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Die Großenhainer und ihre Musik

Von der Liedertafel über Kantor Gadsch bis zur Gesellschaft Harmonie: Die neue Ausstellung zeigt ein klangvolles Erbe.

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© Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. In Großenhain kommt Musik von Herzen – kam sie schon immer. 600 Jahre städtische Musikgeschichte zeugen derzeit bis zum 11. November im Museum am Kirchplatz auf eindrucksvolle Weise davon. Schon die Ausstellungseröffnung am Freitagabend setzte im wahrsten Sinne des Wortes einen Paukenschlag, wie viele Besucher bewundernd bemerkten. Die musikalische Reise in Großenhains reiche Vergangenheit mit zahlreichen Mitwirkenden, u. a. Kirchenmusikdirektor a. D. Joachim Jänke und dem Posaunenchor, war ein akustisches Vergnügen. Museumsleiter Dr. Jens Schulze-Forster griff selbst zu Trommelstöcken und bewies, dass er ein recht passabler Laienmusiker ist. „Das hat mir wirklich Spaß gemacht“, sagte er. Man glaubt ihm unumwunden den schönen Satz: Musik ist wie Essen, Trinken und Schlafen ein Grundbedürfnis des Menschen.

Die Sonderausstellung hat sich zum Ziel gesetzt, die große Vielfalt musikalischer Betätigung der Großenhainer – ob nun professionell oder als Freizeitgestaltung – in Szene zu setzen. Kirchenmusik und Arbeiterchöre, Militärmusik und musikalische Ausbildung werden dabei gleichberechtigt mit schönen Objekten dargestellt. Die üppigen Fahnen vom Männergesangverein, der früheren Liedertafel und einem 1894 gegründeten Großraschützer Gesangsverein Loreley sind sicherlich der erste Hingucker. Als einen großen Schatz der Sammlung muss man die Landsknechtstrommel aus dem Dreißigjährigen Krieg bezeichnen. Sie muss 1907 schon eines der ersten Stücke des Großenhainer Museums gewesen sein. Die Schweden sollen sie bei der Belagerung Großenhains 1642 erbeutet und später sicherlich auch benutzt haben. Ein wunderschöner Pokal der Liedertafel ist auch auf der Ausstellungskarte abgebildet. Er symbolisiert, wie eng Gesang und Geselligkeit auch in Großenhain verwoben waren und sind. Dass es eine große Ehre war, in einem Chor mitzusingen, lässt eine große ehrwürdige Urkunde vermuten. Carl Naumann aus Naundorf erhielt sie für seine 25-jährige Mitgliedschaft im Männerchor.

Musikwissenschaftlerin Jutta Reiß, bekannt durch das Ensemble Ars musica, hat für diese Sonderausstellung die Musikgruppen der letzten 200 Jahre in der Stadt recherchiert. Über 30 Chöre konnte sie belegen, selbst Sportvereine wie die Turner hatten eine Musikabteilung. „Alles hat früher gesungen, Großenhain war und ist eine sehr rege Kleinstadt mit einem vielfältigen Singe- und Geltungsbedürfnis“, lobt Jutta Reiß. An Chorleitern hat es offenbar auch nicht gefehlt, „auch wenn sie sich untereinander nicht grün waren.“ Aus Kirchenkreisen greift die Schau die Kantoren Paul Gläser – der Freimaurer war, Herbert Gadsch, Vater und Sohn Jänke heraus. Aus der weltlichen Chorbewegung Klaus Scheumann und Klaus Förster von der Singgemeinschaft, die der Stadt eine umfangreiche Musikchronik geschenkt haben. Außerdem Jürgen Becker und seinem Chor der Clara-Zetkin-Schule mit einer interessanten Fotosammlung. Schließlich auch das Gemeinschaftsorchester. Und den Großenhainer Husarenmarsch. Den und mehr kann man an einer kleinen Hörstation kennenlernen.

Zur Recht wird an die Gesellschaft Harmonie erinnert, 1869 für hochwertigen Musik- und Theatergenuss gegründet. 2014 war eine Holzkiste mit umfangreichem Material dazu auf dem Boden der ehemaligen Druckerei Starke und Sachse entdeckt worden. 60 Jahre lang pflegten Großenhainer in der „Harmonie“ eine niveauvolle Geselligkeit. Heute ist das im Kulturschloss oder natürlich auch in der Marienkirche möglich.

Musik ist gemeinschaftsstiftend und Musik ist Lebensqualität – das haben die Großenhainer schon früh verstanden. Möge die Ausstellung dazu beitragen, dass diese Bereicherung nie verlorengeht.