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Die Herzbuben vom Kahleberg

Die Brüder Szulczyk erfüllen sich einen Traum und bewirten Gäste in 905 Meter Höhe – allerdings nicht in der Baude.

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© Frank Baldauf

Von Mandy Schaks

Altenberg. Sind sie’s oder sind sie’s nicht? Nein, die Wildecker Herzbuben binden sich doch keine Schürze um den Bauch, verteilen Senf auf Bockwurst und sagen: ,,Macht zwei Euro!“. Aber was für mächtig-gewaltige Burschen mit so einem sanftmütigen Blick genau wie das singende, lustige Duo aus Nordhessen und das mitten auf dem 905 Meter hohen Kahleberg! „Wir sind die Altenberger Herzbuben“, sagt keck einer der beiden Schwergewichte, als könnte er Gedanken lesen. „Unser anderer Spitzname in Altenberg ist die Schullies.“

Familie Anders aus Pulsnitz genießt die Mittagsrast.
Familie Anders aus Pulsnitz genießt die Mittagsrast. © Frank Baldauf
Der Imbisswagen öffnet täglich 11 Uhr, ausgenommen bei Mistwetter.
Der Imbisswagen öffnet täglich 11 Uhr, ausgenommen bei Mistwetter. © Frank Baldauf

Das sind die Brüder Daniel Szulczyk, 48, und Severin – „wie die Kaffeemaschine“, sagt der 39-Jährige verschmitzt. Beide sind gelernte Bäcker, hatten es aber von Haus aus immer schon mit der Gastronomie. „Der Umgang mit den Leuten, die Natur, das ist doch herrlich“, sagt Daniel. Das haben sie vom Vater, der im Gastgewerbe arbeitete und auch am Skilift in Altenberg eine Holzhütte mit Imbiss bewirtschaftete. Vor 18 Jahren machten es die Schullies Papa nach. Daniel gründete die Futterkrippe, einen Mittagsimbiss an der Hirschsprunger Straße in der Bergstadt, der vor allem Berufstätige mit deftiger Hausmannskost versorgt. Bruder Severin, den eine Mehlstauballergie plagte, stieg mit ein, nach und nach ein Familienmitglied ums anders. Heute schmeißen die Schullies zu sechst den Laden.

Sie schafften sich Imbisswagen, Feldküche und Bierwagen an, touren zu Festen und sind im Winter mit ihrer Gulaschkanone am Parkplatz an der Schneise 31 an der Rehefelder Straße anzutreffen. Dort können sich müde und durchgefrorene Skilangläufer stärken. Als es immer mal Gerüchte gab, dass sich die langjährigen Pächter von der Kahlebergbaude zurückziehen könnten, probierten sie es 2002 das erste Mal. Sie schickten eine Bewerbung für die gastronomische Versorgung auf dem Dach des Osterzgebirges an den Forstbezirk Bärenfels. Der Staatsbetrieb Sachsenforst ist nicht nur für den schönsten und beliebtesten Flecken Landeswald im Osterzgebirge zuständig, sondern auch für die Baude samt Ausguck und Pavillon auf dem Plateau. Doch es sollte noch dauern, bis die Schullies vom Fuße des Kahleberges bis zum Gipfel mit ihrer Erbsen-, Gulasch- und Kartoffelsuppe, mit Bock-, Curry- und Bratwurst und ihrem Kartoffel- und Nudelsalat anrücken konnten. Als die bisherigen Wirtsleute aus gesundheitlichen Gründen nun doch früher als geplant aufhören mussten, schrieb der Forstbezirk die Imbissversorgung – nicht aber in der Baude – Anfang September aus, zunächst für zwei Jahre. Unter fünf Bewerbern machten die Schullies das Rennen und konnten ihren Imbiss vergangenen Donnerstag eröffnen. „Das ist immer unser Traum gewesen“, sagt Severin, der nun mit den anderen Schullies den Arbeitsplatz mit der wohl besten Aussicht im Osterzgebirge hat.

Doch einfach ist das nicht, die Arbeit in der Höhenlage mit einigen Mühen verbunden, die aber die Schullies nicht scheuen. Auf dem Kahleberg gibt es weder Strom noch fließend Wasser. „Darauf kann man sich aber einstellen“, sagt Severin. „Wir haben alles auf Gas umgestellt.“ Sogar der Kühlschrank wird so betrieben und das Wasser halt mitgebracht. Damit die tägliche Versorgung auch im tiefsten Winter klappt, steht schon ein Motorschlitten bereit. Die Imbiss-Preise – es gibt auch Getränke – sind moderat. Höhenaufschlag wollen Schullies nicht verlangen, sind ja schließlich Herzbuben.