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Die neue Mühlenführerin

Wie eine Buchhändlerin das historische Denkmal in Bärenhecke und das heimische Handwerk erklärt.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Franz Herz

Bärenhecke. Steffi Hornbostel kommt leichten Schrittes in das Café der Bäckerei in Bärenhecke. Sie hat zu tun. Eine Wandergruppe hat sich für eine Mühlenführung angemeldet. Die Mühle in Bärenhecke mit ihrer Technik vom Beginn des vorigen Jahrhunderts ist ein technisches Denkmal, das nur mit Führung besichtigt werden kann. Eine Aufgabe, um die sich im Rahmen des „Förderverein Technisches Denkmal Getreidemühle Bärenhecke“ Steffi Hornbostel kümmert. Dabei wird sie beispielsweise von Klaus Graubner unterstützt. Die Besucher werden sie auch am Sonntag bei den Mühlenführungen zum Tag des traditionellen Handwerks erleben.

Steffi Hornbostel stammt aus Berggießhübel, hat aber 27 Jahre lang in Erfurt gelebt, wo sie eine Buchhandlung geführt hat. Doch der Liebe wegen ist die 58-Jährige im vergangenen Jahr in ihre Heimat zurückgekehrt. Die Zusammenhänge deutet sie kurz an: „Gehe nie zu einem Klassentreffen ...“

Hier hat sie auch ihr Elternhaus wieder übernommen und sich eine neue Arbeit gesucht. So kam sie in die Bärenhecke. Sie wollte als Verkäuferin anfangen. Der Chef, Roman Seifert, hat sie aber gleich gefragt, ob sie auch Mühlenführungen machen würde. Steffi Hornbostel ist eine selbstbewusste Frau, die in Erfurt auch im Stadtrat mitgearbeitet hat. Außerdem hat sie als Buchhändlerin Kindergruppen betreut und ans Lesen herangeführt. So war ihre Antwort: Ja.

Was das Osterzgebirge zum Tag des traditionellen Handwerks am Sonntag bietet

Bergbaumuseum Altenberg, Mühlenstraße 2, 01773 Altenberg, 10bis 17Uhr: zu sehen sind Häuselmacher, antikes Schmiedehandwerk, Handarbeiten und Kunstgewerbearbeiten sowie weitere Arbeiten mit Sandstein und Mineralien.

Hotel Lugsteinhof, Neugeorgenfeld36, 01773 Zinnwald, von 10bis 17 Uhr: über 30 Handwerker, Hobbybastler und Kunstschaffende zeigen ihre Produkte. Mit dabei sind Holzgestalter, Schnitzer, Drechsler, Spinner, eine Klöpplerin, ein Imker, ein Papierschöpfer und auch eine Puppenmacherin.

Herklotzmühle, Rehefelder Straße1, 01776 Seyde, 10 bis 14 Uhr: Stellmachereimaschinen, sowie die Herstellung von Schindeln werden vorgeführt. Kinder können Wasserräder bauen, T-Shirts bemalen und an einer Schnitzeljagd teilnehmen.

Mühle und Bäckerei Bärenhecke, Mühlenstraße 1, 01768 Bärenhecke, 10 bis 18 Uhr: Mühlenführungen, Café und musikalische Umrahmung. Der Volkskunstverein Glashütte führt Klöppeln und Schnitzen vor.

Schäferei und Spinnstube Drutschmann, Am Dorfbach 10, 01744 Reichstädt, 10 bis 17 Uhr: Wollverarbeitung, Spinnen mit Handspindeln, Bandweben. Kinder können Wolle kämmen und daraus kleine Kuschelkissen fertigen.

Flechtwerkstatt Näcke, Mühlenstraße 30, 01774 Beerwalde, 10 bis 17 Uhr: Flechtvorführungen, Einziehen von Stuhlgeflecht, alte Geräte in Aktion und Kutschfahrten.

Mittelmühle und Bäckerei Zahn, Grimmsche Hauptstr. 46, 01768 Reinhardtsgrimma, von 10 bis 17 Uhr: es gibt Mehlproduktion bei laufender Mühle und Backen im Holzofen.

Stuhlbaumuseum Rabenau, Lindenstraße 2, 01734 Rabenau, 10 bis 17 Uhr: Schauklöppeln, Holzstuhlbau, Polstern und Flechten, Intarsienschneiden, Holzbildhauen, Blütenbildnerei, Grünholzdrechseln, Kinderbasteln.

Knox Apotheker Hermann Zwetz, Am Tharandter Wald 12, 01723 Mohorn-Grund, 10 bis 17 Uhr: Räucherkerzen selbst herstellen, Rundgang durch das Museum.

Quelle: Tourismusverband Erzgebirge

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Der Förderverein suchte damals dringend neue Helfer, welche die Führungen in dem technischen Denkmal übernehmen konnten. Die Aufgabe lag brach, nachdem „Müllerbursche“ Klaus Metze gestorben war. Er hatte als Ruheständler jahrelang Besucher durch die Mühle geführt und das technische Denkmal den Besuchern nahegebracht. Seit 2007 wird hier nicht mehr gemahlen. Aber die komplette Einrichtung ist noch erhalten. Sie müsste einmal gereinigt und gewartet werden, dann könnte sie wieder in Betrieb gehen.

Jede Führung verläuft anders

Steffi Hornbostel trat also dieses Erbe mit an. Die 58-Jährige ist Mitglied im Förderverein geworden, macht Mühlenführungen und koordiniert auch die Anfragen. Diese Aufgabe behielt sie bei, auch wenn sie jetzt nicht mehr als Bäckereiverkäuferin in der Bärenhecke arbeitet. Sie hat eine Anstellung in der Galerie Walentowski in Dresden gefunden, einem Kunsthandel. Das ist näher an ihrem erlernten Buchhändler-Beruf.

Der Weg vom Korn zum Brot ist ihr aber schon seit ihrer Kindheit vertraut. „Mein Vater hat in der Landwirtschaft gearbeitet. Da war mir eine Mühle nichts Neues“, sagt sie. Doch sie musste sich natürlich in das Thema einarbeiten,

Dabei bekam sie von vielen Seiten Hilfe. Herbert Rollny, der in Bärenhecke einst noch als Müller gearbeitet hat, erklärte ihr vieles und konnte auch noch aus eigener Erfahrung berichten. Auch ihr Partner, der als Konstrukteur arbeitet, half ihr, technische Zusammenhänge zu durchdringen. So kann sie den Besuchern nahebringen, wie einst in Bärenhecke der Grundstoff für das tägliche Brot gemahlen wurde.

„Jede Mühlenführung verläuft aber anders“, erzählt sie. „Neulich hatte ich eine Gruppe, die hatte sich zum 50. Jahrestag ihres Studienabschlusses als Feinmechaniker getroffen.“ Vielfach kommen auch Schulklassen oder einfach Urlauber, die das Angebot wahrnehmen. „Die einen interessieren sich mehr für Technik. Die meisten werden aber bei den Produkten hellhörig“, sagt sie. Kinder interessieren sich vor allem für die Herstellung an sich. Für die hat Steffi Hornbostel auch kleine Aufgaben vorbereitet. Sie nennt ein paar Beispiele. So müssen sie verschiedene Getreidesorten erkennen. Oder bekannte Sprichwörter über das Handwerk, die sie ihnen teilweise sagt, dann vervollständigen. Auch andere Fragen sind von allgemeinem Interesse. „Wie lagere ich Brot richtig?“

Dabei liegt ihr vor allem daran, den Besuchern nahezubringen, was es heißt, mit einheimischen Produkten zu arbeiten. Die Mühle in der Bärenhecke steht zwar seit 2007 still, aber das Mehl für die Bäckerei kommt heute aus der Dresdner Mühle, also auch aus der Region, und es wird mit Quellwasser gebacken. „Wenn ich sehe, was in manchen Supermärkten läuft, wo Teiglinge aus dem Ausland herantransportiert und aufgebacken werden, dann ist das doch ein großer Unterschied zum heimischen Handwerk“, sagt die Mühlenführerin. Dieses Anliegen will sie am Sonntag zum Tag des traditionellen Handwerks ebenfalls den Besuchern in der Bärenhecke vermitteln.