiberner See um, der Name blieb erhalten. Und der Zuspruch wurde von Jahr zu Jahr noch größer.