Merken

Die Rosamunde Pilcher von Leckwitz

Evelyn Kühne hat schon drei Romane veröffentlicht. Dabei hatte sie es oft nicht leicht.

Teilen
Folgen
© Lutz Weidler

Von Dörthe Gromes

Leckwitz. Das Marienkäfermädchen Marie ist ein lustiges und fröhliches Geschöpf, doch als ihr bester Freund, der Hirschkäfer Karl, auf einmal schwer erkrankt, macht sie sich ganz allein ans andere Ende des Waldes auf, um ihn im Tierkrankenhaus zu besuchen. Auf dem gefährlichen Weg dorthin muss sie einige Abenteuer bestehen, findet aber auch neue Freunde.

Die Leckwitzer Autorin Evelyn Kühne hat sich Marie und ihre Freunde ausgedacht und ihre Geschichte im Kinderbuch „Die kühne Marie“ aufgeschrieben. „Mit meinem Buch möchte ich an Krebs erkrankten Kindern Mut machen“, erzählt die 48-Jährige. Ihrer Erfahrung nach haben Kinder keine Berührungsängste mit dem Tod und reagieren sehr positiv auf das Buch. Auslöser für diese spezielle Geschichte, die der gebürtigen Radebeulerin sehr am Herzen liegt, war die Begegnung mit einem Mädchen, das an einem Hirntumor erkrankt war. Vor sieben Jahren litt die Schriftstellerin selbst an Brustkrebs und war zur Behandlung in einem Dresdner Krankenhaus: „Wir warteten beide auf unseren Termin. Mir ging es nicht gut an dem Tag. Es entspann sich ein Gespräch zwischen mir und dem vielleicht fünf Jahre alten Mädchen über Krebs, das mich sehr berührt hat, weil das Kind trotz seiner schlimmen Diagnose eine solche Lebensfreude ausstrahlte“, erzählt sie. Ihr eigenes Leid erschien ihr in diesem Augenblick sehr klein, erinnert sie sich.

Ende 2017 war es dann endlich so weit, das Buch „Die kühne Marie“ erschien im Eigenverlag mit einer Auflage von 2500 Exemplaren. Die farbenfrohen Illustrationen stammen von der Dresdner Künstlerin Daniela Veit. Um die Kosten von insgesamt rund 20 000 Euro zu stemmen, initiierte Evelyn Kühne eine Sammelaktion. Etliche Freunde und Mitstreiter unterstützten sie dabei und halfen zum Teil auch mit Eigenbeträgen bei der Finanzierung des Buches. Von jedem verkauften Exemplar spendet die Autorin fünf Euro an den Verein Sonnenstrahl aus Dresden, der sich um krebskranke Kinder und ihre Angehörigen kümmert. „Einen Teil der Bücher habe ich direkt dem Verein gespendet, andere an Kinderkrebsstationen und Kinderhospize“, so die Autorin. Es ist auch möglich, Buchsponsor zu werden und ein Exemplar oder mehrere zu erwerben, die dann an die entsprechenden Institutionen verschenkt werden. – „Die kühne Marie“ ist jedoch nicht das einzige Buch von Evelyn Kühne. Bislang hat sie drei Romane und eine Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Krankheitsgeschichte veröffentlicht. Infolge der Krebserkrankung und der damit einhergehenden Behandlungen entwickelte sie ein chronisches Erschöpfungssyndrom, an dem sie bis heute leidet. Dabei können selbst kleinste Anstrengungen zu tiefen Erschöpfungszuständen führen. Für die Betroffenen ist es sehr schwer, ihren Alltag zu bewältigen. Erschwerend kommt hinzu, dass darüber in der Öffentlichkeit wenig bekannt ist und die Erkrankten oft mit Vorurteilen ihrer Umgebung zu kämpfen haben. „Viele haben gar nicht begriffen, was mit mir los ist, weil ich nicht leidend ausgesehen habe“, sagt die Autorin. Mit der Krankheit wird sie voraussichtlich auf Dauer leben müssen: „Ich kann wohl nie mehr auf einen Berg steigen, aber ich kann mit der Seilbahn hochfahren und dann von oben runterlaufen.“ Mit diesem Bild beschreibt Evelyn Kühne ihren Umgang mit ihrer Situation. Trotz allem strahlt sie Optimismus aus. „Ein Arzt hat mir mal gesagt: ‚Vielleicht bringt die Krankheit Sie zu neuen Ufern.‘“, erinnert sich die Leckwitzerin.

So sollte es auch kommen. Durch ihre Erkrankung begann Evelyn Kühne mit dem Schreiben. Eine Leseratte war sie von Kindesbeinen an und hatte in ihrem Berufsleben schon diverse Tätigkeiten ausgeübt: „Ich habe im Buchhandel gearbeitet, führte einige Zeit lang als Selbstständige einem eigenen Laden und war sogar mal bei einem Bestattungsinstitut angestellt.“ Durch ihre Krankheit verlor sie ihre Arbeit, auf ärztlichen Rat hin, begann sie, ihre Krankheitsgeschichte aufzuschreiben. „Das hat mir so großen Spaß gemacht, dass ich gleich mit einem Roman weiter machte.“ Mittlerweile sitzt Evelyn Kühne am Vierten. Ihre Romane sind alle beim Ullstein-Forever-Verlag erschienen, bislang wurden 25 000 Stück als E-Book oder Printausgabe verkauft. Perspektivisch möchte die Autorin versuchen, davon zu leben.

Die Romane tragen Titel wie „Neuanfang auf Italienisch“ oder „Dünengeflüster“ und drehen sich um Frauen in der Lebensmitte, die einen Neuanfang wagen. „Das sind Bücher für die Badewanne, mit denen meine Leserinnen dem Alltag entfliehen können“, beschreibt sie ihre Werke. Wenn jemand ihre Bücher als seichte Literatur á la Rosamunde Pilcher beschreibt, stört es Evelyn Kühne überhaupt nicht. „Der Vergleich ehrt mich, schließlich haben Pilchers Bücher Millionenauflagen und werden oft verfilmt.“

Evelyn Kühne: „Die kühne Marie“, 14,90 Euro. Das Buch ist nicht im Buchhandel erhältlich, sondern nur direkt bei der Autorin: www.evelyn-kuehne.de, 035265 64349.