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„Die Sachsen brauchen keine Nachhilfe“

Der Journalist Peter Hahne, bekannt aus dem ZDF, kommt nach Lawalde. Die Kirche hat ihn am Sonntag zu einer Veranstaltung eingeladen.

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© dpa

Von Romy Altmann-Kühr

Lawalde. Normalerweise gehört ihm die große Bühne, jetzt kommt er auf eine kleinere: in die Dorfkirche Lawalde. Der Journalist Peter Hahne arbeitete beim ZDF, war unter anderem stellvertretender Leiter des Hauptstadtbüros. Heute kennt man ihn aus Talk-Formaten. Bekannt ist etwa sein Ausspruch bei Sandra Maischberger, er wolle weiterhin „Zigeunerschnitzel“ sagen dürfen. In der Sendung ging es um diskriminierende Sprache. Worum es bei seinem Besuch am Sonntag in Lawalde geht, erklärt Hahne.

Herr Hahne, was verbindet Sie mit Lawalde? Wie kam der Kontakt zustande?

Mit Lawalde verbindet mich, dass ich selber aus einem westfälischen Dorf gleicher Größe stamme. Und dass ich vor 50 Jahren einen Pfarrer hatte, dem die missionarische Arbeit der Kirche genauso am Herzen lag wie der Pfarrerin Karin Baudach aus Lawalde. Solchen Gemeinden gehört meine Sympathie, obwohl ich außer dem wunderschönen Görlitz kaum etwas von der Oberlausitz kenne. Frau Baudach schrieb mir nach meinem Buch „Niemals aufgeben!“, dass auch sie nicht aufgeben will, ihrer kleiner werdenden Gemeinde mit der guten Nachricht der Bibel zu dienen. Und ich vergaß damals zu antworten, schlimm! Ein Jahr später gratulierten mir die Konfirmanden zum Geburtstag – ein Wink mit dem Zaunpfahl. Da musste ich zusagen.

Was ist der Anlass für Ihren Besuch in der Oberlausitz?

Es wird kein klassischer Gottesdienst sein, sondern ein Vortrag mit viel Humor. Manche Christen gucken ja so verbissen, dass die Milch gerinnt. Es geht um das Motto eines Zeitungskollegen, des Dichters und „Wandsbecker Boten“ Matthias Claudius: Etwas Festes braucht der Mensch. Alle sind eingeladen, es muss niemand eine „Aufnahmeprüfung“ in Singen und Beten ablegen. Und die rührige Gemeinde hat vorgesorgt, damit alle einen Platz finden in der schönen Kirche und einem Extra-Zelt.

Worüber werden Sie am Sonntag in Lawalde sprechen?

Wir erleben heute eine tiefe Ernüchterung und Resignation in unserer Gesellschaft wie seit 1989 nicht mehr. Unsere größte Krise ist nicht die der Finanzen, sondern die Verantwortungs- und Vertrauenskrise. Beim Berliner Flughafen BER will´s niemand gewesen sein, bei der Flüchtlingskrise auch nicht. Wem können wir noch glauben? Parteien und Kirchen rangieren bei der Glaubwürdigkeit weit hinten. Auch die Medien stehen in der Kritik wie nie zuvor. Und was ist mit dem „Festen“, wenn es um Sterben und Tod, um Schuld, Einsamkeit oder Arbeitslosigkeit geht? Was kommt, wenn alles geht, und auf welche Worte und Werte ist Verlass? Meine Botschaft: Werte wollen nicht als Worte erfahren werden, sondern als Erlebnis, nicht als Theorie, sondern als Praxis. Wir brauchen nicht mehr Vorschriften, sondern mehr Vorbilder

Sie sagten im MDR, Mitteldeutschland sei für Sie „der hellere Teil des Landes“. Oft wird das ja andersherum gesehen.

Genau deshalb setze ich einen Kontrapunkt! Vor allem die Sachsen werden ja von Ahnungslosen unter Generalverdacht gestellt. Ich finde es beschämend, dass ausgerechnet diejenigen stigmatisiert und abgekanzelt werden, die 1989 unter Lebensgefahr ihre Freiheit erkämpft haben. Das ging von Plauen und Leipzig aus, von Sachsen. Die brauchen keinen Nachhilfeunterricht in Demokratie. Da saßen wir Wessis auf dem Sofa und haben uns das im Fernsehen angeschaut! Ich verstehe Bürger, die im Erzgebirge keine arabischen Familienkriege wollen oder in Görlitz zu Silvester keine Kölner Verhältnisse. Viele Politiker leben in einer Parallelgesellschaft, die mit den wirklichen Sorgen der Bürger nichts mehr zu tun hat. Die Zukunft unserer Demokratie scheitert nicht an den Mitteldeutschen, sondern an den Berliner Salonsozialisten aller Coleur. Auch deshalb der Appell der Bibel: „Suchet der Stadt Bestes!“

„Etwas Festes braucht der Mensch!“ – Veranstaltung mit Peter Hahne in der Kirche Lawalde am Sonntag, 30. September, 16 Uhr. Die Kirche ist ab 15 Uhr geöffnet. Eintritt frei, um eine Spende wird gebeten.