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Die Sänger Ihrer Majestät

Ein Ex-Kruzianer und Fahrrad-Junkie mischt als Konzertmanager den Klassikmarkt auf. So holt er auch „The Queen’s Six“ nach Dresden.

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© Cora Beattie

Von Bernd Klempnow

Man muss ja kein Fan der Queen sein, aber ein Freund ihrer Sänger zu sein, das lohnt. Die sechs Künstler „The Queen’s Six“ gehören zu den führenden A-Cappella-Ensembles und haben eine mitreißend-lebendige Art, Renaissance-Klassiker wie „O Lord, make thy servant Elizabeth our Queen“ ebenso wie Popklassiker „God only knows“ von den Beach Boys oder Michael Jacksons „Thriller“ zu interpretieren. Das ist demnächst auch in Dresden sowie auf einer ausgedehnten Deutschland-Tour zu erleben – denn es ist Ferienzeit. Nur im Sommerurlaub können sie das tun, weil die Countertenöre, Tenöre und Baritone tatsächlich das sind, was der Name sagt: die Sänger der Queen.

Christian Hacker holt Künstler wie den Windsbacher Knabenchor und die Beatboxer „Die Kinder vom See“ nach Sachsen.
Christian Hacker holt Künstler wie den Windsbacher Knabenchor und die Beatboxer „Die Kinder vom See“ nach Sachsen. © Philipp Markgraf

Die sechs Profis leben seit zehn Jahren als „Lay Clerks“ innerhalb der Mauern von Windsor Castle, im Nachbarhaus von Queen Elizabeth. Dort singen sie in der geschichtsträchtigen St George’s Chapel der Wochenend-Residenz Ihrer Majestät nahezu täglich. Sie musizieren regelmäßig für die Royal Family – sowohl bei privaten Anlässen als auch bei staatlichen Empfängen. Oder unlängst am 18. Mai, als Millionen Menschen im Fernsehen die Traumhochzeit des königlichen Paares Harry und Meghan verfolgten. In weißem Gewand und mit rotem Kragen gestalteten die jungen Männer die Zeremonie mit.

„Haus- und Hofsänger der Queen zu sein, ist ein außergewöhnliches Privileg“, sagt der Dresdner Musikmanager Christian Hacker, der die „Six“ nach Deutschland holt, „eines, das höchste musikalische Qualitätsstandards voraussetzt. Schön, dass diese Vollblutmusiker in ihrer Ferienzeit eigene musikalische Wege gehen dürfen.“ Seit einem Jahr betreut der ehemalige Kruzianer die Engländer hierzulande. „Ich mag ihre frische Art der Interpretation, ihre Professionalität und Menschlichkeit.“

Doch wie kommt man zu so einem Auftrag? „Einfach anfragen, Angebote etwa für Konzerträume unterbreiten, in denen sich die Künstler wohlfühlen. Der Rahmen muss stimmen und ich muss auf die individuellen Bedürfnisse der Künstler eingehen. Deshalb sind die sechs auch dankbar, in der Weinbergkirche von Pillnitz aufzutreten. Es gäbe sicherlich größere Konzertsäle, die sie füllen könnten. Aber hier stimmt die Atmosphäre.“ Im nächsten Jahr gastieren „The Queen’s Six“ unter anderem in so imposanten Bauten wie dem Bautzener Dom, der Schwarzenberger Kirche und dem Markgräflichen Opernhaus Bayreuth.

Seit 2014 vertritt die Künstleragentur Hacker Musik Management Klassikkünstler in eher Kammerformationen, die es sonst zwischen den Angeboten der Starsolisten und der Spitzenorchester schwer haben, sich zu vermarkten. Hackers Offerten stehen ebenso für elitäre Kammerabende etwa der Dresdner Kapellsolisten wie auch die „Positionierung nationaler und internationaler junger Ensembles, um diesen langfristig eine Plattform zu schaffen“. So betreut er Barockspezialisten wie das Ensemble Polyharmonique und auch A-Cappella-Ensembles wie das Ex-Kruzianer-Quartett „echo))“.

Eigentlich wollte der heute 28-Jährige Maschinenbau studieren, brach aber ab. „Mir fehlte an der TU das emotionale Miteinander, dass sich bei Chören schon nach der ersten Probe einstellt.“ Als Tenor im Kreuzchor als auch danach „in fast allen Ensembles in der Region“ hat er nicht nur große Kenntnisse in der geistlichen und weltlichen Literatur gesammelt. „Spätestens als Kruzianer im letzten Jahr organisiert man selbst Konzerte.“ Ein Studium des Kultur- und Medienmanagements machte er trotzdem. „Mir war schon im Kreuzchor klar, dass ich kein Sänger werde. Die Karrierechancen sind klein und auf Nebenschauplätzen wollte ich nicht enden.“

Wie läuft das Geschäft? 13 Ensembles und Projekte betreut er derzeit. Das reicht, um davon leben zu können. „Wer aus dem Studentenstatus heraus startet, braucht ja nicht viel.“ Mehr Künstler will er momentan nicht vertreten, da er sie auf ihren Reisen tatsächlich oft begleitet. „Ich will ja mehr als eine Dienstleistung anbieten, um das jeweils Besondere der Künstler herauszustellen. Nur mit diesem Qualitätsanspruch kann man in dem Geschäft überleben.“ Drei Tourneen hat er diesen Sommer parallel zu managen. Zudem hat er mit der Akquise für 2019 und 2020 zu tun.

Ausdauer hat der gebürtige Dresdner im übertragenen wie in des Wortes Sinne. Er fährt leidenschaftlich gern Rad. Bis zu 12 000 Kilometer im Jahr. Das macht einen Tagesdurchschnitt von gut 32 Kilometern. „Leider komme ich nicht dazu, jeden Tag auf diese Weise den Kopf durchzupusten.“ Dafür fährt er aber im Zweifel zu seinen Künstlern. „Nach Windsor nicht, aber mal schnell nach Prag ist kein Problem.“