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Die Panik vor dem Schreiben

Das Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten ist für viele Studenten mit Stress verbunden. Der muss nicht sein.

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© Sven Ellger

Von Jana Mundus

Blink, blink, blink, blink. Der kleine Strich auf dem Computerbildschirm ist gnadenlos. Er ist in Lauerstellung. Er wartet darauf, dass es losgeht. Unbarmherzig macht er Druck auf dem grellweißen Dokument des Schreibprogramms. Blink, blink, blink, blink. Fang endlich an, fordert er lautlos. Doch nichts passiert. Der Mensch am Computer weiß einfach nicht, wie er mit der Bachelorarbeit beginnen soll. Die Hände liegen auf der Tastatur, aber der Kopf schwirrt. Viel hat er gelesen, stundenlang in der Bibliothek gesessen. Aber war das wirklich genug? Ist jetzt schon der Moment gekommen, um die wissenschaftliche Arbeit zu beginnen? Was war gleich noch mal die Fragestellung?

Schreibhemmung nennt Nina Melching solche Situationen, die viele Studenten kennen dürften. Wissenschaftliches Schreiben, das sei für viele immer noch eine große Hürde. Sie spricht auch aus eigener Erfahrung. „Bis zum Studium hatte ich in der Schule lediglich eine große Facharbeit in der elften Klasse geschrieben. Das war’s.“ Die Anforderungen im Studium sind eine andere Nummer. „Ich wusste damals nicht, was überhaupt von mir erwartet wird. Das kann einen schon nervös machen.“ Dass heutige Studenten in solchen Lebenslagen Hilfe bekommen, dafür will die 31-Jährige nun sorgen. Sie ist die Leiterin des neu gegründeten Schreibzentrums der TU Dresden, eine Kooperation zwischen dem Zentrum für Weiterbildung und dem Career Service.

Hilfe auch für den Prof

Noch läuft der Probebetrieb. Weil Nina Melching schwerlich alle Studenten selbst beraten kann, hat sie in den vergangenen Monaten elf Tutoren ausgebildet. Allesamt Studenten, die anderen nun vermitteln wollen, wie wissenschaftliches Schreiben funktioniert. Mit Testklienten konnten sie bereits üben, wie so eine Beratung abläuft. „Viele haben schon beim ersten Gespräch eine Initialzündung“, sagt Tutorin Lena Turpel. Die Lehramtsstudentin hat Spaß an ihrer neuen Aufgabe. „Es hilft meist schon, mit einer anderen Person über das Thema der Arbeit zu sprechen. Da kommen ganz neue Ideen.“

Das unterstreicht auch Kollegin Inga Schütte. Sie macht aber deutlich: Als Tutoren könnten sie schwer inhaltlich helfen. Zu unterschiedlich seien die Fachbereiche, in denen die Arbeiten geschrieben werden. „Aber wir helfen bei der Herangehensweise, beim Finden der Struktur.“ Und beim Behalten des Überblicks. Denn es ist nicht ungewöhnlich, dass Studenten parallel an drei bis vier Hausarbeiten schreiben. Das verlangt nach gutem Jonglieren. In solchen Fällen greift das Angebot des Career Service der TU Dresden. Der hat noch einmal acht Tutoren ausgebildet. Die unterstützen das Schreibzentrum mit Beratungsangeboten zu Themen wie Zeitmanagement und wissenschaftlichem Präsentieren.

Ab März bietet das Schreibzentrum zweimal wöchentlich offene Beratungen an. Wer möchte, kann sich auch einen Termin vereinbaren. Nina Melching möchte, dass nicht nur Notfälle das Angebot nutzen. „Klar helfen wir auch, wenn der Abgabetermin der Arbeit schon kurz bevorsteht“, sagt sie. Viel wichtiger wäre es aber, dass die kostenlose Beratung möglichst frühzeitig in Anspruch genommen wird. Beispielsweise schon bei der Entwicklung der Fragestellung für die Arbeit. Damit hätten viele Studenten immer wieder Probleme. „Viele sind oft unsicher, ob sie den Ansprüchen genügt.“ Doch das sei meist unbegründet. „Es geht ja nicht um das Schreiben einer Doktorarbeit, bei der ganz neue Ansätze gefordert sind.“ Für Promovierende ist das Schreibzentrum nicht gedacht. Für sie gibt es an der TU Dresden schon seit Längerem ein Extraangebot.

Doch nicht nur die Studenten hat Nina Melching im Blick. Auch für die Dozenten ist das Schreibzentrum eine Hilfe. Für sie entwickelt sie Workshopangebote. Dort können sie sich in Zukunft Tipps für das Betreuen einer Abschlussarbeit holen. „Leider ist es häufig noch so, dass Dozenten nicht richtig deutlich machen, was überhaupt ihre Anforderungen sind.“ Doch der Student braucht klare Ansagen. Viel wichtiger ist der Leiterin des Schreibzentrums aber, dass sich auch in der Lehre etwas tut. Schon dort könnte das Schreiben wieder verstärkt integriert werden. Das würde die Studenten besser vorbereiten. „Warum beispielsweise die Seminardiskussion nicht einfach mal in einer kleinen Übung aufschreiben lassen“, nennt sie ein Beispiel.

Schreibmarathon geplant

Erstmals groß präsentieren will sich das Schreibzentrum am 2. März. Um 18 Uhr beginnt die Lange Nacht des Schreibens in der Unibibliothek Slub. Wer möchte, kann mit Laptop und Arbeitsmaterialien vorbeischauen und bis 24 Uhr, betreut von den Experten, an seiner Arbeit schreiben. Es gibt aber auch über 20 Workshops, die Wissen rund um das Thema vermitteln. „Und ein Angebot für Schreibtisch-Yoga“, sagt Nina Melching. Schließlich sei Entspannung während des Schreibprozesses auch wichtig. Vom 6. bis 10. März findet danach die Schreibwoche statt. 25 Studenten können dort täglich von 9 bis 18 Uhr mit Begleitung der Tutoren an ihren Arbeiten schreiben. Für die Lange Nacht und die Schreibwoche läuft bereits die Anmeldung über die Homepage des Schreibzentrums. Es gebe, sagt Nina Melching, also genug Strategien gegen die Schreibhemmung.

www.sz-link.de/Schreibzentrum