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Die Sorgen der Friedhofsmeister

Der nahende Bestattungswald in Coswig stößt bei den Kirchen auf wenig Begeisterung. Ihre Friedhöfe sind schon heute nicht annähernd ausgelastet.

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© Norbert Millauer

Von Tobias Hoeflich

Coswig. Über mangelnde Arbeit kann sich Johannes Papperitz nicht beklagen. Zwar ist fast die Hälfte des 3,5 Hektar großen Friedhofs an der Coswiger Salzstraße unbelegt. Doch zu tun gibt es für den Verwalter der Anlage immer etwas. Schließlich müssen die Wege gepflegt, Zäune und Mauern intakt gehalten werden. Dass so viel Platz ist, hat auch nichts zu tun mit sinkenden Bestattungszahlen, erklärt der 62-Jährige. Die liegen konstant bei um die 250 im Jahr. „Aber ein Großteil davon sind inzwischen Urnenbestattungen. Und Urnen brauchen nun mal weniger Platz als Särge.“

Jetzt vermutet Papperitz aber, dass an der Salzstraße künftig weniger Beerdigungen stattfinden und die Auslastung der Anlage noch schlechter wird. Grund ist der geplante Bestattungswald von Daniel Prinz von Sachsen. Der Leiter der Wettiner Forstverwaltung erwartet dafür in Kürze die Genehmigung des Landratsamts, will noch dieses Jahr Bestattungen im Friedewald zwischen Moritzburg, Weinböhla und Coswig ermöglichen. Dann kann dort die Asche Verstorbener in biologisch abbaubaren Urnen an den Wurzeln eines Baumes ruhen – mitten in der Natur. Daniel Prinz von Sachsen ist auch Geschäftsführer der Naturruhe Friedewald GmbH, die den Bestattungswald betreiben wird. Insgesamt ist die Fläche 40 Hektar groß, die schrittweise erschlossen werden soll. Es wäre erst der zweite Bestattungswald in Sachsen. Coswig wird auf Beschluss des Stadtrats die Trägerschaft dafür übernehmen.

Totenkult und Beerdigungsrituale

Friedhofsverwalter Papperitz ist davon wenig begeistert. Nicht nur, dass die vorhandenen Friedhöfe mehr als genug Kapazitäten hätten. Mit dieser neuen Art der Bestattung gehe auch ein Teil der Kultur verloren. Totenkult, Beerdigungsrituale: All das wird seit Ewigkeiten gepflegt. „Wenn Generationen das früher schon so gemacht hätten und alle nur im Wald begraben wären, dann hätten wir heut keine Friedhöfe zum Anschauen.“ Er glaubt, dass Angehörige es später bereuen könnten, ihre Verwandten nicht auf herkömmliche Art beerdigt zu haben: „Spätestens im Winter, wenn mal eine dicke Schneeschicht liegt, wird das problematisch. Dort im Wald gibt es keine Wege, die vom Schnee freigeräumt werden.“

Ähnlich skeptisch bei dem Thema ist Friedhofsmeister Gottfried Werner, der die Anlage der Lutherkirchgemeinde Radebeul an der Serkowitzer Straße pflegt. Weil auch hier der Anteil an Sargbestattungen seit Jahren stark zurückgeht, gibt es wie in Coswig viele freie Grabstellen. Dass es dann noch Konkurrenz geben soll, besorgt ihn – auch wenn es für ein Fazit noch viel zu früh ist. Dafür müsste der Bestattungswald erst einmal öffnen. „Man weiß ja nicht, wie das in der Bevölkerung ankommt. Deshalb ist es schwer abzuschätzen, wie uns Friedhöfe das trifft.“

Gebührenerhöhungen könnten folgen

Werners Kollege in Coswig wagt dagegen schon eine kleine Prognose. Erfahrungen aus Westdeutschland hätten gezeigt, dass sich nur eine Minderheit tatsächlich im Wald bestatten lässt. „Wir gehen von zwei bis drei Prozent aus“, schätzt Johannes Papperitz. Trotzdem könnte das die Friedhöfe, die kostendeckend arbeiten, finanziell treffen: „Zwanzig bis dreißig Beerdigungen weniger im Jahr würden schon ins Gewicht fallen.“ Gebührenerhöhungen könnten dann folgen – oder die Stadtverwaltung müsste einspringen. „Ich weiß nicht, ob die Stadträte die Tragweite ihrer Entscheidung richtig bedacht haben.“

Auch wenn Papperitz selbst, der seit 1972 im Coswiger Friedhof arbeitet, gerade erst vor der Rente steht, hat er sich schon Gedanken über seinen Tod gemacht. Er möchte in das Familiengrab, wo auch seine Eltern die letzte Ruhe fanden. „Aber ganz sicher nicht in einen Wald.“