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Die guten Graffiti von Radebeul

Jetzt hat die dritte Unterführung an einer Bahnbrücke eine farbige Bildergeschichte. Das schützt vor Schmierereien und darf eigentlich nicht Graffiti heißen.

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© Arvid Müller

Von Peter Redlich

Radebeul. Das vorweg: „Graffiti sind das nicht“, sagt Radebeuls Sozialamtsleiter Elmar Günther. „Es sind Wandmalereien“, betont der Rathausmann. Warum die Eierei um die Bezeichnung, die sowieso jeder in der Stadt Graffiti nennt? Die Bahn will es nicht. Schließlich kann das Unternehmen nicht einerseits Graffiti verbieten und sogar mit einem Einsatztrupp dagegen angehen und dann andererseits so etwas erlauben.

Schüler der Schule haben auch schon die Brückenunterführungen am Gradsteg...
Schüler der Schule haben auch schon die Brückenunterführungen am Gradsteg... © Arvid Müller
...und an der Johannisbergstraße in Zitzschewig mit farbigen Bildergeschichten versehen.
...und an der Johannisbergstraße in Zitzschewig mit farbigen Bildergeschichten versehen. © Arvid Müller

Und der Bahn gehören nun mal die Brücken, auf denen oben die Eisenbahn fährt. Egal, wie es im Amtsdeutsch heißt. Mindestens die 35 Schüler von der Kötzschenbrodaer Oberschule, die die neueste Wandmalerei an der Radebeuler Brücke Hainstraße angebracht haben, sind happy, wie schön das jetzt alles aussieht.

Wilde, hässliche Tags, wie Sprayer ihre Zeichen nennen, schwarze Schmierereien und eben auch der triste, graue Beton sind jetzt großflächig unter Wiesen, Schmetterling, Katze, Erde, Weltall verschwunden.

Alica, Emma und Jenny, drei von den 35 Schülern der Kötzschenbrodaer Oberschule, haben wesentlich an dem Projekt mitgearbeitet. Im Kunstunterricht machten sie sich im Neigungskurs Zufallstechniken ein Jahr lang Gedanken, welche Motive auf den Brückenbeton kommen könnten. „Wir haben Arbeitsgruppen gebildet. Viele Vorschläge gesammelt“, berichten sie. Manches, wie etwas mit einem Atom, habe die Bahn auch abgelehnt.

Rausgekommen ist jedenfalls auf der westlichen Seite die Geschichte vom Schmetterling, der sich entpuppt, immer weiter fliegt, größer wird und höher fliegt, während die Erde immer kleiner fast verschwindet. Am Ende landet der Schmetterling wieder und verschwindet in der Erde.

Betreut haben das Schülerprojekt Kunstlehrer Götz-Ulrich Krämer und Designer Carsten Langner. Lehrer Krämer ist inzwischen im Ruhestand. Aber er hat die meiste Erfahrung mit solchen Brücken-mal-Vorhaben. Schon an der Unterführung Johannisbergstraße in Zitzschewig und am Gradsteg sind mit ihm und seinen Schülern solche Projekte umgesetzt worden.

Krämer: „Die Schüler konnten sich bewerben. 35 wollten, obwohl wir nur 25 brauchten. Am Ende kamen alle zum Einsatz, auch weil im zweiten Schulhalbjahr die Zeit immer knapper wurde.“

45 Liter Farbe sind für die 90 Quadratmeter an der Hainstraße verstrichen worden. Gelb, Rot, Blau je zehn Liter; fünf für Schwarz und Weiß. Die maßstabgetreuen Entwürfe der Schüler hingen noch am VW-Bus von Carsten Langner. Der Designer hat dafür gesorgt, dass die kleinen Zeichnungen in die großen Wandmalereien umgesetzt werden konnten. Am Freitagvormittag bekam das Ganze noch einen Silikonschutz aufgesprüht, falls doch mal einer hier schmieren sollte. Aber eigentlich ist es unter wirklichen Graffiti-Sprayern Ehrensache, nicht das Kunstwerk der anderen zu besprühen.

In Zitzschewig und am Gradsteg ist das, bis auf ein paar Kleinigkeiten gelungen, sagt Gabriele Bäßler. Sie ist eigentlich Radebeuls Wirtschaftsförderin und hat die Ideen vom farbenfrohen Brückenschutz entwickelt. Vor allem aber für die vielen notwendigen Abstimmungen mit der Deutschen Bahn gesorgt.

Am Freitagvormittag freute sie sich mit den Schülern bei Pizza und Apfelschorle über das gelungene Werk. Und ihr Chef, Baubürgermeister Jörg Müller, sagt, dass die je Brücke aufgewandten 7 000 Euro für die guten Graffiti richtig eingesetztes Geld sind. Schmiererei entfernen ist teurer.